Rede Hans-Joachim Janßen: Antrag (SPD/GRÜNE) Tierschutzplan weiterentwickeln

- Es gilt das gesprochene Wort -

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

28 Tiere pro m² in der Hähnchenmast, 0,75 m² für Schweine bis 110kg Gewicht, Anbindehaltung – Platzmangel, Spaltenboden, fehlender Freilauf und Co kennzeichnen die derzeitigen Haltungsbedingungen. Sie begünstigen Deformationen, Erkrankungen und Kannibalismus. Damit sich die Tiere nicht mehr selbst verstümmeln, verstümmeln wir sie lieber: Hühnern werden die Schnäbel und Ferkeln werden die Schwänze abgeschnitten. Eine solche Vorgehensweise muss aufhören, meine Damen und Herren! Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium ist hier auf einem guten Weg. Ich bitte Sie heute, meine Damen und Herren von der Opposition: Unterstützen Sie uns, damit wir den gesellschaftlichen Handlungsauftrag nachdrücklich verfolgen können. Den Handlungsauftrag zeigen uns diverse Studien und Umfragen (Eurobarometer 2007, TNS-Emnid 2014; Zühlsdorf und Partner 2015, u. Mitarbeit v. Prof. Dr. Achim Spiller) und auch der wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Denn nicht nur Dreiviertel der Verbraucher lehnen nicht nur das Kürzen von Ringelschwänzen bei Ferkeln ab, Tierschutz in der Nutztierhaltung für rund 2/3 der Verbraucher generell ein wichtiges Kriterium (Zühlsdorf und Partner 2015). Allerdings finden nur 15,2 % der Verbraucher, „dass nichts gegen die heutige Tierhaltung spricht“ während sogar 41,3% der Befragten der Meinung, dass es den Tieren heute schlechter in der Landwirtschaft ergeht als früher. Dies, meine Damen und Herren, ist eine sehr kritische gesellschaftliche Wahrnehmung der heutigen Nutztierhaltung, die sich nicht zuletzt in einem andauernd schrumpfenden Fleischkonsum äußert. Fleischersatzstoffe, aber auch biologische, artgerechte Fleischprodukte sind im Kommen. Hier liegt die Chance einer zukunftsfähigen landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Und im Gegensatz zu der ihrer Meinung, meine Damen und Herren von FDP und CDU, ist die Bevölkerung sehr wohl bereit – hierfür mehr zu bezahlen – wenn das Fleisch denn entsprechend gekennzeichnet ist. (Zühlsdorf u.a. 2015)

Die Bevölkerung gibt uns den Auftrag, hier zu handeln, meine Damen und Herren. Wir müssen die Rahmenbedingungen dafür setzen, dass – ich zitiere die Auffassung von gut 85 % der Befragten: „Wenn Tiere für unser Essen sterben müssen, sollen sie vorher gut gelebt haben“. Das sind ethische Bedenken von 85% der Bevölkerung, meine Damen und Herren von der Opposition, da müssen auch Sie einsehen, dass man sowas nicht mehr als „Grüne Ideologie“ abtuen kann. Fangen Sie an, die Bevölkerung und Ihren Wählerauftrag ernst zu nehmen und ziehen Sie hier mit uns an einem Strang. Im Übrigen wollen auch viele Landwirte kein „Weiter so!“ in der Tierhaltung! Dies belegen z.B. die Zahlen der Anträge bei der Initiative Tierwohl (allein 4653 Schweinehalter, bundesweit). Wir wollen den Weg zu einer artgerechteren Tierhaltung mit den Landwirten gemeinsam gehen. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen. So müssen wir beispielsweise auch den Landwirten in den hot-spots der Tierhaltung wie in Weser-Ems, die weg wollen von dem alten Tierhaltungssystem, die Chance geben, mit Hilfe von Fördergeldern ihre Ställe tiergerecht umzubauen, wenn dies zu keiner Erhöhung des Tierbesatzes > 2 GVE pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche führt. Wir müssen auch einen Diskurs mit Großhandel, Großverbraucher und Verarbeitungsbetrieben suchen. Denn auch wenn die an der Initiative Tierwohl beteiligten Lebensmitteleinzelhändler rund 85 Prozent des Marktes abdecken (Die Welt, 04/05/2016), fehlen noch Bemühungen der Großhändler, der Fleisch verarbeitenden Industrie und der Großverbraucher wie Betriebskantinen oder Schnellrestaurants. Wissenschaftlich erarbeitete Tierwohlkriterien werden benötigt, um die Bedürfnisse der Tiere besser zu verstehen und gerecht werden zu können.

Aber wie gesagt, die Rahmenbedingungen müssen wir hier schaffen, meine Damen und Herren. Das sehen auch Dreiviertel der Verbraucher so, die strengere Vorschriften für die Haltung von Nutztieren fordern. Seit Einführung des Tierschutzplans hat sich in Niedersachsen schon einiges getan, aber noch nicht genug. Hierzu brauchen wir auch vernünftige Standards auf EU- und Bundesebene. Wir finden, der Niedersächsische Tierschutzplan bietet hier einen guten Orientierungsrahmen und fordern den Bund auf, seinen Tierschutzplan den gesellschaftlichen Forderungen gemäß anzupassen. Auch EU-weit brauchen wir höhere Standards und einen höheren Förderspielraum, um die Fleisch- und Nutztierproduktion, -haltung, -verarbeitung und -transporte näher an Tierwohlkriterien ausrichten zu können.

Vielen Dank!

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