Rede Gerald Heere: Gesetz zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

wir erinnern uns an die Causa Nikolaus Brender. Der vom konservativen Freundeskreis dominierte ZDF-Verwaltungsrat hatte den damaligen ZDF-Chefredakteur wegen vermeintlich missliebiger Berichterstattung die Vertragsverlängerung im Jahr 2009 verweigert und somit vor die Tür gesetzt.

Das BVerfG hat diesen Einfluss der staatsnahen VertreterInnen nach einer Klage des Landes Rheinland Pfalz, das u.a. von uns Grünen unterstützt wurde, im März 2014 für verfassungswidrig erklärt - und dies völlig zu Recht! Das öffentlich-rechtliche Fernsehen muss unabhängig sein, eine solch skandalöse Einflussnahme durch politische Strömungen darf künftig nicht wieder möglich möglich sein.

Der 17. RÄStV ist nun die Antwort auf diese Verfassungswidrigkeit. Es ist jedoch aus Grüner Sicht kein rundum gelungener Staatsvertrag, sondern er enthält Licht und Schatten!

Positiv ist:

  • Die Verkleinerung von Fernsehrat und Verwaltungsrat,
  • die Reduzierung des Einflusses der Parteienvertreter auf höchstens ein Drittel in allen Gremien (inkl. staatsnaher Gruppierungen, wie den KSpV),
  • mehr Transparenz (z.T. bereits gelebt, aber erst durch Druck des Urteils)
  • sowie die Einbeziehung neuer Gruppen, die längst gesellschaftliche Realität sind
  • z.B. ein Vertreter von Lesben- und Schwulenverbände (die aus Thüringen entsandt werden) - auch wenn dieser Punkt unangemessen lange Diskussionen und Nachverhandlungen erforderte
  • ein Vertreter eines Migrantenverbandes - den gab es bislang nicht - (entsandt aus Hessen)
  • ein Vertreter der Muslimverbände (entsandt aus Niedersachsen)
  • Dank an Staatssekretär Mielke und Ministerpräsident Weil für den Einsatz für diese Gruppierung

Diese Veränderungen beim ZDF sind ausdrücklich zu begrüßen. Dies werden wir uns für ähnlich gelagerte Fälle im Medienbereich merken, wie dem Landesmediengesetz.

Negativ zu nennen sind - nur die zwei wichtigsten Kritikpunkte als Beispiel:

Die massiv unterschiedliche Behandlung der Religionsgemeinschaften im Fernsehrat: Die christlichen Kirchen (inkl. ihrer Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie) haben sechs institutionalisierte Sitze, Der Zentralrat der Juden ein institutionalisierte Sitze, Muslime neu einen Sitz, aber nicht institutionalisiert, sondern über die Niedersächsische Länderquote. So eine Ungleichbehandlung ist doch stark aus der Zeit gefallen.

Wichtiger ist aber noch die Kritik zur mangelnden Einbeziehung von kleinen Parteien im Fernsehrat, im Gegensatz zu den Anforderungen des BVerfG. Ich zitiere aus Randziffer 62 des BVerfG-Urteils:

"Die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Anforderungen an die Sicherung von Vielfalt gelten auch für die Auswahl der als staatlich und staatsnah zu bestellenden Mitglieder (…). Es reicht danach nicht, die Zahl dieser Personen auf einen bestimmten Anteil zu beschränken. Vielmehr müssen die auf diesen Anteil entfallenden Mitglieder zugleich den Anforderungen der Vielfaltsicherung entsprechend bestimmt werden. Hierzu gehört insbesondere, dass die verschiedenen politischen Strömungen auch im Sinne parteipolitischer Brechungen möglichst vielfältig Abbildung finden. Dabei kann der unterschiedlichen Bedeutung der verschiedenen Strömungen Rechnung getragen werden. Dem Grundsatz der Vielfaltsicherung entspricht es jedoch, dass gerade auch kleinere politische Strömungen einbezogen werden.“ Zitatende.

Vor dem Hintergrund, dass die vorgelegte Neuregelung vorsieht, zwei Vertreter der Bundesregierung, zwei der KSpV und 16 aus den Ländern zu bestimmen und die Staatskanzleien bzw. Vorstände dieser Gremien in übergroßer Mehrheit von CDU und SPD besetzt sind, ist eine Entsendung kleinerer politischer Strömungen in dem Fernsehrat somit abhängig vom "Goodwill" der größeren Parteien. Ich persönlich halte die Erfüllung der zitierten Auflage des BVerfG durch diese Regelung nicht gegeben. Aus diesem Grund bewegt sich diese Neuregelung, wenn sie nicht erneut verfassungswidrig ist, dann doch mindestens an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit! Dieser bedauerliche Mangel wird von uns Grünen stark kritisiert!

Insgesamt ist deshalb Abwägungsprozess nötig: aus Grüner Sicht überwiegt jedoch die Notwendigkeit, den Zwischenzustand zu beenden und endlich mehr Transparenz, breitere Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen und weniger Einfluss staatlicher Vertreter zeitnah ohne erneute Verzögerungen zu erreichen. Deshalb habe ich trotz der genannten gravierenden Bedenken meiner Fraktion empfohlen, dem 17. RÄStV heute zuzustimmen.

Vielen Dank

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