Rede Gerald Heere: Aktuelle Stunde (FDP) - Schuldenbremse

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Anrede,

bevor ich das Vergnügen habe, auf Herrn Hilbers einzugehen, drei Sätze zu Herrn Dürr.

Erstens: Sie haben gesagt, wir verhalten uns bezüglich der Kreditermächtigungen rechtswidrig. Das weise ich zurück. Es gibt einen Rechtsstreit, der ist noch nicht ausgestanden. Und wenn wir uns tatsächlich rechtswidrig verhalten hätten, dann haben Sie das zehn Jahre lang auch getan. Herzlichen Glückwunsch!

Zweitens: Sie haben eben ausgeführt, wir hätten 2013 keine Kredite aufgenommen. Das ist falsch. Sie können dem Jahresabschluss 2013 entnehmen, dass 571 Mio. Euro an Krediten aufgenommen wurden.

Drittens: Sie haben der Landesregierung eben vorgeworfen, eine Straftat begangen zu haben, nämlich Geldwäsche. Ich finde wirklich, dass Sie so viel Anstand haben, so infame Unterstellungen sein zu lassen.

Nun zu Herrn Hilbers: SPD und Grüne haben sich in ihrem Koalitionsvertrag dafür ausgesprochen, die Schuldenbremse landesrechtlich zu verankern und eine breite Mehrheit dafür zu gewinnen. Außerdem wollen wir den Leistungsfähigkeits-Vorbehalt in Artikel 58 der Verfassung streichen, damit das Land die Schuldenbremse nicht zu Lasten der Kommunen umsetzt. Um all das zu erreichen, halten wir Gespräche mit Ihnen, von der Opposition, für nötig und sinnvoll. Und genau in diesem Sinne hat meine Fraktionsvorsitzende Anja Piel - gemeinsam mit Johanne Modder - schon mehrfach auf Ihre Gesprächsangebote geantwortet. Ihre wiederholt geäußerte Unterstellung, wir hätten kein Interesse an der Schuldenbremse, ist vor diesem Hintergrund schlicht unverschämt! Unterlassen Sie das!

Wir verbinden mit der Schuldenbremse das durch und durch grüne Ziel, Nachhaltigkeit auch in der Finanzpolitik durchzusetzen und kommende Generationen finanziell nicht unnötig zu belasten.

In der Vergangenheit haben auch Sie in wirtschaftlichen Krisenphasen regelmäßig die Schatulle zur Ankurbelung der Wirtschaft aufgemacht. Das ist vom Grundgedanken auch nicht falsch! Aber: Gerade in den folgenden ökonomischen Boomphasen hätte das Geld wieder in den Landeshaushalt zurückfließen müssen. Das hat in den zwei letzten Legislaturen nicht funktioniert und genau dabei haben Sie - sehr verehrte Damen und Herren von CDU und FDP - in Ihren zehn Jahren Regierungsbeteiligung versagt!

Vor diesem Hintergrund haben wir Grüne ein ureigenes Interesse, auch kommende Landesregierungen finanzpolitisch zu binden. Wenn Sie in weiterer Zukunft tatsächlich mal wieder an der Regierung sein sollten, dann wird die Schuldenbremse ganz sicher verhindern, dass Sie mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erneut so fahrlässig umgehen, wie Sie es in den 10 Jahren Ihrer letzten Regierungszeit getan haben.

Seien Sie sicher: Das ist für uns Motivation genug!

Dennoch gibt es auch berechtigte Kritik an der genauen Ausgestaltung der Schuldenbremse im Grundgesetz. Nur weil das Ziel richtig ist, muss die Umsetzung noch lange nicht passend sein. Erstens fällt mit der aktuellen Ausgestaltung die haushaltsrechtliche Privilegierung für Investitionen vollständig weg. Eine Folge ist der schon jetzt bei vielen Ländern und dem Bund zu erkennende Trend, Investitionen massiv zurückzufahren - ein Trend, der vor dem Hintergrund maroder Brücken und großer Herausforderungen z.B. bei der Schieneninfrastruktur verheerend ist.

Zweitens wäre es wirklich notwendig und v.a. hochgradig sinnvoll, Bildungsinvestitionen gesondert zu behandeln. Diese zukunftsgerichteten Investitionen werden im Rahmen der Schuldenbremse als rein betriebswirtschaftliche Ausgabe angesehen. Diese Sichtweise ist grundlegend falsch! Bildungsinvestitionen haben einen hohen volkswirtschaftlichen Mehrwert und führen in der Zukunft z.B. zu höheren Steuereinnahmen und geringeren Sozialausgaben. Wir wollen keine Schuldenbremse, die dazu führt, dass solche dringend notwendigen Ausgaben eingeschränkt werden, weil wir damit kommenden Generationen schaden.

Aber trotz dieser fundierten Kritik, der Satz, „Einnahmen und Ausgaben sind im Grundsatz ohne Kredite auszugleichen“, ist und bleibt richtig. Wir können uns gerne darüber unterhalten, ob dieser Satz sowie die Ausnahmen in der Landeshaushaltsordnung oder in der niedersächsischen Verfassung stehen sollen. Aber an dieser Stelle liegt ja gar nicht der Kern des Streites. Der Streit besteht an einem anderen Punkt, nämlich der Jahreszahl: 2017. Sie haben sich dogmatisch an diesem Jahr festgebissen. Wir aber wollen Gespräche ohne Ihre Vorfestlegungen führen. Im Grundgesetz ist die Übergangsfrist für die Länder nicht grundlos bis 2020 festgelegt worden. Diese längere Frist ist richtig, weil die Bundesländer eben eine besondere Verantwortung für die Zukunft Deutschlands haben: die Verantwortung für die Bildung, für die Köpfe unseres Nachwuchses, für Kompetenzen und Innovationen.

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