Rede Georgia Langhans: Bleiberecht für ethnische Minderheiten aus dem Kosovo

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Anrede,

In den vergangenen Jahren schien sich die Situation der ethnischen Minderheiten im Kosovo zu verbessern. Es gab weniger Sicherheitszwischenfälle, es gab etwas mehr Bewegungsfreiheit mit anderen Worten, es gab etwas mehr Normalität. Wie instabil die Lage trotz Verbesserungen dennoch war, haben Mitglieder des Landtagspräsidiums bereits vor einem Jahr bei ihrem Besuch im Kosovo hautnah miterlebt. Nach der Ermordung von drei Serben war die Stimmung im Kosovo derart aufgeheizt, dass der damalige UN- Beauftragte Michael Steiner befürchtete, dieser Anschlag könnte der Auftakt für weitere Gewaltakte sein. Leider hat sich diese Befürchtung Anfang dieses Jahres auf dramatische Weise bewahrheitet.
Mit den gewaltsamen Auseinandersetzungen im März hat sich die Lage für die ethnischen Minderheiten im Kosovo weiter verschlechtert. Internationale Beobachter sprechen von pogromartigen Unruhen und Auseinandersetzungen. Mehr als 4000 Kosovo- Serben, Ashkali und Roma sind aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben worden ,19 Personen starben, Häuser wurden niedergebrannt und geplündert, Kirchen oder Klöster zerstört oder beschädigt. Mehr als 1000 Personen darunter zahlreiche Kfor- Soldaten und Un- Polizisten wurden verletzt. Es gelang weder den internationalen noch den kosovarischen Sicherheitskräften die gezielten Übergriffe auf Rückkehrersiedlungen zu verhindern. Ebenso wenig ist es gelungen die Vertreibung ethnischer Minderheiten zu verhindern. Von den Vertreibungen waren auch Gorani und Bosniaken betroffen. Viele von ihnen haben vorsichtshalber ihre Wohnungen verlassen und sich an sicherere Orte begeben. Die Situation hat sich für alle serbisch- sprechende Minderheiten verschlechtert unter ihnen wächst die Angst.
Anrede,
Die UN – Verwaltung hat entschieden, ab 17. März Abschiebungen von ethnischen Minderheiten in den Kosovo zu stoppen. Unmik, UNHCR und OSZE haben übereinstimmend erklärt, dass Leben und Grundrechte von Minderheitenangehörigen im Kosovo massiv gefährdet sind.
Anrede,
Daraus ergibt sich die logische Konsequenz, dass Rückführungen auf absehbare Zeit unterbleiben müssen. Denn eine erzwungene Rückkehr setzt das äußerst fragile ethnische Gleichgewicht aufs Spiel und erhöht die Gefahr erneuter inner-ethnischer Zusammenstösse. Die Bundesregierung unternimmt derzeit größte Anstrengungen die Lage im Kosovo zu stabilisieren und zu verbessern.
Anrede,
In dieser Situation Abschiebungen in den Kosovo auch nur in Erwägung zu ziehen wäre nicht nur menschlich, sondern auch sicherheitspolitisch unverantwortlich.
Anrede,
stattdessen ist es an der Zeit, langjährig geduldeten Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo einen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt zu gewähren. Sie haben ihre langjährige Duldung in den meisten Fällen nicht selbst verschuldet, mit dem Memorandum of understandig verbietet sich bisher ihre Abschiebung Auch in absehbaren Zeit wird sich das nicht ändern.
Da CDU-CSU im Bund eine Altfallregelung im jetzt beschlossenen Zuwanderungsbegrenzungsgesetz verhindert haben, ist es nunmehr Sache der Länder hier Regelungen zu treffen. Wir fordern Innenminister Schünemann auf, sich auf der Innenministerkonferenz mit Nachdruck für eine Bleiberechtsregelung von langjährig geduldeten Minderheiten aus dem Kosovo einzusetzen.
Anrede,
um es hier gleich ganz deutlich zu sagen: Eine Bleiberechtsregelung kann sich nicht ausschließlich am Sozialhilfebezug orientieren. Hier dürfen Realitäten nicht weiterhin ausgeblendet werden so auch nicht die, dass die nachgeordnete Arbeitserlaubnis einem faktischen Arbeitsverbot gleichkommt. Hinzu kommt, dass inzwischen sogar Arbeitsverbote ausgesprochen werden und Ausbildungsverbote für Jugendliche erteilt werden, weil Duldungen zumeist nur noch
wochenweise erteilt werden. Wenn es Asylbewerbern trotz aller schier unüberwindbarer Hindernisse gelingt, dennoch eine Arbeitsstelle zu bekommen , wird diese in der Regel so schlecht bezahlt, dass ergänzende Sozialhilfe sich oftmals nicht vermeiden lässt.
Anrede,
Asylbewerbern jede Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit zu entziehen, und ihnen dies dann auch noch anzulasten, das kann getrost als Zynismus bezeichnet werden.
Anrede,
Heute zeigt sich, dass wir mit unserem Antrag für eine Bleiberechtsregelung im Mai 2003 sehr richtig lagen. Wieder einmal hat sich erwiesen, dass die CDU nicht in der Lage ist, sich, was ausländerrechtliche Fragen anbelangt, dringenden Problemen zu stellen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Sie sind immer nur dann in vorderster Front zu finden, wenn es darum geht restriktiv gegen Ausländer handeln. Die Frage einer Bleiberechtsregelung ist nicht weiter auf die lange Bank zu schieben.
Nicht nur die Anhörung zum Bleiberecht am 4. Juni hier im Rathaus von Hannover hat das nachhaltige Engagement von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Pro Asyl auf Grund eines anhaltenden Handlungsdruckes wieder einmal eindrucksvoll bestätigt. Viele Prominente darunter Christian Schwarz- Schilling, Norbert Blüm, Heiner Geißler und Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger unterstützen die Kampagne " Hiergeblieben" . Inzwischen haben sich auch die Ausländerbeauftragten der Länder und des Bundes für eine Altfallregelung ausgesprochen. Nach über einem Jahr ist jetzt immerhin auch die SPD dafür.
Es verbietet sich in meinen Augen hier von Populismus zu sprechen
Ich nehme es ihnen ab, dass auch sie, meine Damen und Herren von der SPD, von der dringenden Notwendigkeit eines Bleiberechts unter bestimmten Bedingungen überzeugt sind. Das hätten sie allerdings auch schon früher haben können. Immerhin fordern nun auch sie notfalls eine Landesregelung herbeizuführen und knüpfen einen langjährigen Aufenthalt an Bleiberechtsbedingungen. Unklar bleiben sie allerdings bei dem Punkt: Bestreiten des Lebensunterhaltes aus eigener Erwerbstätigkeit bzw. nur nicht selbst zu verantwortender Sozialhilfebezug. Bereits im nächsten Abschnitt halten sie es nicht für vertretbar, dass Kommunen oder dem Land mit der Finanzierung einer Altfallregelung dauerhaft Sozialhilfekosten auferlegt werden. Da bitte ich um mehr Ehrlichkeit. Auch wenn es unpopulär ist, solange das faktische Arbeitsverbot für Asylbewerber aufrecht zu erhalten bleibt, werden auch Sozialhilfekosten anfallen. Es wäre also sinnvoll, Bundesinnenminister Schily davon zu überzeugen, den Zugang zum Arbeitsmarkt für die betroffenen Personen zu ermöglichen. Und da die Zusammenarbeit von Herrn Schily mit den Herren Beckstein und Müller so gut geklappt hat, wäre dieser Weg Erfolg versprechend.
Anrede,
Ansonsten begrüßen wir den Antrag der SPD. Ermöglicht er doch sich ein weiteres Mal mit der Altfallregelung zu befassen. Und nachdem jetzt das Zuwanderungsgesetz keine diesbezüglichen Regelungen vorsieht, sind in erster Linie die Länder in die Verantwortung zu nehmen.
Anrede,
von CDU und FDP verweigern sie sich diesem Anliegen nicht und ermöglichen sie aus humanitären Gründen heraus zunächst eine Bleiberechtsregelung für die Minderheiten aus dem Kosovo und lassen sie uns dann im weiteren Verlauf über eine generelle Altfallregelung verhandeln.

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