Rede Gabriele Heinen-Kljajic: „Offene Hochschule“

Landtagssitzung am 23.02.2012

Rede Gabriele Heinen-Kljajic, MdL

Anrede,

was lange währt, wird endlich gut. Wir freuen uns, dass die Einbringung unseres Antrags vor einem Jahr Anstoß für alle anderen Fraktionen war, mit eigenen Vorschlägen in die Debatte um die Offene Hochschule einzusteigen.

Nach einer großen Anhörung und diversen Abstimmungsrunden zwischen CDU, FDP, SPD und Grünen, für deren konstruktiven Verlauf ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten bedanken möchte, ist es jetzt sogar gelungen, sich auf einen interfraktionellen Antrag zu einigen. Das ist ein gutes Signal an alle diejenigen, die wir ohne Abitur, aufgrund ihrer Berufsausbildung und ihrer Berufspraxis an unsere Hochschulen holen wollen. Es ist aber auch eine Aufforderung an die Hochschulen, sich das Leitbild der Offenen Hochschule zu Eigen zu machen und entsprechende Umsetzungsstrategien zu entwickeln.

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass in der Kompromissformel eines gemeinsamen Antrags nicht alle Forderungen aller Fraktionen Eingang gefunden haben. Es gab aber vier zentrale Punkte, von denen wir unsere Abstimmung abhängig gemacht haben und auf die ich kurz eingehen möchte.

Schon in unserem Ursprungsantrag haben wir den Fokus auf eine enge Kooperation zwischen Hochschulen und den Einrichtungen der Erwachsenenbildung gelegt. Sie sind die geborenen Brückenbauer zur Klientel, die wir bisher so gut wie gar nicht erreichen. Nur 1,5 Prozent der Studienanfänger in Niedersachsen beginnen alleine aufgrund beruflich erworbener Kompetenzen ein Studium. Und andere Bundesländer

wie Nordrhein-Westfalen und Hessen laufen Niedersachsen längst den Rang als Vorreiter beim Konzept Offene Hochschule ab.

Das zeigt: Nur weil das Hochschulgesetz das Tor für ein Studium ohne Abitur breit öffnet, ändert sich erst mal nichts am Bildungsverhalten der Menschen. Hier kann die Erwachsenenbildung den Kontakt zur Zielgruppe herstellen. Denn nur wer Weiterqualifizierung bereits als Chance erfahren hat, die ihn im Berufsleben weiterbringt, traut sich in den Vorlesungssaal. Deshalb müssen die Hochschulen lernen, dass die Erwachsenenbildung, als traditionelle Expertin in Sachen Durchlässigkeit des Bildungssystems, ihr Verbündeter beim Konzept Offene Hochschule ist.

Sie müssen bei der Vorbereitung auf ein Studium und bei Brückenangeboten zu Beginn des Studiums zu Kooperationspartnern werden. In der Praxis haben sie längst bewiesen, dass sie das können. Damit diese Kooperation aber nicht die Ausnahme bleibt, sondern das gesamte Potenzial der Erwachsenenbildung, flächendeckend und Anbieter-übergreifend, genutzt werden kann und damit sichergestellt ist, dass die Angebote tatsächlich beim Einstieg in ein Studium helfen, war es uns wichtig, dass zwischen Landeshochschulkonferenz, der Agentur für Erwachsenenbildung und den Kammern verbindliche Qualitätsstandards vereinbart werden.

Bei der Suche nach einem Partner für eine vom MWK geplante "Steuerungsstelle Offene Hochschule", warnen wir davor, eine Lösung zu finden, die nicht im Konsens zwischen allen Beteiligten entschieden wird. Wir müssen alle mit ins Boot nehmen,

wenn wir unsere Hochschulen öffnen wollen, sonst lassen wir Potenzial brach liegen. Wir hätten uns gewünscht, man hätte sich hier auf die Agentur für Erwachsenenbildung als Schnittstelle einigen können.

Ein weiterer wichtiger Punkt im gemeinsamen Antrag ist die Forderung nach der Entwicklung transparenter Anrechnungsverfahren zwischen Hochschulen und Bildungsträgern. Eine bundeseinheitliche Lösung wäre zwar wünschenswert, aber wir wollen nicht länger warten, sondern auf Landesebene mit gutem Beispiel vorangehen.

Wichtig war uns auch, die Anstrengungen der Hochschulen im Rahmen der Offenen Hochschule durch ein Anreizsystem und durch Zielvereinbarungen zu unterstützen. Nur wenn die Offene Hochschule verbindliche Rahmenbedingungen erhält und den Hochschulen klare Vorgaben gemacht werden, wird das Projekt gelingen.

Da die Offene Hochschule ein Baustein im Konzept Lebenslanges Lernen ist, gehört auch dazu, dass Teilzeitstudierende und beruflich Qualifizierte ohne Altersgrenze

finanzielle Unterstützung im Rahmen des BAföG oder anderer Studienfinanzierungsmodelle erhalten. Es ist erfreulich, dass CDU und FDP auch an dieser Stelle den rot-grünen Vorschlägen gefolgt sind und das Land sich jetzt in diesem Sinne auf Bundesebene einsetzen wird.

Anrede,

es gibt sicher Begleitmaßnahmen zur Offenen Hochschule die im Antrag nicht festgeschrieben sind, wie die Abschaffung von Studiengebühren oder der Umbau des BAföG in ein breit aufgestelltes Bildungsfinanzierungsmodell. Wir sind trotzdem davon überzeugt, dass wir der Realisierung der Offenen Hochschule einen wichtigen Schritt näher gekommen sind und es sich gelohnt hat, den fraktionsübergreifenden Konsens zu suchen.

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