Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Mehr Lehrerinnen und Lehrer für Niedersachsen – Zugänge zur Lehramtsausbildung ausbauen und zukunftsfähig gestalten

Anrede,

angesichts einer vom Geist der Restauration getragenen Schulpolitik der Regierungsfraktionen, die sich die Wiederherstellung des Bildungssystems der 50er und 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts zum Ziel gesetzt hat, muss man für den jetzt vorliegenden Antrag von CDU und FDP zur Lehramtsausbildung feststellen: hier lässt sich fast so etwas wie ein leiser Hauch von Reformfähigkeit erahnen. Aber ein laues Lüftchen reicht halt nicht, das auf Grund gelaufene niedersächsische Schulwesen wieder flott zu machen.

So sind die im Forderungskatalog genannten Punkte zwar in der Zielrichtung nicht falsch, aber sie bleiben auf halbem Wege stecken.

Ein Beispiel ist die Schaffung der Möglichkeit, in Mangelfächern einen Einfachlehrer oder die so genannte kleine Fakultas zuzulassen. Diese Option wollen Sie lediglich prüfen lassen. Wir sagen, wir brauchen diesen Weg der Lehramtsausbildung sofort. Angesichts eines Fachlehrermangels von ungekanntem Ausmaß ist es nicht hinnehmbar, unnötig Zeit zu vergeuden, zumal andere Bundesländer dieses Modell seit langem erfolgreich praktizieren.

Leider gar nicht aufgegriffen hat der Antrag unsere Forderung nach einer Liberalisierung der Fächerkombination, die auch in der Anhörung Unterstützung gefunden hat. Es kann doch nicht angehen, dass Studienbewerber die Zulassungsvoraussetzungen für ein Mangelfach erfüllen, aber das Lehramtsstudium nicht aufnehmen, weil das von ihnen gewünschte Zweitfach nicht als Kombinationsmöglichkeit vorgesehen ist, oder weil der Numerus Clausus nicht erreicht wird.

Es fehlt ebenfalls die Forderung, den Übergang vom Bachelor- zum Master-Studium und später die Einstellung in den Schuldienst nicht ausschließlich an die Mindestnote zu koppeln. Angesichts der Tatsache, dass in den kommenden 15 Jahren mehr als die Hälfte der niedersächsischen Lehrkräfte aus dem Dienst ausscheiden werden, halten wir es für unabdingbar, alle zur Verfügung stehenden Absolventen für den Schuldienst zu gewinnen. Beim Übergang zum Masterstudium schlagen wir daher vor, alle Studienplätze in der Rangfolge der Qualität der Bachelorabschlüsse unter Einbeziehung der pädagogischen Eignung zu vergeben. Außerdem wollen wir, dass die Eigenverantwortlichen Schulen die Möglichkeit erhalten, pädagogisch geeignete BewerberInnen auch dann einzustellen, wenn sie schlechtere Abschlussnoten haben.

Für alle Lehramtsstudiengänge ein zehnsemestriges Studium bis zum Master vorzusehen war ohnehin alternativlos, weil sonst ein Studium für das Lehramt an Grundschulen schlicht nicht den Vorgaben der Kultusministerkonferenz entsprochen hätte.

Ein Punkt, der sich in Ihrem Antrag allerdings überhaupt nicht findet, ist die Aufstockung der Kapazitäten an den Studienseminaren. Schon heute bildet Niedersachsen weniger Lehrkräfte aus, als wir einstellen. Wenn Sie bei den Studienseminaren, die den Flaschenhals in der Lehrerausbildung darstellen, keine Aufstockung vornehmen, dann ist jede Erhöhung der Studienplätze im Rahmen des Hochschulpakts nichts als Ressourcenvergeudung. Mittelfristig brauchen wir eine Ausweitung der Studienseminare um 2.000 Plätze. Wir fordern daher in einem ersten Schritt die Aufstockung um 500 Plätze, die in den kommenden Jahren bedarfsgerecht auszubauen ist.

Wenn Sie die genannten Punkte nicht schleunigst angehen, dann produzieren Sie schon heute den weiteren Lehrermangel von morgen. Es gibt effektive Maßnahmen gegen den Lehrermangel, man muss sie nur rechtzeitig ergreifen. Ihr heutiger Antrag fordert nichts Falsches, aber er reicht nicht aus, um dem Problem des Lehrermangels in der Zukunft Herr zu werden. Damit ist er symptomatisch für die Personalentwicklung im Schulbereich und ist Teil des Problems, statt Teil der Lösung.

Zurück zum Pressearchiv