Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Kooperationsverbot aufheben

Landtagssitzung 19.07.2012

Gabriele Heinen-Kljajic, MdL

Anrede,

selten ist eine politische Initiative im Bildungsbereich so grandios gescheitert wie die Föderalismusreform. Was als vermeintlicher Befreiungsschlag CDU-geführter Bundesländer gestartet war, endet jetzt in einer halbherzigen Rückrufaktion der Bundesregierung. Das unter der Großen Koalition vor sechs Jahren ausgehandelte Kooperationsverbot hat weder die Bildungshoheit der Länder gestärkt, noch für bessere Ergebnisse gesorgt. Und die jetzt von der Bundesregierung vorgeschlagene Lockerung wird daran nichts ändern.

Liebe Kollegen von CDU und FDP,

indem Sie sich nun immerhin die Linie der Bundesbildungsministerin zu eigen machen, nachdem Sie bei der Einbringung noch der Meinung waren, es gebe überhaupt keinen Reformbedarf. Sie machen zwar einen Schritt in die richtige Richtung, aber Sie bleiben auf halber Strecke stecken. Von Ihrem Vorschlag würden lediglich handverlesene Hochschulen mit überregionaler Strahlkraft profitieren – also die Hochschulen, die ohnehin schon zu den Bessergestellten gehören.

Sicher muss man überlegen, wie man die im Rahmen der Exzellenzinitiative angestoßenen Projekte und Entwicklungen weiter fortführen kann. Aber das ist doch nicht die eigentliche Herausforderung im Hochschulsystem. Die entscheidenden Probleme den Hochschulen sind eine unzureichende Grundfinanzierung des laufenden Lehr- und Forschungsbetriebs und schlechte Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Außerdem geht es völlig am Bedarf vorbei, wenn ausgerechnet Schulen von Kooperationen zwischen Bund und Ländern ausgenommen werden sollen. Ob echte Ganztagsschulen oder Inklusion – es gibt auch hier eine Vielzahl von Herausforderungen, die die Länder nicht alleine werden stemmen können.

Das Groteske ist, dass die, die diesem Kooperationsverbot zugestimmt haben, immer gewusst haben, dass dieser Beschluss eigentlich Irrsinn ist. Mit dem Kooperationsverbot ist Ihnen der Geniestreich gelungen, eine Regelung in das Grundgesetz zu schreiben, bei deren Umsetzung es immer nur darum gegangen ist, wie man sie umgehen kann.

Ich will Ihnen die wichtigsten Beispiele nennen:

Nachdem das Ganztagsschulprogramm nicht mehr gefördert werden durfte, von dem vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien profitiert hätten, wurde der Umweg über das "Bürokratiemonster" des sogenannten "Bildungs- und Teilhabepakets" genommen. Die weggefallenen Investitionsmittel für die Schulen wurden durch das Konjunkturprogramm II kompensiert. Ohne "Hochschulpakt 2020", "Qualitätspakt Lehre" oder den Wettbewerb "Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen"

hätten die Hochschulen längst kapituliert und Ministerin Wanka wäre um ihre wenigen Erfolgsmeldungen gebracht worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

eigentlich müsste nicht das Kooperationsverbot aufgehoben werden, sondern der Artikel 106 des Grundgesetzes, der die Verteilung der Einnahmen zwischen Bund und Ländern regelt müsste reformiert werden. Wenn der Bildungsföderalismus überhaupt noch einen Sinn machen soll – was ich persönlich für den Hochschulbereich schon lange bezweifle – dann müssen die Länder auch in die Lage versetzt werden, ihre hoheitlichen Aufgaben selbst zu finanzieren.

Deshalb freuen wir uns über die Kurskorrektur bei der SPD und unterstützen den SPD Antrag. Wohl wissend, dass dies nur ein Zwischenschritt sein kann, hin zu einer großen Föderalismusreform, die die Einnahmesituation der Länder grundsätzlich und jenseits von Kooperationen mit dem Bund verbessert.

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