Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Große Anfrage: Situation und Perspektiven der Museen in Niedersachsen
- es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
die vorliegende Antwort auf die große Anfrage macht deutlich, dass wir in Niedersachsen über eine reiche aber auch sehr heterogene Museumslandschaft verfügen. Kapazität und Qualität der einzelnen Museen sind sehr unterschiedlich, da ist es erfreulich, dass das Registrierungsprogramm, über das eine Art Gütesiegel erworben werden kann, angenommen wird und auch zu funktionieren scheint. Dem Museumsverband Niedersachsen und Bremen, der das Programm federführend in Kooperation mit dem Wissenschaftsministerium und der Niedersächsischen Sparkassenstiftung durchführt, sei an dieser Stelle für seine kompetente Arbeit gedankt. Das Programm macht exemplarisch deutlich, wie wichtig die Arbeit der einzelnen Kultur-Fachverbände ist, wenn es um Qualitätsstandards und Weiterqualifizierung bei Kulturangeboten in der Fläche geht. Die Fachverbände sind eben mehr, werte Kollegen von CDU und FDP, als die Fördergelder absorbierenden Wasserköpfe, als die Sie diese im Rahmen der Umstrukturierung der Kulturförderung immer gerne dargestellt haben. Erfreulich auch, dass das Programm weiter fortgesetzt werden soll.
Anrede,
bei unseren Landesmuseen, die grundsätzlich gut aufgestellt sind, gibt es trotzdem noch Optimierungsbedarf. Hier hätte ich vor allem einen Datenabgleich mit vergleichbaren Einrichtungen etwa in Sachsen oder Baden-Württemberg spannend gefunden. Wir waren ja eigentlich schon mal an dem Punkt, an dem wir über Fragen einer Neuausrichtung unserer Landesmuseen hätten diskutieren können, wenn das Kommunikationsmanagement seinerzeit nicht so gründlich schief gegangen wäre. Es ist vermutlich richtig, vorerst wieder Ruhe in die Museumsszene zu bringen und von Umstrukturierungen abzusehen. Zumal manches Haus aus eigenem Antrieb eine Neuausrichtung der Ausstellungsphilosophie vornehmen wird. Aber wo nach Schwerpunktbildungen bei den Sammlungen oder engeren inhaltlich-programmatischen Kooperationen und Abstimmungen zwischen den Häusern gefragt wird, da bleiben Sie mutlos. Liebe Frau Ministerin Wanka, lassen Sie sich nicht von der Bruchlandung ihres Vorgängers abschrecken. Das alte Konzept aus 2008 ist zweifelsohne erledigt. Trotzdem sollten sie den Versuch nicht aufgeben, neue Anforderungen an die Struktur der Museumslandschaft zu formulieren und moderierend tätig zu werden.
Die zentrale Herausforderung im Museumsbereich liegt allerdings ganz woanders. Bundesweit ist die Gruppe der über 55-jährigen die wichtigste Besuchergruppe und Menschen mit Migrationshintergrund sind die am schwierigsten zu erreichende Gruppe. Bei jährlich über 25 Mio. Euro Steuermitteln alleine für die vom Land geförderten Museen und 35 Mio. Euro EFRE-Mitteln für die laufende Förderperiode, ist diese eklatante Schieflage – die im Übrigen in anderen Bereichen öffentlich geförderter Kultur nicht viel anders aussieht – nicht hinnehmbar. Deshalb muss es oberste Priorität des Landes sein, die Museen dazu anzuhalten, niedrigschwellige und zielgruppenspezifische, auch eintrittsfreie Angebote zu machen, die solche Familien ansprechen, für die ein Museumsbesuch alles andere als alltäglich ist. Das Landesmuseum Hannover zeigt mit seinem Programm "Museum in Aktion" wie so etwas aussehen kann.
Die Kooperationen zwischen Museen und Schulen müssen ausgebaut werden. Nur 16% der Museen pflegen dauerhafte Kooperationen mit Schulen. Das darf so nicht bleiben! Gerade Grundschulen und Kitas sind die Orte, wo noch alle Kinder unabhängig von ihrem sozialen Status mit Kulturangeboten erreicht werden können. Nur 10% unserer Museen haben spezielle Angebote für Migranten. Auch hier besteht enormer Nachholbedarf. Die Museumspädagogik in den Landesmuseen muss ausgebaut werden. Im Landesmuseum Hannover gibt es immerhin zwei Stellen, die anderen Häuser verfügen jeweils nur über eine Stelle. Hier muss im Stellenplan umgeschichtet werden, wenn wir eine Öffnung der Museen erreichen wollen. Und schließlich brauchen wir endlich eine Datenerhebung, mit der wir Nutzer-Verhalten und Nicht-Nutzer-Verhalten besser einschätzen können. Hier sind wir gespannt auf die Ergebnisse der Befragung der Museen in Hannover, Oldenburg und Braunschweig.
Anrede,
die Öffnung unserer Museen für breitere Nutzerkreise muss Priorität erhalten. Da sind nicht unbedingt mehr Mittel gefragt, aber Kreativität und der Mut zur Umschichtung von Schwerpunkten der musealen Arbeit. Werte Kollegen von CDU und FDP, Sie haben unsere letzte Museumsdebatte mit einem nichtssagenden Antrag nach dem Motto "alles ist gut" beendet. Das jetzt vorliegende Datenmaterial macht deutlich, nichts ist gut, wenn es um die Frage des Zugangs geht. Nehmen Sie die Zahlen endlich ernst und lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen suchen.