Rede: Gabriele Heinen-Kljajic: Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung kriegsfördernder Aktivitäten an den Hochschulen

Rede Gabriele Heinen-Kljajic, 26.08.09

TOP 9: Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung kriegsfördernder Aktivitäten an den Hochschulen

Anrede,

die im vorliegenden Antrag aufgeworfene Frage, in wessen Auftrag dürfen Hochschulen forschen, ist zwar durchaus ernst zu nehmen, aber eine Fokussierung auf den militärischen Bereich geht an der Hochschulrealität völlig vorbei.

Die ständig wachsende Verquickung von Hochschulen und Geldgebern, die mit ihrem Hochschulengagement bisweilen eigene Interessen verfolgen, wirft bei aller Freude über das bildungspolitische Engagement der Wirtschaft durchaus auch Fragen auf. Das Drittmittelaufkommen an unseren Hochschulen ist in den letzen Jahrzehnten rasant angestiegen. Alleine zwischen 1970 und 1990 hat es sich verfünffacht und macht inzwischen mehr als 20% der Hochschuleinnahmen aus. Dabei kommt jeder vierte Euro an Drittmitteln inzwischen aus der gewerblichen Wirtschaft – Tendenz steigend.

Eine Bilanz dieser Entwicklung fällt aus Grüner Sicht zwiespältig aus. Zur Klarstellung: Wir möchten sicher nicht der Eingrenzung des Hochschulengagements der Wirtschaft das Wort reden. Aber fest steht auch, dass die Forschung an unseren Hochschulen immer häufiger in den Dienst nicht öffentlicher Geldgeber gestellt wird. Und auch in der Lehre (Stichwort: Stiftungsprofessur) ist diese Frage nicht völlig irrelevant. Jedenfalls können sich aus dieser Verquickung Konflikte ergeben, für deren Lösung wir bisher einfach keine Regeln gefunden haben.

Dabei stellt sich nicht nur die Frage: In wessen Dienst darf sich öffentlich geförderte Hochschulpolitik überhaupt stellen? Sondern es geht vor allem auch um die Fragen:

  • Wie kann für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden, an welchen Stellen finanzielle und personelle Interessensverquickungen in sensiblen Bereichen vorliegen (in der Gentechnik, in der Kernforschung, in der Pharmazie etc.)?
  • Und wo wird in einer Gesellschaft ausgehandelt, was mit Steuermitteln geforscht wird?

Anrede,

es ist legitim und sogar wünschenswert, dass staatliche Förderprogramme in den Dienst gesellschaftlich relevanter Fragestellungen gestellt werden. In diesem Sinne ist auch sicherheitsrelevante Forschung nicht per se des Teufels, - wenn man auch aus Grüner Sicht die Mittel für das Bundesforschungsprogramm "Forschung für die zivile Sicherheit" besser vermehrt in die Friedens- und Konfliktforschung statt ausschließlich in die technische Abwehr von Anschlägen gesteckt hätte. Aber entscheidend ist doch die Frage, wie wird denn entschieden, was geht und was nicht geht.

Und das, werte Kollegen von der Linken, lässt sich doch nicht im Hochschulgesetz regeln. Was ist mit Forschungsaufträgen, bei denen nicht genau zwischen militärischer und ziviler Nutzung differenziert werden kann? Kein Gesetz wird hier eine klare Abgrenzung definieren können.

Was wir deshalb brauchen, ist keine Zivilklausel im Hochschulgesetz, sondern wir brauchen:

  1. Transparenz über eingeworbene Fördermittel und die damit verbundenen Forschungsaufträge, damit Grenzfälle öffentlich innerhalb wie außerhalb der Hochschule thematisiert und diskutiert werden können. Das wäre über eine Veröffentlichungspflicht der Hochschulen einfach herstellbar.
  1. Und wir brauchen eine Art Verhaltenskodex an den Hochschulen. Und wir brauchen Kommissionen, die (analog zu Ethikkommissionen im medizinischen Bereich) besetzt mit Vertretern aus Kirchen, Gewerkschaften, Verbänden, aber auch Wissenschaftlern und Studierenden, zu Konfliktfällen Stellung nehmen.

Das Desaster in der Asse wäre uns vielleicht erspart geblieben, wenn es in der Betreibergesellschaft GSF (Gesellschaft für Strahlenforschung) eine solche Kommission gegeben hätte.

In diesem Sinne, liebe Kollegen von den Linken,

das Anliegen ihres Antrages ist ehrenwert, aber so simpel wie hier vorgeschlagen, lässt sich das Problem leider nicht lösen. Die Hochschulen selbst sind der Ort, wo die von Ihnen aufgeworfenen Fragen geklärt werden müssen, aber nicht das Niedersächsische Hochschulgesetz.

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