Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung des Zweckverbandes „Großraum Braunschweig“

Anrede,

der vorliegende Gesetzentwurf greift eine hochaktuelle Debatte auf. Seitdem der Braunschweiger Oberbürgermeister Hoffmann vorgeschlagen hat, eine "Region Braunschweig" zu bilden, gibt es im Großraum Braunschweig eine zunehmend breitere Zustimmung zu einer Reform der kommunalen Landschaft und der Bündelung kommunaler Kompetenzen. Die Landkreise sträuben sich zwar verständlicher Weise noch, aber die Mittelzentren im Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB) sind schon deutlich weiter. In einem Schreiben an den Ministerpräsidenten heißt es: "Fast allen Beteiligten scheint (”¦) die Reduzierung der Anzahl der Landkreise bzw. deren Zusammenfassung in einem größeren zentralen Organisationsgebilde, zum Beispiel einer gemeinsamen Region, unabdingbare Konsequenz."

Und hier liegt der Schwachpunkt Ihres Gesetzentwurfes: Sie bleiben weit hinter dem aktuellen Stand der Auseinandersetzung zurück. Den ZGB in seiner jetzigen Form einfach mit zusätzlichen Kompetenzen zu versehen, bringt uns nicht weiter sondern würde eine längst weitergehende und zunehmend konstruktive Debatte im Keim ersticken.

Außerdem, lieber Herr Bachmann, ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie Sie zu der Einschätzung kommen, der Zweckverband habe sich bei der Erledigung seiner Aufgaben bewährt. Nicht zuletzt die ewige Hängepartie um die Regio-Stadtbahn macht doch mehr als deutlich, dass der ZGB schon heute mit mancher Aufgabe überfordert ist.

Eine der politischen Schwächen des ZGB ist das Fehlen einer direkten politischen Legitimation. Er kennt nur von den Räten und Kreistagen entsandte Mitglieder, denen zwangsläufig das Hemd näher ist als die Jacke. Das Gutachten von Prof. Bogumil im Auftrag der IHK hat dies als zentrale Schwäche des ZGB ausgewiesen; sie lassen diese Kritik einfach unter den Tisch fallen.

Zum Teil ist auch die von Ihnen vorgeschlagene Aufgabenverlagerung auf den ZGB alles andere als sinnvoll. Die Trägerschaft der Berufsbildenden Schulen, von Förderschulen, Abendgymnasien und Kollegs  an den ZGB zu geben, würde nur Doppelstrukturen schaffen. Der ZGB müsste eine eigene Schulverwaltung vorhalten, ohne sie bei den Landkreisen, die für die Sekundarstufen I und II weiterhin eigene Verwaltungen vorhalten müssten, abschaffen zu können.

Auch die  Verlagerung der Kreiseltern- und –schülerräte auf den ZGB ist falsch, da die wesentlichen Aufgaben dieser Gremien in der Sekundarstufe I anfallen – und damit auch nach Ihrem Gesetzentwurf in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte bleiben würden.

Die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und der wirtschaftlichen Kooperation einfach mal so auf den ZGB zu übertragen blendet die realen Strukturen vor Ort völlig aus. In der Region arbeitet man an einer Fusion der Projektregion Braunschweig und der Wolfsburg AG – was den Charme hätte, dass nicht nur die Gebietskörperschaften sondern auch Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Unternehmen gemeinsam an einem Strang ziehen könnten. Diese Entwicklung sollte man doch erst mal abwarten, bevor man einem schwachen ZGB, der keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet hat, auch noch Wirtschaftsförderung überträgt.

Über Punkt 5 "Abstimmung der Bildungs- und Forschungsstandorte" kann ich nur lachen. Forschungseinrichtungen ist schon der Bildungsföderalismus zu eng, was soll da der ZGB, der auch hier - im Gegensatz zur Projektregion - wenig Kompetenz nachweisen kann, noch mitmischen.

Ich will nicht weiter auf einzelne Punkte eingehen, denn schon das Grundansinnen lehnen wir ab. Der ZGB hätte wenn überhaupt nur als direkt gewähltes Organ eine Chance. Aber selbst dann sollte man vor einer Aufgabenübertragung die grundsätzlichen Entscheidungen über die zukünftigen Strukturen im Großraum Braunschweig abwarten. Nach meiner Einschätzung hinken Sie mit Ihrem Gesetzentwurf der Realität gewaltig hinterher. 

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