Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes
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Anrede,
wenn CDU und FDP ein neues Erwachsenenbildungsgesetz für nötig halten, sind wir grundsätzlich bereit, eine Novellierung mitzutragen, auch wenn an vielen Punkten des Entwurfs nicht erkennbar ist, worin die eigentliche Verbesserung liegen soll.Ich kann hier nicht auf jeden Paragraphen eingehen, deshalb möchte ich mich auf die Essentials konzentrieren.
Unsere Hauptkritik setzt bei der Mittelzuweisung an. Hier stehen Anspruch und Wirklichkeit in eklatantem Widerspruch. Sie nennen als zentrales Ziel des Gesetzes die Verbesserung von Qualitätsstandards und einen effizienteren Einsatz der Landesmittel. Tatsächlich bedeuten aber die in §5 und §13 festgeschriebenen Verfahren der Mittelverteilung genau das Gegenteil.
Denn das was Sie hier als Formel festlegen, um vermeintliche Leistungsanreize zu schaffen, wird in der Umsetzung zu einem unkalkulierbaren Aufstocken von Teilnehmerstunden führen.
Eine hälftige Aufsplittung von Grund- und Leistungsförderung als Wettbewerbselement mag im Prinzip nicht schlecht sein. Da aber der Topf der Mittel immer gleich bleibt, während der Leistungsumfang an Teilnehmerstunden unendlich wachsen kann, ist mit Aufblähen des Leistungsumfangs bei gleichzeitigem Qualitätsverlust zu rechnen.
Die Zehnprozenthürde, die Sie hier eingebaut haben, hilft überhaupt nicht weiter, denn sie bezieht sich nur auf das Verhältnis der Leistungssteigerungen zwischen den einzelnen Einrichtungen, nicht aber auf absolute Zahlen. Was wir brauchen ist eine Deckelung des abrechenbaren Leistungsumfangs. Wenn Sie diesen Deckel nicht einziehen, werden im Zweifel Programme nicht mehr nach den Kriterien inhaltlicher, fachlicher und didaktischer Qualität erstellt, sondern nach dem Kriterium möglichst hoher Stunden Tonnage.
Anrede,
was immer Sie sich von der Verteilungsformel versprechen mögen, mit Ihrem Entwurf werden nicht Qualität und effizienter Mitteleinsatz belohnt, sondern Stundenklotzerei, bei der nur die Großen werden mithalten können und genau das wollen wir nicht. Die jetzt im Entwurf festgeschriebene Formel zur Mittelbemessung ist unter dem Aspekt möglichst effektiver Verwendung von Landesmitteln absolut kontraproduktiv, und kann von uns so nicht mitgetragen werden.
Ansonsten begrüßen wir, dass der Katalog an Maßnahmen, die bisher unter "gemeinwohlorientierter Bildung" abgedeckt waren, weiterhin förderfähig bleiben, auch wenn der bisherige GWO-Katalog klarer war in seiner Abgrenzung, als der jetzt vorliegende Maßnahmenkatalog. Es stellt sich aber die Frage, ob wirklich alle Maßnahmen, die "besonderen gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechen", aus dem Topf der Erwachsenenbildung gefördert werden müssen. Müßten nicht zum Beispiel Maßnahmen zur Unterstützung junger Erwachsener bei beruflicher Orientierung aus der Jugendhilfe finanziert werden, oder die qualitative Weiterentwicklung von Kindergarten und Schule aus dem Kultusetat?
Außerdem wäre noch einmal zu prüfen, ob es wirklich Sinn macht, all diese Maßnahmen mit dem gleichen Faktor zu belegen, zumal es Bereiche gibt, bei denen keine Teilnehmergebühren erhoben werden können, etwa beim zweiten Bildungsweg, während dies in anderen Bereichen durchaus möglich ist. Zudem würde es aus unserer Sicht reichen, die Faktoren in einer Durchführungsverordnung festzulegen, die müssen nicht im Gesetz stehen.
Anrede,
Fest steht für uns aber auch, dass die Frage, ob die niedersächsische Erwachsenenbildung den Herausforderungen einer modernen Wissengesellschaft gewachsen ist, sich nicht primär an der Novellierung eines Gesetzes festmacht, sondern an der Mittelausstattung, die wir bereit sind für diesen Bildungsbereich zu investieren.
Wenn Sie meine Damen und Herren von CDU und FDP es ernst meinen, wenn sie der Erwachsenenbildung die Rolle eines gleichberechtigten Teils des Bildungswesens zuweisen, dann gilt auch hier, Bildungsinvestitionen sind Zukunftsinvestitionen, bei denen
sich einschneidende Kürzungen verbieten. Zumal jeder Euro eingesetzter Landesmittel ein drei- bis vierfaches an Drittmitteln einspielt. Dies meine Damen und Herren ist die Meßlatte, an der Sie Ihr Erwachsenenbildungspolitisches Engagement werden messen lassen müssen.
Es gibt noch eine Vielzahl von Fragen, die wir im Beratungsverlauf zu klären haben, auf die ich hier nicht eingehen konnte. Wir hoffen jedenfalls, dass Ihre Zusage, eine einvernehmliche Lösung zu finden, weiterhin gilt und unsere Kritikpunkte auch wirklich Gehör finden.