Rede Filiz Polat - Haushalt 2010: Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
the same procedure as every year, Mister Hogrefe?
Vergeblich suchen wir – wie in den Vorjahren - in diesem Haushalt 2010 europapolitische Akzente der Fraktionen CDU und FDP.
Ja, die Wahlen zum Europäischen Parlament haben wir hinter uns gebracht, aber sollten wir deshalb den ohnehin schon niedrigen Etat wieder herunterfahren?
Herr Hogrefe, Sie müssten sich - angespornt von Ihrer Ehrung durch das Europäische Informationszentrum doch gerade jetzt nach der katastrophalen Wahlbeteilung für mehr Europa in Niedersachsen einsetzen und sich nicht mit Lobgesängen auf die Landesregierung begnügen.
Minimale Veränderungen legt die Landesregierung zum Haushalt 2010 vor und keine Änderungsvorschläge seitens der Mehrheitsfraktionen. Das zeigt den Stellenwert, den Europapolitik bei Ihnen hat.
Anrede,
wir brauchen einen Haushalt 2010, der vom europäischen Gedanken getragen ist.
Wir starten einen Neuanfang mit dem Vertrag von Lissabon und damit auch mit mehr Gestaltungsrechten für Bund und Länder.
Deshalb werden wir Grüne in diesem Parlament weiterhin für die Stärkung des Europäischen Informationszentrums kämpfen.
Das EIZ leistet sehr gute Arbeit. Deshalb ist eine Absenkung des Etats mit der Begründung: "die Wahlen sind vorüber" scheinheilig.
 Wir wollen für das EIZ in diesem Haushalt zusätzliche 200.000 Euro und kürzen an anderer Stelle den Selbstdarstellungstitel des Europaministers. Wir brauchen nicht mehr Wulff in Niedersachsen, wir brauchen mehr Europa in Niedersachsen. Â
Anrede
Europa soll noch mehr in den Klassenzimmern stattfinden und nicht nur an einem oder zwei Tagen im Jahr. Die Idee des "Rollenden Klassenzimmers Europa" scheint auch der Vergangenheit anzugehören.
Wir wollen, dass die Informationsdefizite und existierenden Mythen über die Arbeit der Europäischen Union abgebaut werden, die Ihre Partei zum größten Teil mitzuverantworten hat. Vielleicht ist das ja der Grund, warum Sie das EIZ so kurz halten.
 Meine Damen und Herren!
Wir wollen der Landesregierung die Europapolitik nicht allein überlassen. Wir setzen uns dafür ein, dass Europapolitik stärker vom Parlament getragen wird.
Wir als Grüne haben immer wieder versucht die Europapolitik auf die Tagesordnung zu setzen: Wir haben Entschließungen zum Grünbuch Meerespolitik und zum Grünbuch Migration und Mobilität eingebracht. Unsere Initiative war es, den Vertrag von Lissabon hier im Parlament zu diskutieren.
Ich begrüße an dieser Stelle ausdrücklich, dass in der Landtagsverwaltung eine Stelle für die Europapolitik eingerichtet wird. Damit werden die Bedingungen für eine parlamentarische Europapolitik wesentlich verbessert – wir sollten diese Chance gemeinsam nutzen.
Kommen wir zum Thema Entwicklungszusammenarbeit und Internationales.
Auch die Länder haben ihren Beitrag zu den Milleniumszielen zu leisten. Einen Beschluss dazu haben die Ministerpräsidenten Ende 2008 gefasst – bisher ist in Niedersachsen allerdings nicht viel passiert.
 Im Bericht der Landesregierung über den Sachstand der Entwicklungszusammenarbeit in Niedersachsen heißt es zwar, dass auf Grund der Bewältigung der globalen wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Umwälzungen, des Klimawandels und der weltweit zunehmenden Migration verstärkte Anforderungen der Länder erforderlich sind – nur scheint die Landesregierung in Niedersachsen zu meinen, dass das wohl ohne finanzielle und administrative Anstrengungen zu bewältigen sei.
Wir stocken in unserem grünen Haushaltsantrag den Titel Internationale Beziehungen auf 650.000 Euro auf und den Titel Entwicklungszusammenarbeit auf 250.000 Euro.
Denn gerade wir sollten unsere Partnerschaften nutzen, um unsere Kenntnisse beispielsweise im Bereich der Erneuerbaren Energien weiterzugeben, um dem Klimawandel international zu begegnen, aber auch um von den Strategien der Partner zu lernen.
  Eine neue Partnerschaft mit Tansania, deren Möglichkeiten gerade geprüft werden, bietet eine weitere Chance zur Entwicklungszusammenarbeit. Sie sollte aber in ihrer Konzeption basisorientiert sein, sollte Bürgerinnen und Bürger beider Länder zusammenbringen, sollte sich an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort orientieren. Partnerschaft der Menschen soll Ziel sein. Eine neue Möglichkeit der Selbstdarstellung der Landesregierung brauchen weder die Menschen in Tansania noch in Niedersachsen.
Anrede
Gleichzeitig müssen wir die so wichtige Bildungsarbeit des Verbandes Entwicklungspolitik Niedersachsen (VEN) stärken.
Der VEN hat einmal mehr deutlich gemacht, dass auf Grund der Kürzungen der Abführung aus dem Lotterieumsatz, die das Land damals im Rahmen der Haushaltssanierungen vorgenommen hat, noch weniger Geld zur Verfügung steht als in den Jahren davor.
Es wurde darauf hingewiesen, dass Niedersachsen sich seit Mitte der 90er Jahre aus der Förderung der Entwicklungszusammenarbeit zurückgezogen hat.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern lag Niedersachsen von 1989 bis 1994 immerhin im Mittelfeld.
Danach ging es bergab. Niedersachsen gehört nunmehr zu den Schlusslichtern der Bundesländer im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.
 Herr Ministerpräsident, so können wir unseren Beitrag zu Erreichung der Milleniums-Entwicklungsziele ganz bestimmt nicht leisten.
Anrede,
ich damit komme zur K-Frage!
Der personelle Beitrag Deutschlands zum Europapolitischen Prozess lässt wirklich zu wünschen übrig. Sie machen die Europäische Kommission zum Abstellgleis für gescheiterte Ministerpräsidenten, die die CDU los werden will. Nicht nur der EU-Kommissionspräsident Barroso hat sich die Frage gestellt "Was soll das?"
Die K-Frage müssen wir bei Ihnen da ganz neu denken – Herr Europaminister Wulff - Kanzler oder Kommissar!