Rede Filiz Polat: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kollegen,

vor fast zwei Jahren hat meine Fraktion dem Landtag ein grünes Denkmalschutzgesetz vorgelegt.

Mit Hinhalteparolen und der Ansage unser Gesetz ohne Anhörung sofort abzulehnen, bat man uns auf den Gesetzentwurf der Landesregierung zum NDG zu warten.

Es wurde Sommer, Herbst und Winter.

Dann hieß es: der große Wurf kommt - im Frühjahr 2010. Falls sie sich erinnern ereilte uns dann aber eine ganz andere denkmalschutzpolitische Debatte – der Landtagsneubau.

Trotz vieler Appelle, trotz heftiger Kritik entschied die Mehrheit in diesem Hause – gegen die Stimmen meiner Fraktion (wir waren mal wieder dagegen!!) –den denkmalgeschützten Plenarsaal abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Damit genehmigten die Hüter des Nds. Denkmalschutzgesetzes, die das kulturelle Erbe zu wahren haben, selber den Abriss eines Denkmals in Landeseigentum. Die Landtagsmehrheit hat sich damit über die klare rechtliche und fachliche Bewertung der Fachbehörde des Landes, über Gutachten und die Einwände aller einschlägigen Verbände und sehr vieler Bürgerinnen und Bürger im Land hinweggesetzt.

Heute – vor dem Hintergrund von Stuttgart 21 – tun Sie so, als gäbe es den Beschluss zum Abriss des Landtags gar nicht.

Anrede,

dann wurde es wieder Frühling, Sommer und Winter. Kein Gesetz in Sicht. Stattdessen bekommen wir eine neue Ministerin. Die Ministerin versuchte die Baustellen ihres glücklosen Vorgängers abzuräumen und das schlechte Image und die Fehlerpolitik auszubessern. Nur an den Scherbenhaufen im Bereich Denkmalschutz wagte sie sich wieder nicht heran.

In der Zwischenzeit veräußerte der Finanzminister weiter munter unsere denkmalgeschützten Gebäude im Eigentum des Landes.

Anrede,

Das Neue Jahr ist angebrochen. Im neuen Jahrzehnt – fast zwei Jahre nach Einbringung unseres Gesetzes - legt die Landesregierung nicht den versprochenen großen Wurf im Landesdenkmalrecht vor, sondern eine "kleine Novelle".

Was Sie als "kleine Novelle" anpreisen sind doch im Wesentlichen völkerrechtliche Anpassungen (Konvention von Malta); es werden überfällige Standards wie die Berücksichtigung des UNESCO-Weltkulturerbes oder die Paläontologie ins Gesetz aufgenommen.  

Eine Neuerung bieten Sie doch: als Clou präsentieren Sie die niedersächsische Denkmalplakette.

Die Fördermittel für die Denkmalpflege aus Landesmittel erreichen neue Tiefststände, und Sie ersetzen Geld durch schicke Schilder!!!

Mehr Bürgerfreundlichkeit, wie es Sie mit der Änderung des Verfahrens bei der "Denkmalliste" vorgeben, werden Sie mit solchen Regelungen nicht erreichen. Was sie da vorhaben ist nach unserer Einschätzung unpraktikabel und führt zu mehr Bürokratie, und ist damit weniger bürgerfreundlich.

Wir halten weiter hin den Ansatz des deklaratorischen Prinzips für sinnvoller. Ähnlich sieht es das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalpflege und die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger.

Anrede

Die entscheidenden Passagen finden sich aber wie immer in den § 7 "Grenzen der Erhaltungspflicht" und in §10 "Genehmigungspflichtige Maßnahmen". 

Schon bei der letzten Novelle 2004 im Zuge der Verwaltungsmodernisierung sind hier die umstrittensten Änderungen vorgenommen worden, die sie mit dieser Novelle nicht beheben. Diese Chance haben Sie vertan. Aus der Diskussion um den Landtagsabriss hätten Sie lernen können, dass nicht nur jeder Eingriff in ein denkmalgeschütztes Gebäude eines Privaten sondern auch jeder Eingriff in D-Gebäude in staatlichem Besitz in einem geordneten Genehmigungsverfahren erfolgen muss.

Nach Ihrem Gesetzentwurf soll bei staatlichen Gebäuden künftig unterschieden werden, ob eine Veränderung oder auch die Beseitigung des staatlichen Denkmals vom staatlichen Baumanagement oder von einem privaten Büro geplant und beaufsichtigt wird. Das staatliche Baumanagement darf auch weiterhin ohne Genehmigung jede Veränderung am Denkmal vornehmen, der beauftragte Dritte braucht dafür die Genehmigung der unteren Denkmalbehörde. Das würde nach ihrem Gesetz zu der perfiden Situation führen, dass die LH Hannover den Abriss des Landtags genehmigen müsste. Mit solchen Tricks können Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.

Anrede,

Gleichzeitig mit dieser Gesetzesänderung wird auch die Änderung der Nds. Bauordnung beraten. Mit dem neuen § 60 der NBauO setzen sie das den Denkmalschutz für Denkmale in staatlichem Besitz zum zweiten Mal außer Kraft. Hier findet eine Zweiklassenklassengesellschaft innerhalb des Denkmalschutzes statt, die wir nicht akzeptieren können.

Noch komplizierter wird es dann beim Thema "Grenzen der Erhaltungspflicht". Hier definieren Sie in ihrem Gesetzentwurf den Klimaschutz als vorrangiges Ziel, der eine Einschränkung des Schutzes des Denkmals rechtfertigt, wollen damit Maßnahmen der energetischen Sanierung an Gebäuden erleichtern; gleichzeitig heißt es in der Begründung, dass damit keinen Privilegierung des Klimaschutzes gemeint sei. Ja was wollen Sie denn? Ihr Gesetzentwurf ändert jedenfalls nichts an der bereits bestehenden Gesetzeslage, sondern macht sie unklarer und weniger eindeutig. Als Folge wird es zu noch größeren Schwierigkeiten beim Vollzug des Gesetzes durch die unteren Denkmalbehörden kommen.

Anrede,

Die Landesregierung wird mit diesem Gesetzentwurf dem Reformbedarf des Denkmalrechts in Niedersachsen in keiner Weise gerecht. Wir können mit unserem grünen Gesetzentwurf in der Beratung ihrer "kleinen Novelle" eine zukunftstaugliche, bürgernahe und dem kulturellen Erbe gerecht werdende Alternative entgegenstellen.

Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen.

Zurück zum Pressearchiv