Rede Dorothea Steiner: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/4/EG in Niedersachsen (Umweltinformationsgesetz)

Anrede,

der Zugang zu Umweltinformationen ist ein elementares Bürgerrecht. Es ist notwendig, das auch in einem Landesgesetz zu regeln, auch wenn wir feststellen müssen, dass sich die Landesregierung sehr viel Zeit gelassen hat, das Bundesgesetz von 2004 für Niedersachsen umzusetzen.

Aber anstatt sie zu ermuntern werden die Bürger mit dem vorliegenden  Gesetz eher davon abgeschreckt, ihr Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen wahrzunehmen.

Anrede,

gerade bei diesem Thema  müssen wir davon ausgehen, dass nicht nur Verwaltungsfachleute und Juristen dieses Gesetz in die Hand nehmen werden, um sich zu informieren, wie das Zugangsverfahren geregelt ist, sondern auch Bürgerinnen und Bürger ohne juristische Vorkenntnisse. Deshalb ist es besonders wichtig, dass es lesbar und verständlich formuliert ist. Diesem Anspruch wird das vorliegende Gesetz nicht gerecht. An wesentlichen Stellen wird schlank auf die Regelungen des Bundesgesetzes verwiesen. Beispielsweise beim Zugang zu Umweltinformationen im §3 oder der Unterrichtung der Öffentlichkeit im §5 wird einfach darauf  hingewiesen, dass die entsprechenden Paragraphen des Umweltinformationsgesetzes des Bundes gelten. Es kann doch nicht sein, dass die Bürger gezwungen sind, mit zwei Gesetzen unter dem Arm herumzulaufen, wenn sie herausfinden wollen, wie sie an bestimmte Umweltinformationen herankommen.

Ein bürgerfreundliches Gesetz sieht anders aus! Die Grünen haben einen entsprechenden Änderungsvorschlag vorgelegt. Das Gesetz wäre damit zwar um eine Seite verlängert worden, aber die Bürger hätten die notwendigen Informationen dann auch entnehmen können.

Den entscheidenden Punkt stellen die Kosten dar. Ziel dieses Umweltinformationsgesetzes ist es, den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, bei staatlichen Stellen vorhandene Umweltinformationen auf einfachem Weg und kostenfrei zu erhalten. Das gilt ebenso für Einrichtungen, an denen das Land oder öffentliche Aufgabenträger beteiligt sind. Aber Niedersachsen will mit den Kosten, die Informationssuchende aufbringen müssen, von der großzügigeren Regelung des Bundes und anderer Bundesländer abweichen.

Welche Wirkung hat es denn, wenn der Bürger der Gebührentabelle entnehmen muss, dass er für Informationen zwischen 25  und 500 Euro zahlen soll – neben den Auslagen für Kopien und Reproduktionen? Das kann ich Ihnen sagen: er wird es sich dreimal überlegen, ob er sich diese Informationen leisten kann! Und wie bitte soll er überprüfen, wann der Bearbeitungsaufwand von einer halben Stunde überschritten ist.

Anrede,

der Verdacht liegt nahe,  dass mit solchen Gebührenfestlegungen ein Abschreckungseffekt erreicht werden soll – das läuft dem Ziel der EU-Richtlinie und des Bundesgesetzes exakt entgegen. Deshalb lehnen wir das niedersächsische Gesetzesvorhaben ab.

Ich möchte noch einen Punkt aufgreifen: In Paragraph 4 wird festgelegt, dass im Falle einer Auskunftsverweigerung Widerspruch gegen diese Weigerung eingelegt werden kann. Das heißt, das Widerspruchsrecht bleibt in diesem Bereich in Form eines Vorverfahrens erhalten. Das haben die Grünen nicht nur hier gefordert.  Schön, dass Sie wenigstens d a s tun. Aber es geht auch nicht anders, wenn Sie sich – wie in Braunschweig – mit ca. 7000 Widersprüchen gegen Abfallgebührenbescheide auseinandersetzen müssen!

Aber dann führen Sie in einer nachgeschobenen Ergänzung auch das Widerspruchsrecht für Rundfunkgebührenbescheide ein. Das hat zwar mit dem Umweltinformationsgesetz nichts zu tun; sie nutzen dies nur als Hintertür, um in einem oft streitigen Bereich den Bürgerinnen und Bürgern den Widerspruch zu ermöglichen. Das ist schon sonderbar, wie hier die Rundfunkgebühren in Nachbarschaft zu den Informationsgebühren wandern. Niemand kann erklären, was die Rundfunkgebühren in diesem Gesetz zu suchen haben.

Aber vielleicht war es Ihnen ja lieber, ohne Aufsehen zumindest in einem Punkt der Forderung nach  Widerspruchsrecht nachzukommen, während Sie sie in anderen Bereichen abschmettern.  Das ist ein weiteres Beispiel für die zeitweise dubiosen Verfahrensweisen dieser Landesregierung und der Regierungsfraktionen beim Gesetzgebungsprozess!

 Anrede,

wir lehnen das Gesetz ab, weil es den Zugang zu Umweltinformationen für Bürgerinnen und Bürger nicht befriedigend regelt und durch unüberschaubare und hohe Kosten die Ausübung dieses Bürgerrechts behindert. Von Bürokratieabbau und Transparenz – Etiketten, mit denen sich diese Landesregierung ja gerne schmückt – kann hier nicht die Rede sein.

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