Rede Christian Meyer: Abschließende Beratung Haushalt 2012/2013 – Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- es gilt das gesprochene Wort -
Ihr Agrarhaushalt ist ein Haushalt der verpassten Chancen für die Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern, für die VerbraucherInnen und nicht zuletzt für die Umwelt.
Sie machen Politik für wenige Großkonzerne aber nicht für die Masse der Bauern, von denen immer mehr aufgeben müssen. Alleine 6 % der Milchviehhalter in Niedersachsen mussten im ersten Halbjahr 2011 ihre Höfe schließen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Kühe um 1 %. Auch das Grünland nimmt weiter ab und sie setzen auf Importfutter aus Südamerika mit fatalen Folgen für die Umwelt.
Riesige Tierfabriken werden gebaut, von denen immer weniger Landwirte sich ernähren können.
Die wenigen Möglichkeiten, die wir als Land überhaupt haben, eine nachhaltige und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptierte Landwirtschaft zu fördern, nutzen Sie nicht. Sie tun das glatte Gegenteil: Sie pulvern das Geld aus dem EU-ELER-Programm in die einzelbetriebliche Förderung und damit in die Massentierhaltung.
Wenn Sie diesen Förderschwerpunkt, in den das meiste ELER-Geld fließt dann auch noch mit "Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft" überschreiben, dann ist das doch der blanke Hohn: Sie bewirken damit das genaue Gegenteil: Sie verschlechtern doch die Wettbewerbsfähigkeit der meisten bäuerlichen Betriebe, weil Sie einzelne Massentierhalter mit Fördermillionen päppeln, die dann die Pachtpreise so in die Höhe treiben, dass die ein normaler Familienbetrieb eben nicht mehr bezahlen kann.
Anrede,
wir müssen uns doch mal klar machen, womit wir die Millionenzahlungen an die Landwirtschaft aus EU-, Bundes- und eben auch Landesmitteln gesellschaftlich und politisch legitimieren wollen.
Die Menschen im Land wollen eine Landwirtschaft die schonend mit dem Boden umgeht, die das Klima nicht belastet, die Vielfalt von Natur und Kulturlandschaft sichert und den Tierschutz einhält. Dazu sollen Bäuerinnen und Bauern honoriert werden. Mit Grüner Politik werden sie mit den Verbrauchern zu den Gewinnern der Agrarwende.
Doch was passiert in Niedersachsen?
Hier wird munter weiter in Stallbauten und Megaschlachthöfe mit Niedriglöhnen investiert. In den Ausbau von Feldwegen oder in die Flurbereinigung.
Zur Flurbereinigung hat doch der Landesrechnungshof bereits 2005 festgestellt, dass die meisten Verfahren völlig unwirtschaftlich sind. Zum gleichen Ergebnis kommt auch ein Gutachten, das diese Landesregierung bei der FAL in Braunschweig in Auftrag gegeben hat. Der Landtag hat am 10.11.2005 beschlossen, dass die Flurbereinigung auf die Kernaufgaben beschränkt werden soll. Und was macht diese Landesregierung? Das interessiert sie alles einen feuchten Kehricht. Zwischen 2010 und 2014 sollen 24 neue Flurbereinigungsverfahren eingeleitet werden – über 300 laufen bereits - bei den meisten geht es nur um Flächenzusammenlegung. Das sind also die Verfahren, die der Landesrechnungshof für unwirtschaftlich hält, die die FAL für unwirtschaftlich hält und von denen der Landtag beschlossen hat, dass es sie nicht mehr geben soll. Da wird das Geld verpulvert, das an anderer Stelle dringend gebraucht wird.
Aber der Ex-Polizeipräsident Grahl den Herr Lindemann wider besseren Wissens um seine Qualität als Abteilungsleiter Landentwicklung akzeptiert hat, muss ja für sein Dichthalten in der Sansibar-Affäre belohnt werden.
(Anrede)
Niedersachsen ist bundesweites Schlusslicht bei den Agrarumweltprogrammen was die Förderung pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche angeht. Da werden die Mittel dringend gebraucht, die sie in einzelbetrieblicher Förderung, Flurbereinigung, Wegebau und so weiter verpulvern. Und deswegen sagen wir, da muss deutlich umgeschichtet werden. Weil das eben direkt den Bäuerinnen und Bauern zugute kommt und nicht der Agrarindustrie, die Sie mit Ihrer Politik päppeln.
Niedersachsen ist bundesweites Schlusslicht bei der Förderung des ökologischen Landbaus. 137 € zahlen Sie in Niedersachsen pro Hektar ökologisch bewirtschafteter Ackerfläche. In anderen Ländern ist das deutlich mehr: In Bayern 200 € in Sachsen 204 €, in Thüringen 210 €, um mal nur ein paar schwarz regierte Länder zu nennen.
Da ist es doch kein Wunder, dass die Produktion ökologischer Nahrungsmittel in Niedersachsen stagniert, während die Nachfrage weiterhin steil ansteigt. Das zeigt doch, welchen Bärendienst Sie den niedersächsischen Bäuerinnen und Bauern erweisen. Durch Ihre völlig falsche Förderpolitik verliert Niedersachsen kontinuierlich Marktanteile in einem modernen, weil von den Verbraucherinnen und Verbrauchern immer stärker nachgefragten Bereich der Nahrungsmittelproduktion.
Anrede,
um den ökologischen Landbau so zu fördern, dass er auch in Niedersachsen endlich auf die Beine kommt, müssen wir unter dem Strich nicht mehr Geld in die Hand nehmen. Wir müssen umschichten. Und das können wir auch. Ich gebe Ihnen gerne ein Beispiel:
Mit 30 € pro Hektar fördern Sie wenn nach der Maisernte im Herbst die Maisstoppeln stehen bleiben. Das verkaufen Sie dann als Förderung der gewässerschonenden Landwirtschaft.
Was für ein Quatsch. Worin bitte schön besteht der Gewässerschutz, wenn im Abstand von 50 cm ein paar abgestorbene und platt gefahrene Maisstoppeln stehen bleiben? Das ist doch eine als Agrarumweltmaßnahme getarnte Gießkannensubventioniererei der industriellen Landwirtschaft. Weg damit und die frei werdenden Mittel dann einsetzen, um den Ökolandbau so zu fördern wie es erforderlich ist.
Anrede,
lassen Sie mich auch auf die Landwirtschafskammer noch eingehen
Mein Kollege Klein und ich haben uns in den letzten Monaten mal intensiver darum gekümmert wo da eigentlich das Geld hin geht.
Das ist ja eine weitgehende black-box. 68,3 Mio. € beträgt der Zuschuss, den die Kammer im nächsten Jahr bekommt. Und was da alles aus dem Landeshaushalt finanziert wird. Über 2 Millionen berechnet die Landwirtschaftskammer dafür, dass sie Stellungnahmen als Trägerin öffentlicher Belange abgibt. Warum überhaupt? Kriegen das die IHK und die Handwerkskammer auch? Natürlich nicht. Warum sollten sie auch.
Auch die Umweltverbände und Bürgerinitiativen die immer wieder die Fehlbeurteilungen der Kammer in der Tierfabrikengutachten aufdecken, bekommen dafür vom Land keinen Cent.
Es ist aberwitzig wie sie die Stallbaulobby fördern.
Die Landwirtschaftskammer gibt aus Landeshaushalt bezahlte Stellungnahmen zu Stallbauvorhaben ab, zu dem sie vorher den jeweiligen Betrieb im Rahmen ihrer Beratungsaufgaben beraten hat. Für den gleichen Stall hat die Kammer dann vielleicht auch noch Gutachten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens geschrieben. Und dann setzt sich die Kammer wieder einen anderen Hut auf und gibt Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belange ab.
Es sind ja eine ganze Menge Hüte, die Sie der Kammer gegeben haben.
Bewilligungsbehörde,
Kontrollbehörde,
Baratungseinrichtung für Land-, Forst- und Hauswirtschaft,
Untersuchungsstelle,
Forschungseinrichtung,
Gutachterin für alles mögliche
Träger öffentlicher Belange ”¦ und, und und”¦.
Und das Selbstverständnis ist das einer Interessenvertreterin der Landwirtschaft.
Lobbyist und Behörde gleichzeitig – so was gibt es nur in der Landwirtschaft. Das ist doch das gleiche also wenn Sie die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörden an den ADAC abgeben. Und die Verkehrssünderdatei in Flensburg macht der ADAC dann auch gleich mit. Absurd oder?
Ja, aber so organisieren Sie Agrarverwaltung.
Das lässt tief blicken in Ihre Intention von Agrarpolitik. Für Sie ist Agrarpolitik Lobbypolitik und das nicht für Verbraucherinnen und Verbraucher und auch nicht für die Mehrzahl der Bäuerinnen und Bauern, sondern Sie betreiben Politik für den agrarindustriellen Komplex und entsprechend haben Sie auch die Verwaltungsstrukturen aufgestellt.
Anrede,
Minister Lindemann tritt eins zu eins in die Fussstapfen von Frau Grotelüchen. Die Massentierhaltungsindustrie tätscheln sie und die Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen weiße Salbe.
Ihr Tierschutzplan ist blosse Anscheinserweckung ohne reale Fortschritte in den Ställen.
CDU und FDP betreiben eine Agrarpolitik gegen die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher, gegen die Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen immer neue und immer größere Massentierställe zur Wehr setzen und sie werfen die Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern der Agrarindustrie zum Fraß vor.
Grüne sind die Partei des ländlichen Raums. In meinem Wahlbereich Polle wo diese Landesregierung eine Ziegenfabrik mit 1,2 Millionen Euro fördern will, sind wir seit der letzten Kommunalwahl mit 40,6 % stärkste Partei im Gemeinderat und stellen die grüne Bürgermeisterin.
Machen sie so weiter und sie erleben viele Polles 2013.