Rede Anja Piel: Landeshaushalt 2017/2018 - Allgemeinpolitische Debatte

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wir diskutieren heute den Haushalt für die Jahre 2017 und 2018. Das parlamentarische Ereignis schlechthin. Und was passiert? Dasselbe wie in jedem Jahr.

Wir rechnen uns gegenseitig vor, ob die schwarze Null nun wirklich eine schwarze Null ist.

Wir reden kleinteilig über die technische Umsetzung von Entscheidungen.

Wir diskutieren die Vor- und Nachteile schwarz-gelber und rot-grüner Buchhaltung.

Klar, diese technischen Fragen sind wichtig. Aber: Sollten wir nicht auch mal politisch diskutieren? Und damit meine ich nicht, dass Sie uns nur wieder und wieder sagen, dass das Sie all das, was wir tun, besser gemacht hätten.

Anrede,

ich möchte mal auf einen echten und grundsätzlichen Unterschied rot-grüner und schwarz-gelber Haushaltspolitik aufmerksam machen. Und das ist der Umgang mit Verunsicherung. 

Stellen Sie sich vor, Sie planen eine Radtour.  Sie freuen sich auf die Reise, haben aber auch Respekt vor der Herausforderung. Sie erzählen Ihren Freunden von dem Vorhaben.

Und was sagen die?

„Hast du genug zu essen dabei? Du könntest verhungern!“

„Gibt acht vor wilden Tieren. Es gibt jetzt Wölfe! Vor – sagen wir – 30 Jahren wurde mal ein Wanderer gefressen!“

„Hast du keine Angst vor Überfällen? Nimm lieber auf jeden Fall noch ein zweites Handy mit!“

Alles gut gemeint, alles vielleicht auch nicht verkehrt. Allein: Die Lust auf den Ausflug ist weg.

Anrede,

auch mir ist klar: was wir vor uns haben, ist keine Radtour. Es ist die Zukunft. Ihre Radtour können Sie zur Not absagen. Die Zukunft können Sie nicht absagen. Und wie bei der Radtour sind auch hier Freunde keine Hilfe, die von nichts als Angst und Gefahren reden.

Anrede,

nun stellen Sie sich vor, Sie planen einen Landeshaushalt.

Wir leben in einer Zeit großer Umbrüche. Ob der Klimawandel, die Finanzkrise, Migration und Digitalisierung. Es verändert sich ziemlich viel im Moment. Auf der einen Seite gewinnen Rechtspopulisten Wahlen, auf anderen Seite leben wir mit der Gefahr von Terroranschlägen. Die große Aufgabe ist: Mit dem Haushalt für die nächsten zwei Jahre müssen Sie auf alle diese Herausforderungen Antworten finden.

Und nun, meine Damen und Herren, fällt Ihnen von der CDU nicht mehr ein als zu sagen:

„Die Menschen sind verunsichert. Und wir sollten die Sorgen der Menschen ernst nehmen.“

Ist das wirklich Ihre Lösung für all die wichtigen Aufgaben? So zu tun, als stünden wir kurz vor dem Abgrund? Und dann lösen Sie das alles, indem Sie Rechtsverschärfungen fordern, die überhaupt nichts bringen. Wir konnten das beim CDU-Bundesparteitag erleben, als es um die Doppelte Staatsangehörigkeit ging.

Anrede,

was heißt es denn, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen? Das heißt doch wohl, dass wir die großen Veränderungen unserer Zeit so mitgestalten, dass sie sich für alle zum größtmöglichen Vorteil entwickeln. Oder etwa nicht?

Das Ziel der rot-grünen Politik in Niedersachsen ist es, in einer Zeit der Umbrüche Niedersachsen auf die Zukunft einzustellen. Wir arbeiten an der Zukunft.

Was heißt das konkret?

Zukunft, das heißt, dass die Kinder in den KiTas Förderung erhalten, anstatt nur betreut zu werden. Mehr Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten und Kindertagesstätten – das sind nicht nur bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Das heißt auch, dass Kinder unabhängig vom Einkommen der Eltern eine bessere Förderung erhalten. So beugen wir sozialer Ungleichheit vor.

Zukunft heißt, dass Kinder nachmittags in den Schulen ein besseres Angebot bekommen, und dass die jüngsten Flüchtlinge eine gute Sprachförderung erhalten.

Zukunft heißt, dass die Flüchtlinge in Niedersachsen nicht nur ein Dach über dem Kopf bekommen. Sie erhalten im Alltag auch die nötige Hilfe, um bei uns Fuß zu fassen. Für schwer traumatisierte Menschen aus Kriegsgebieten heißt das: sie brauchen erst einmal einen Dolmetscher und psychologische Betreuung. Die Ausweitung der Psychosozialen Zentren ist hier ganz besonders wichtig, weil der Bedarf akut ist. Andere brauchen rechtliche Beratung oder Hilfe bei bürokratischen Vorgängen. Die meisten benötigen einen Sprachkurs, viele die Möglichkeit sich beruflich weiterzuentwickeln. Integrationsangebote zu schaffen heißt, alle Angebote, die es ohnehin bereits gibt, daraufhin zu überprüfen, ob sie auch für Geflüchtete zugänglich sind.

Zukunft heißt auch, dass wir die Menschen, denen es nach langer Arbeitslosigkeit nicht mehr so ohne weiteres gelingt, Arbeit zu finden, unterstützen. Wir lassen sie mit ihrer Armut allein. Das kann auch bedeuten, den betroffenen Menschen ein Coaching zu ermöglichen, sodass sie sich selbst orientieren können.

Zukunft heißt, dass die Krankenhäuser in ganz Niedersachsen saniert werden. Eine gute Gesundheitsversorgung braucht Infrastruktur. Davon profitieren alle!

Zukunft heißt, dass wir in den Gebäuden des Landes dafür sorgen, dass sie nicht den Großteil der Wärme nach draußen rausziehen lassen. Denn wenn wir im nächsten Jahr mit dem Klimagesetz die Bedingungen dafür schaffen werden, dass sich der Treibstoffausstoß bis 2030 halbiert, muss das Land schon mal in Vorleistung gehen. Und das tun wir!

Und schließlich heißt Zukunft, dass die Menschen in den Städten und auf dem Land Luft zum Atmen haben.

Auf dem Land ist es die Menge an Gülle, die einem den Atem verschlägt. Unser Landwirtschaftsminister Christian Meyer fördert auch im nächsten Jahr wieder den Ausbau des Ökolandbaus. Wir arbeiten weiter an Maßnahmen gegen die hohen Nitratwerte und für mehr Tierwohl. Das bedeutet nicht das Ende der industriellen Tierhaltung. Aber es rückt zumindest die völlig unvernünftige und einseitige Förderpolitik der Vorgängerregierung wieder ein bisschen ins Lot.

In den Städten dagegen haben wir kein Stickstoff-, sondern ein Stickoxidproblem. Wir haben uns hier ja in den letzten Wochen schon hinlänglich über Diesel- und Elektromotoren gestritten. Aber wissen Sie was: Wer Rad fährt, macht überhaupt keinen Dreck. Die Radfahrerinnen und Radfahrer werden in den nächsten Jahren spüren, was wir Donnerstag beschließen: den massiven Ausbau der Radwege und neue Radschnellwege. Sie werden es daran merken, wie schnell und wie sicher sie mit dem Rad zu Arbeit kommen!

Anrede,

das sind nur einige Beispiele. Es finden sich im Haushalt für die nächsten zwei Jahre noch viele andere. Und ich möchte an dieser Stelle den Fraktionen und Ministerinnen und Ministern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür danken, was sie zu diesem Werk beigetragen haben.

Worauf es mir ankommt: Wir sollten uns der Verunsicherung der Menschen nicht nähern, indem wir sie verstärken. Wir sollten vielmehr daran arbeiten, dass Niedersachsen ein sicheres, offenes, buntes und lebenswertes Land bleibt.

Ich, meine Damen und Herren, mache Politik jedenfalls nicht deshalb, weil ich morgens mit dem Bewusstsein aufstehe, wieder das Schlimmste verhindern zu müssen. Ich will das Beste für die Menschen in einem wachsenden, nach vorn gewandten Niedersachsen erreichen. Dafür mache ich Politik.

Vielen Dank.

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