Miriam Staudte: Rede zu multiresistenten Keimen in Gewässern

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Multiresistente Keime in niedersächsischen Gewässern:
Ein schönes Anschauungsbeispiel, wie der Umweltminister Olaf Lies Probleme bearbeitet.
Noch mal zur Erinnerung, der NDR hatte mit eigenen Wasserproben multiresistente Bakterien in verschiedenen Gewässern in Niedersachsen nachgewiesen.
Als Quellen standen von Anfang an in Verdacht: Medizinische Einrichtungen, die Tierhaltung, Schlachthöfe und Abwässer von Kläranlagen.
Der Umweltminister verkündet ein Sondermessprogramm, zieht die Gummistiefel an, krempelt die Ärmel hoch und nimmt die erste Probe höchstpersönlich beim Pressetermin;
die Fotos waren schon also schon mal im Kasten.

Im September gab der Minister dann Entwarnung:
Erwartungsgemäß seien Resistenzen gegen Antibiotika nachgewiesen worden, die in der Human- und Tiermedizin standardmäßig eingesetzt werden.

Aber: „Die Ergebnisse seine kein Anlass zur Besorgnis“, so Minister Lies:
„Nur selten wurden Bakterien gefunden, die gleich gegen mehrere Antibiotika resistent sein.“

Zu dem Zeitpunkt hatten sich bei uns schon zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gemeldet. Es war ja bekannt, welche Gewässer auf Antibiotikaresistenzen untersucht werden sollten.
Die Leute wollten also nun logischerweise wissen, was bei den Proben in ihrer Nachbarschaft rausgekommen war.

Der Minister hatte Entwarnung gegeben. Nur: Mit Zahlen war das nicht unterfüttert.
Die Ergebnisse der Gewässerproben wurden nicht veröffentlicht:

  • Die Grüne Fraktion reichte eine Landtagsanfrage ein: Die Messergebnisse wurden nicht veröffentlicht.
  • Die Grüne Fraktion reichte eine weitere Landtagsanfrage ein: Die Messergebnisse wurden nicht veröffentlicht.
  • Die Grünen aus Wietze im Landkreis Celle reichten beim Ministerium ein Auskunftsbegehren nach Umweltinformationsgesetz ein – und bekamen die Messergebnisse für die Probestelle in Wietze, also in Nähe des Hähnchen-Schlachthofs.

Die Messergebnisse lagen also längst vor – und unsere Auskunftsrechte als Parlamentarier wurden über Monate verletzt. Mittlerweile ist auch klar warum: Die Messergebnisse sind alles andere als harmlos.

„Nur selten wurden Bakterien gefunden, die gleich gegen mehrere Antibiotika resistent sein.“ – diese Entwarnung durch Umweltminister Lies lag schon sechs Monate zurück, als der Abschlussbericht mit den entscheidenden Messergebnissen schließlich erschien.

Und darin steht: In 45 Prozent der untersuchten Proben wurden Bakterien nachgewiesen, die eine dreifache Antibiotika-Resistenz aufweisen.

Bei fast jeder zweiten Probe wurden mehrfach resistente Keime gefunden -  das ist nicht selten! Insgesamt wurden an Zwei Drittel aller Messstellen wurden Antibiotika-Resistenzen nachgewiesen.

In dem Bericht steht außerdem: In nahezu 100 Prozent der Abwasserproben und abwasserbeeinflussten Oberflächengewässer wurden ESBL-Bakterien gefunden – das ist eine bestimmte Art von antibiotikaresistenten Keimen.

„Im Sinne der Übersichtlichkeit“ wurde aber darauf verzichtet, diese Belastung bei jedem Standort einzeln aufzuführen, stattdessen gibt es einen kleinen Hinweis im Vortext.
So kann man seine Ergebnisse natürlich auch schönen.

Die Ergebnisse klare Hinweise, wo die Risiko-Hotspots sind, wo etwas passieren muss: Abwasser, Humanmedizin, Tiermedizin.

  • Dreifach resistente Bakterien wurden an 15 von 17 Kläranlagenabläufen festgestellt.
  • Im Abwasser des Krankenhauses Osnabrück wurden 11 unterschiedliche Resistenzgene nachgewiesen.
  • Einen ähnlichen Spitzenwert gab es auch im Abwasser einer Kläranlage der fleischverarbeitenden Industrie.

Die grünen Forderungen wurden zu Prüfaufträgen verwässert. Selbst für Badegewässer sind keine verbindlichen Untersuchungen auf Antibiotikaresistente Keime vorgesehen – und MU hat im Ausschuss schon durchblicken lassen, dass die bisherigen Untersuchungen völlig ausreichen. Der Prüfauftrag, der hier im Antrag steht, wurde also schon im Vorfeld abgeräumt.

Anrede;

Was wir brauchen, ist eine genaue Untersuchung der Eintragspfade und ein fortlaufendes Monitoring. Der Antibiotikaverbrauch in der Human- und Tiermedizin muss runter.

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