Michael Lühmann: Rede zu aktueller Stunde zu Gewaltkriminalität (Aktuelle Stunde CDU)

Rede Michael Lühmann© Plenar TV

Rede TOP 4a: Gewaltkriminalität und Clans: Anstieg alarmierend – Rot-Grün muss endlich konsequent handeln (Akt. Stunde CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg:innen,

da ist es also wieder, das Narrativ, das Kriminalität und Clans in einem Atemzug nennt, also das, was in der Rassismusforschung unter Kriminalisierung von Migrant:innen verstanden wird und das die Union im Landtagswahlkampf auf türkisblauem Hintergrund plakatierte. Null Toleranz für Clans. Und dass Sie das genauso meinen, daran lassen Sie ja hier im Plenum und außerhalb dessen keinen Zweifel.

Und ich habe das schon im Wahlkampf gesagt und ich wiederhole es hier erneut: der Versuch, den Begriff des Clans direkt mit Gewaltkriminalität in eins zu setzen, das ist unredlich und ungehörig und ist, und das wissen Sie auch, nicht dazu geeignet, eine sachliche Debatte zu führen. Und ich fürchte, darum geht es auch nicht, sondern es geht Ihnen nach fast anderthalb Jahren der Leerstellen beim Thema Innere Sicherheit um Profilschärfung, kommunikative Kollateralschäden werden da schon mal locker eingepreist.

Man kann sich über den Begriff Clankriminalität streiten, ich finde ihn nicht glücklich, aber das geht mir mit manchem Begriff so, die wir in der Beschreibung von Kriminalität nutzen oder mit Statistiken zur Kriminalität und ich glaube, mit dem der Organisierten Kriminalität, mit kriminalitätsbelasteten Strukturen kommen wir tatsächlich weiter.

Aber nochmal, darum geht es hier offenkundig nicht und das haben auch verschiedene Einlassungen zur Polizeilichen Kriminalitätsstatistik gezeigt. Der simple Zusammenhang zwischen nicht-deutschen Straftätern auf der einen und restriktiver Migrationspolitik auf der anderen Seite, den ich aus der Union vernehme, zahlt ja auf das gleiche Konto ein. Und niemand geringeres und berufeneres als der Chef des Bundeskriminalamtes Holger Münch warnt vor dieser Vereinfachung und verweist, wie unsere Innenministerin auch, auf simple Mathematik.

Nochmals Holger Münch auf die Frage, ob Migration Deutschland unsicherer gemacht habe: „Diese Gleichung geht nicht auf.“ Vielmehr verweist Münch auf Integration und darauf, dass es keine Hinweise darauf gebe. Kurzum und zusammenfassend: Münch hält zwischen den einfachen Lösungen und innenpolitischen Dauerfloskeln die Fahne des Kontexts hoch.

Und genau den vermisse ich bei Ihrer aktuellen Stunde und der Art der Debatte, die Sie hier führen für ein Phänomen, das weniger als 1 Prozent der Kriminalitätsbelastung ausmacht.

Es sei mir hier auch der Hinweis erlaubt, dass Korrelation und Kausalität nun mal nicht automatisch in eins fallen und wenn wir einen starken Anstieg beim beschriebenen Feld der sogenannten Clankriminalität sehen, dann ist es gerade kein Nachweis dafür, dass unsere Sicherheitsbehörden und die Justiz nicht arbeiten, sondern im Gegenteil, dass eine konsequente Politik der 1.000 Nadelstiche und das Summieren im Feld dann eben gerade ein Nachweis sicherheitsbehördlicher Arbeit ist.

Und ich möchte auch darauf hinweisen, dass das Thema Organisierte Kriminalität, und da fallen zum Beispiel auch Rockerbanden drunter, ja wahrlich keines ist, das nun plötzlich unter einer rot-grünen Landesregierung aufgebrochen ist. Hier Untätigkeit zu unterstellen, das ist vor dem beschriebenen Hintergrund nicht nur unseriös, es ist überdies ein Misstrauensvotum gegen die niedersächsische Polizei und die niedersächsische Justiz, das ich entschieden zurückweisen möchte.

Kurzum, wir nehmen organisierte Kriminalitätsstrukturen ernst, wir haben sehr gutes polizeiliches Wissen darüber, wie wir damit umgehen, auch auf Seiten der Staatsanwaltschaften. Und wir können gern darüber diskutieren, wo wir auf Entwicklungen reagieren müssen, wie wir auch Integration, Teilhabe und generell Prävention weiter stärken. Aber ich verwahre mich entschieden dagegen, dass Sie Ihre innenpolitischen Leerstellen nachschärfen, indem Sie mit Alarmismus und unterschwelligem Ressentiments und Unsicherheitsgefühlen Politik machen.

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