Meta Janssen-Kucz: Rede zur Impf- und Teststrategie (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die Regierungserklärung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Althusmann und auch die Antworten auf unsere Dringliche Anfrage haben deutlich gemacht: Niedersachsen könnte längst viel weiter sein.

Andere Bundesländer haben vorgemacht, wie es geht. Doch statt sich ein Beispiel zu nehmen an den Ländern, in denen es gut läuft, geht die Niedersächsische Landesregierung stur ihren eigenen Stolperweg und versucht sich mit dem Prinzip Hoffnung.

Die Menschen in Niedersachsen erwartet ein Flickenteppich mit dem angekündigten Vierklang aus Impfen, Testen, Kontaktnachverfolgung und Öffnungen, der dann auch noch regional angepasst ist. Die Menschen haben heute mehr Fragen, als Sie Antworten haben.

Bereits Ende letzten Jahres war absehbar, dass die sog. britische Mutante dem Infektionsgeschehen eine neue Dynamik geben und damit die Lockerungspläne durcheinanderwirbeln wird.

Wir Grüne haben deshalb bereits vor Wochen auf eine landesweite Erfassung der Mutante durch das NLGA gedrängt. Doch bis heute kennen wir die genaue Verbreitung in Niedersachsen nicht. Unsere Strategie im Kampf gegen das Virus müssen wir deshalb auf Vermutungen bauen, anstatt auf Fakten Das kann doch nicht Ihr Anspruch sein!

Was wir nun brauchen, ist eine umfassende Teststrategie mit allen Testverfahren, die uns zur Verfügung stehen. Wir müssen Schnelltests deutlich stärker nutzen und auch Selbsttests einsetzen, und zwar überall dort, wo viele Menschen zusammenkommen – allen voran in Kitas und Schulen, das muss höchste Priorität haben.

Mindestens zweimal wöchentlich müssen dort sogenannte Clustertestungen durchgeführt werden, um auch asymptomatische Infektionen zu entdecken und eine Ausbreitung zu verhindern. Nur das schafft Sicherheit für alle Beteiligten!

Viele Lehrer*innen und Erzieher*innen fühlen sich auf der Arbeit schlecht geschützt, denn sie können Kontakte nicht immer vermeiden. Und weitere Schutzmaßnahmen, wie Lüfter oder Trennscheiben, hat die Landesregierung bisher nicht offensiv vorangetrieben und vor allem die Kommunen als Kita- und Schulträger damit alleine gelassen.

Warum aber gilt das geplante Testangebot in Schulen nur für Landesbedienstete? Was ist mit Sozialarbeiter*innen? Mit Schulbegleiter*innen? Den Bürokräften im Sekretariat?

Wieso diese Erbsenzählerei? Das Testangebot muss für alle gelten, die mit Kindern Kontakt haben! Nur das macht doch Sinn und vermittelt die nötige Sicherheit.

Und wieso lässt die Niedersächsische Landesregierung nicht wie andere Bundesländer flächendeckend Schnelltests und demnächst auch Selbsttests mit Kontrolle durch Dritte in den Schulen zum Einsatz kommen? Sie sehen doch, dass das bestehende Angebot kaum angenommen wird. Wenn wir alle hier vor dem Plenum erst noch zum Arzt gehen müssten, um uns testen zu lassen, würde das wohl auch kaum jemand machen. Aber die Testmöglichkeit hier im Hause nehmen fast alle an. So könnten Sie das auch an den Schulen machen.

Anrede,

ein Jahr leben wir in und mit der Corona-Pandemie. Jetzt kommt langsam Bewegung in die Sache. In Niedersachsen aber mahlt die Bürokratie noch langsamer als in anderen Bundesländern.

Anfang der Woche hat die Landesregierung 5 Mio. Schnelltests bestellt. Wenn man alle Schulkinder und Lehrkräfte zweimal wöchentlich testet, dürfte das gerade einmal 2-3 Wochen reichen – alle anderen Menschen, denen laut MPK-Beschluss bald ein Testangebot gemacht werden soll, noch nicht mit eingerechnet.

Dass wir mit Selbsttests Kontakte zumindest wieder in einem gewissen Rahmen sicher ermöglichen können, ist für viele Menschen eine große Erleichterung und auch Hoffnung auf ein kleines Stück Normalität in der Pandemie.

Klar muss aber auch sein, dass alle positiven Schnelltests direkt per PCR-Test bestätigt werden müssen. Hier gilt es, vorbereitet zu sein. Denn wer mehr testet, findet auch mehr. Er verhindert aber auch weitere Infektionsketten – und das muss doch das Ziel sein, um die Kontaktnachverfolgung perspektivisch zu entlasten. Die ganzen PCR-Tests, die in den nächsten Wochen dazu kommen, können aber nicht auch noch die Hausärzt*innen machen! Die sind ohnehin hochbelastet und sollen jetzt auch großflächig in die Impfkampagne einsteigen.

Anrede,

ich kann Ihnen dieses Thema leider nicht ersparen. Die Impfkampagne kommt aus dem Pleiten, Pech und Pannen-Modus nicht heraus und das ist fatal, gerade vor dem Hintergrund der ganzen Lockerungsdebatte.

Der verpatzte Wechsel in die Priorisierungsgruppe 2 und auch 3 mit AstraZenenca macht doch deutlich, dass endlich mehr passieren muss, als mit dem Finger auf die Kommunen und demnächst auf die Hausärzt*innen zu zeigen. Sie haben es geschafft, das Terminchaos der letzten Wochen noch zu toppen. Das ist bitter – vor allem für die Menschen, die dringend auf ihre Impfungen warten. Die Menschen, die unter schweren Vorerkrankungen leiden, die aktuell auf ihre Chemotherapie warten, oder die in Bereichen mit vielen engen Kontakten arbeiten.

Diese Menschen in der Gruppe 2 wissen bis heute nicht, wie sie an Termine kommen. Die Kommunen, die den Menschen gerne eine Impfung anbieten wollen, kommen aber nicht am Impfportal des Landes vorbei! Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Es bleibt also nur das Land – und da sehe ich noch keinen konkreten Plan, wie sie die Leute eigentlich erreichen wollen.

Ich kann auch Ihre immer neuen Begründungen nicht mehr hören, warum Niedersachsen bundesweit auf den letzten Plätzen liegt. Packen Sie endlich das Terminchaos an und hören Sie auf immer wieder der EU und dem Bund die Schuld in die Schuhe zu schieben. Fangen Sie endlich damit an, die Kommunen konstruktiv im Terminmanagement zu unterstützen und lassen Sie die Impfzentren nicht allein. Wir brauchen jetzt Tempo! Sorgen sie endlich für eine vernünftige Organisation auf allen Ebenen! Dafür sind Sie verantwortlich!

Anrede,

Niedersachsen hat viele offene Baustellen, aber die Landesregierung plant trotzdem weitere Lockungsschritte. Das ist gefährlich und wirkt fast wie ein Akt der Verzweiflung: wenn wir mit Einschränkungen nichts erreichen, versuchen wir es stattdessen mit Öffnungen.

Die immer wieder versprochene verlässliche Perspektive gibt es noch immer nicht. Familien in der Region Hannover, in Cloppenburg oder Vechta wissen noch immer nicht, wann ihre Kinder wieder in die Schule gehen können. Und Sie erwarten zu Recht, dass das Land sich darum kümmert, dass das so früh wie möglich passiert.

Wenn wir den Vierklang aus Impfen, Testen, Kontaktnachverfolgung und Öffnungen in Niedersachsen für die Bürger*innen umsetzen wollen, dann müssen Sie jetzt die Ärmel hochkrempeln und endlich anpacken.

Wir haben mit dem Entschließungsantrag einen Weg aufgezeigt, wie wir aus dem Krisenmodus herauskommen und mit dem Virus leben können. Konsequentes Testen und schnelles Impfen sind dafür die Schlüssel. Es ist jetzt an Ihnen, die entscheidenden Weichen zu stellen.

Frau Ministerin Behrens – ich hoffe Sie bringen den notwendigen Tatendrang und einen klaren Blick von außen mit – damit die Menschen in Niedersachsen endlich ein schnelles Impfangebot und eine umfassende Teststrategie bekommt. Und wir die rollende 3. Welle offensiv begegnen können, um die Menschen zu schützen, die Krankenhäuser und das Personal vor noch längerer Dauerbelastung und auch unsere Gesundheitsämter bei der Kontaktverfolgung entlastet werden!

Vielen Dank.

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