Lena Nzume: Rede zu "Logistik geht auch mit Guter Arbeit: Werkverträge und Nachunternehmerketten in der Paketbranche verbieten"

Rede TOP 22: Logistik geht auch mit Guter Arbeit: Werkverträge und Nachunternehmerketten in der Paketbranche verbieten

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
Sehr geehrte Menschen,

mit unserem Entschließungsantrag stärken wir die Rechte der Arbeitnehmer*innen in der Logistik-Branche.

Die langanhaltende Kritik an den menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Logistik-Branche hat 2019 zum sog. Paketboten-Schutz-Gesetz geführt. Dieses ist ein wichtiger Schritt, um in dieser Branche den Arbeitsschutz zu erhöhen und Rechte der Arbeitnehmer*innen zu stärken.

Dennoch: die Arbeitsbedingungen sind trotz neuem Gesetz für viele Menschen weiterhin schlecht. Das Gesetz bezieht sich nämlich nur auf diejenigen, die direkt bei einem Dienstleistungsunternehmen angestellt sind. Menschen, die in Subunternehmen oder als Solo-Selbstständige arbeiten, fallen durch das Raster.

 

Zur Zeit ist nur noch etwa ein Drittel (!) der Paketbot*innen direkt bei einem Dienstleister angestellt. In Niedersachsen geht es um etwa 50.000 Menschen, die in der Branche arbeiten. Mit drastischen Folgen:

  • keine tarifliche Absicherung,
  • fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall,
  • Verstöße beim Gesundheitsschutz (z.B. zu schwere Pakete) und
  • hoher psychischer Druck

Dies betrifft insbesondere Migrant*innen. Sie sind überproportional häufig in prekären Verhältnissen tätig und haben mit schwierigen Lebensbedingungen zu kämpfen. Es gibt zwei Bereiche, die durch niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen und prekäre Beschäftigungsbedingungen gekennzeichnet sind und in denen besonders viele Migrant*innen arbeiten: die Fleischindustrie und die Logistik-Branche.

Dass mit solchen Jobs Sprungbretter geschaffen würden, um Menschen in Beschäftigung zu bringen, ist ein Mythos. Die Menschen stecken in den prekären Bereichen fest. Erwerbsarbeit in prekären Verhältnissen führt zu gesellschaftlichem Ausschluss und Segregation, statt zu Integration! A-typische Beschäftigung unterschreiten unbefristete, geregelte und rechtlich abgesicherte Normalarbeitsverhältnisse. Und das in dreierlei Hinsicht: 1. durch schlechte Bezahlung, 2. durch befristete Verträge, die nicht an die Sozialversicherung gebunden sind und 3. weil die feste Einbindung in einen Kollegenkreis fehlt.

Zugleich werden rassialisierende Unterscheidungspraktiken vorgenommen: ‚Migrationsandere‘ sind in besonderer Weise gefordert, Leistungs- und Anpassungsbereitschaft zu zeigen. Ihnen wird oftmals eine Bringschuld zugewiesen, um darüber ihre ‚Nützlichkeit‘ und Daseinsberechtigung in der ‚aufnehmenden Gesellschaft‘ unter Beweis zu stellen. Das setzt die Menschen nochmal unter Druck unter widrigsten Bedingungen zu arbeiten.

Jede 6. Person in Niedersachsen lebt in Armut und jede 5. Person arbeitet in prekären Verhältnissen. Wie gesagt: Der Anteil der migrantisierten Menschen ist überproportional hoch.

Liebe Kolleg:innen, es geht um Gerechtigkeitsfragen. Um gute Arbeit für alle! Deswegen wollen wir von Niedersachsen aus eine Initiative im Bundesrat starten. Wie in der Fleischindustrie fordern wir das Verbot von Werkverträgen und Subunternehmer-Ketten! Dienstleister in der Branche müssen ihre Mitarbeitenden selbst und direkt anstellen. Das führt zu höheren Löhnen, besseren Arbeitsbedingungen und mehr Gerechtigkeit in der Branche.

Mit unserem Entschließungsantrag wollen wir den begonnenen Umbruch weiterführen. Wir wollen mehr Arbeitsrechte für diejenigen verankern, die so oft unsichtbar und unbeachtet sind! Außerdem werden Nachteile für Unternehmen, die eigene Zusteller*innen beschäftigen, abgebaut und damit die Grundlagen für einen fairen Wettbewerb geschaffen.

Natürlich werden dadurch für die Unternehmen die Kosten steigen. Tatsächlich sind die Kosten heute extrem niedrig. Faire Arbeitsbedingungen sollten uns ein paar Cent wert sein. Denn um solche Beträge wird es am Ende gehen!

Unser Antrag zielt deshalb auf drei Dinge ab:

  1. Eine Nachbesserung des Paketbotenschutz-Gesetzes
  2. Ein Verbot von Werkverträgen und Nachunternehmerketten
  3. Einen besseren Gesundheitsschutz durch eine Gewichtsbegrenzung von Paketsendungen im Ein-Personen-Handling auf 20kg

Stabile Arbeitsverhältnisse und verbesserter Gesundheitsschutz führen zu besseren Lebensumständen, zu mehr sozialer Gerechtigkeit und zur Erhöhung von gesellschaftlicher Teilhabe.

Abschließend möchte ich noch folgendes ergänzen:

Gesetze schützen die Beschäftigten nur, wenn sie wirksam kontrolliert werden. Deshalb setzen wir uns auch dafür ein, das Personal bei der Gewerbeaufsicht des Landes aufzustocken, um insbesondere die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in der Paketbranche verstärkt zu prüfen.

Zurück zum Pressearchiv