Imke Byl: Rede zum Vorsorgeprinzip in der niedersächsischen Abwasserreinigung

TOP 28: Das Vorsorgeprinzip in der niedersächsischen Abwasserreinigung zukunftsorientiert weiterentwickeln

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

an sich ist es ja sehr erfreulich, dass SPD und CDU gerade ihr Interesse für die Umweltpolitik entdecken. In der zweiten Landtagssitzung in Folge wird uns hier ein neuer Wasserantrag präsentiert. Auffällig ist allerdings, dass diese gesteigerte Aktivität mit den nahenden Wahlterminen zusammenfällt.

Ich muss daher unsere Forderung wiederholen: Sehr geehrte Kolleg*innen der Regierungsfraktionen, bitte füllen Sie Ihre Anträge mit Substanz!

Es liegen 4 Jahre rot-schwarze Regierungsarbeit und 3 Dürresommer hinter uns. Im Ergebnis präsentieren Sie uns hier lediglich einen doppelten Prüfauftrag ohne jede Aussage zur Finanzierung.

Mit der vierten Reinigungsstufe und der Verregnung von aufbereitetem Wasser werden zwei wichtige Zukunftsherausforderungen in einen Topf geworfen. Einer belastbaren Lösung bringt uns das nicht näher. Für beide Themen hat es die Landesregierung bislang versäumt, die nötigen, konzeptionellen Grundlagen zu schaffen.

Die vierte Reinigungsstufe – die Abwasserverbände und die Kommunen stehen zahlreich bereits in den Startlöchern. Doch alle dafür nötigen Richtungsentscheidungen haben Sie bislang gekonnt ignoriert.

  • Soll die vierte Reinigungsstufe vor allen bei Klärwerken mit besonders belastetem Abwasser nachgerüstet werden? Also Kläranlagen hinter Krankenhäusern, Hühnermastanlagen, usw.
  • Oder soll mengenmäßig möglichst viel Abwasser flächendeckend behandelt werden, also Kläranlagen an den großen Standorten wie Hannover, Osnabrück, Oldenburg, Göttingen, Braunschweig usw. nachgerüstet werden?
  • Oder wollen Sie besonders empfindliche Gewässer schützen und daher dortige Kläranlagen nachrüsten?

Was genau soll als vierte Reinigungsstufe umgesetzt werden? Ozonbehandlung, Aktivkohlefilterung, UV-Strahlung, Membranfilterung? Je nach Methode und konkreter Umsetzung unterscheiden sich sowohl die Kosten als auch die Wirkung deutlich.
„Offene Fragen auch bei der Finanzierung:

  1. Welche Kommunen sollen nach welchen Kriterien gefördert werden? In Ihrem Antrag steht wirklich nichts Konkretes zur Finanzierung, das ist schon bemerkenswert.
  2. Wer zahlt das alles überhaupt am Ende?

Die Aufrüstung von Kläranlagen mit der vierten Reinigungsstufe verursacht hohe Kosten und einen hohen Aufwand. Es ist eine end-of-pipe-Lösung, setzt also an, nachdem der Schaden, die Wasserverunreinigung, bereits passiert ist. Aktuell würden die Bürger*innen diese teure Nachrüstung bezahlen, und zwar über die Abwassergebühr. Das steht völlig im Widerspruch zum Verursacherprinzip. Weshalb soll ich als Bürgerin dafür zahlen, wenn beispielsweise eine Firma durch unsachgemäße Betriebsabläufe das Abwasser mit Mikroplastik verunreinigt? Dafür gibt es übrigens weiterhin keinerlei Grenzwerte, ist also völlig legal!

Jede Kläranlage im Land mit der vierten Reinigungsstufe auszustatten, ist nur schwer finanzierbar. So oder so müssen endlich die Quellen der Verunreinigungen angegangen werden!

Das heißt:

Die sorgfältige und auf das Notwendigste beschränkte Nutzung von Antibiotika, auch zur Vorbeugung gegen multiresistente Keime.

Den Eintrag von Mikroplastik zu reduzieren. Hier fordern wir Grüne ein Verbot der Zugabe von Mikroplastik in Kosmetika und Reinigungsmitteln. Auch der Hauptemittent von Mikroplastik, der Reifenabrieb, muss verringert werden. Her mit der Mobilitätswende! Auch die GroKo muss endlich die Alternativen zum Autoverkehr stärken.

Außerdem muss der Pestizideinsatz gesenkt werden. Das ist nicht nur für unser Abwasser wichtig, sondern generell gut für unsere Umwelt und den Menschen.

Und nicht zuletzt kommt es auch darauf an, den Einsatz giftiger Chemikalien in der Industrie drastisch zu minimieren.

Sehr geehrte Kolleg*innen von SPD und CDU,

Ihre Regierungszeit endet in einem guten Jahr. Die Zeit für Prüfaufträge ist definitiv abgelaufen. Wir brauchen endliche klare Handlungsrahmen, um sorgsam mit dem Lebensmittel Wasser umzugehen und unsere Bäche und Flüsse sauberer zu machen. Es ist höchste Zeit, zu handeln!

 

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