Imke Byl: Rede zum Klimaschutzgesetz (Gesetzentwurf GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ich bin in die Politik gegangen, weil ich nicht länger zusehen konnte. Ich bin in die Politik gegangen, weil ich etwas gegen die Klimakrise tun wollte. Wir sind ein Landesparlament, und wir haben viele Möglichkeiten. Jede einzelne davon müssen wir ausschöpfen. Und genau deshalb legen wir hier ein Klimagesetz für Niedersachsen vor.

Wir legen vor, und zwar klar, umfassend und konkret. Dazu haben wir unseren alten rot-grünen Gesetzesentwurf aus der letzten Legislatur zurückgezogen. Denn das, was vor zwei Jahren oder vier Jahren noch Stand der Dinge war, ist es jetzt nicht mehr. In den letzten Jahren sind wir durch das Nichthandeln der GroKo immer weiter von unseren Klimazielen abgekommen. Wir haben verdammt viele Klimaschulden gemacht. Und genau die müssen wir jetzt aufholen.

Wir können als Bundesland nicht im Alleingang für die Bundesregierung den überfälligen Kohleausstieg durchziehen. Wir können als Bundesland alleine auch nicht die nötige CO2-Steuer beschließen. Was wir aber können, ist die Wärmewende einleiten. Die Wind- und Solarenergie deutlich ausbauen. Die Landwirtschaft klimagerecht gestalten. Unsere Moore wiedervernässen. Unsere Wälder schützen und aufforsten.  Dem Fuß- und Radverkehr Platz geben, den ÖPNV und Schienenverkehr stärken. Das sind Maßnahmen, die konkret auf Landesebene machbar sind.

Denn, liebe GroKo, es reicht nicht, immer mit dem Finger nach Berlin zu zeigen. Wir nehmen mit unserem Klimagesetz alle Sektoren in den Blick, um bis 2040 in Niedersachsen klimaneutral zu werden. Wir formulieren klare Maßnahmen und Ziele, die dem Klimavertrag von Paris Rechnung tragen. Wir nutzen den Spielraum aus, den das Land hat. Und genau das müssen Sie auch tun, wenn Sie Ihrer Verantwortung gerecht werden wollen.

Wir kennen die Vorwürfe: „Klimahysterie“, „das geht doch zu weit mit dem Klimaschutz“, „Verlust von Arbeitsplätzen“.

Da sage ich nur: Fünfundreißigtausend! 35.000 Arbeitsplätze sind in den vergangenen beiden Jahren in der Windenergie verloren gegangen. In der Solarenergie sind es bereits 80.000 Arbeitsplätze, die durch eine fatale Energiepolitik auf dem Rücken der zukünftigen Generationen zerstört worden sind.

Klimaschutz und Energiewende bieten riesige Chancen, wenn man sie denn ergreift. Ein richtiges Klimagesetz ist auch immer Wirtschafts- und Konjunkturprogramm, Auftrieb fürs Handwerk. Irgendwer muss doch die Häuser dämmen, Ölheizungen gegen Wärmepumpen austauschen, die klimaneutralen Busse und Züge fahren, die Moore verwässern, den Wald umbauen. So bringen wir Niedersachsen nach vorne.

Sehr geehrter Wirtschaftsminister Althusmann, sehr geehrter Ministerpräsident Weil,

Klimaschutz schafft viele zukunftsfeste Arbeitsplätze. Man muss es nur wollen.

Für die richtigen Weichenstellungen braucht es natürlich auch Geld. Jeder Euro, den wir jetzt in den Klimaschutz investieren, spart uns in den nächsten Jahrzehnten ein Vielfaches. Wir sagen: 1 Milliarde für den Anfang. Damit können Förderprogramme angeschoben werden, damit sind wir arbeitsfähig. Das reicht auf Dauer selbstverständlich nicht. Aber es ist ein tragfähiger Anfang.

Sehr geehrter Ministerpräsident,

ich wende mich hierbei direkt an Sie: die Haushaltsüberschüsse, die das Land voraussichtlich auch dieses Jahr generiert, müssen in den Klimaschutz fließen. Gerade bei dem aktuellen Zinsniveau. Für meine Generation, für Ihre Kinder und Enkelkinder. 

Anrede,

der Klimaschutz muss auch in die Verfassung. Aber bitte nicht als Placebo-Effekt, mit bloßen warmen Worten, ohne konkrete Wirkung auf kommende und aktuelle Gesetze. Wenn ich so in die Verfassung schaue – weder hat Artikel 1 Absatz 2, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen das Bienensterben verhindert noch der Tierschutz, Artikel 6b, die Massentierhaltung beendet.

Angemessen und nötig ist stattdessen ein Klimavorrang. Ein Mechanismus in der Verfassung, der sicherstellt, dass nur Gesetze und Verordnungen erlassen werden können, die dem Klimaschutz und damit der Rettung unserer gemeinsamen Lebensgrundlagen nicht entgegenstehen.

Ja, das ist ein Novum. Das stellt die Sache auf den Kopf. Und genau deshalb ist es richtig. Denn wir müssen die Sache endlich auf den Kopf stellen und dafür sorgen, dass unsere Lebensgrundlagen die Basis jeder politischen Entscheidung werden.

Zwei Jahre haben wir nun auf das versprochene Klimagesetz der GroKo gewartet. Zwei Jahre, das ist verdammt viel Zeit, wenn man sich überlegt, an welchem Punkt der Klimakrise wir stehen. Während das Eis an den Polkappen schmilzt, während wir die nächsten Temperaturrekorde auch in Niedersachsen erleben, während unsere Wälder leiden, haben Sie getrödelt, verzögert, gestritten. Herausgekommen ist am Ende nur ein laues Lüftchen.

Der bekannt gewordene Regierungs- oder Fraktionsentwurf, das wissen Sie am besten, trägt den aktuellen Herausforderungen in keinster Weise Rechnung. Kein Wort zum bedeutenden Gebäudesektor, zur Wärmewende, die Landwirtschaft, die klammern Sie einfach aus, der Mobilitätssektor bekommt bloß ein paar nette Worte.

Liefern Sie, liefern Sie nach. Wir haben hier konkret und umfassend vorgelegt. Das erwarten die Menschen auch von Ihnen.
Denn Nichtstun und Wegschauen heißt beim Klimaschutz nichts anderes, als radikal gegen die Wand zu fahren.
Ich stehe hier auch für meine Generation.
Legen Sie echte Klimaschutzmaßnahmen vor und geben Sie dem Klimaschutz endlich die Priorität, die er verdient.
Ich fordere Sie auf: Handeln Sie endlich!

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