Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (Regelungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden)

(Wir empfehlen aus Gründen der Lesbarkeit die PDF-Fassung dieses Gesetzentwurfes)

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:

Gesetz

zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes

Artikel 1

Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz vom 17. Dezember 2010 (Nds. GVBl. S. 576), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Oktober 2019 (Nds. GVBl. S. 309), wird wie folgt geändert:

1. § 31 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

             Satz 4 wird gestrichen.

             Der bisherige Satz 5 wird Satz 4.

2. § 32 erhält folgende Fassung:

㤠32

Bürgerbegehren

(1) 1Die Bürgerinnen und Bürger können beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle der Vertretung über eine Angelegenheit der Kommune selbst entscheiden (Bürgerentscheid). 2Die Vertretung kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder beschließen, dass über eine Angelegenheit der Kommune ein Bürgerentscheid stattfindet. 3Absatz 2 sowie Absatz 3 Sätze 1 und 2 gelten entsprechend.

(2) 1Gegenstand eines Bürgerbegehrens können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune und Gebietsreformen sein. 2Unzulässig ist ein Bürgerbegehren über

  1. die innere Organisation der Kommunalverwaltung,
  2. die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Vertretung, des Hauptausschusses, der Stadtbezirksräte, der Ortsräte und der Ausschüsse sowie der Beschäftigten der Kommune,
  3. die Haushaltssatzung, einschließlich der Haushalts- und Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, sowie über die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,
  4. den Jahresabschluss der Kommune und die Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
  5. Angelegenheiten, die im Rahmen eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu entscheiden sind,
  6. Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten sowie
  7. Angelegenheiten, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen oder sittenwidrig sind.

(3) 1Das Bürgerbegehren muss die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann. 2Das Bürgerbegehren muss eine Begründung enthalten. 3Im Bürgerbegehren sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten. 4Das Bürgerbegehren ist der Kommune in schriftlicher Form anzuzeigen. 5Wenn in der Anzeige beantragt wird, zu entscheiden, ob die Voraussetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 und Absatz 2 vorliegen, hat die Vertretung diese Entscheidung unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Monaten, zu treffen. 6Für die Zeit bis zu der Entscheidung gilt Absatz 7 entsprechend. 7Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte berät die Bürgerinnen und Bürger, die ein Bürgerbegehren einreichen wollen, auf Verlangen in rechtlichen Fragen des Bürgerbegehrens; Kosten werden nicht erhoben.

(4) 1Das Bürgerbegehren muss in Kommunen

  • mit bis zu 10.000 Einwohnern von mindestens 10 Prozent,
  • mit bis zu 20.000 Einwohnern von mindestens 9 Prozent,
  • mit bis zu 30.000 Einwohnern von mindestens 8 Prozent,
  • mit bis zu 50.000 Einwohnern von mindestens 7 Prozent,
  • mit bis zu 100.000 Einwohnern von mindestens 6 Prozent,
  • mit bis zu 500.000 Einwohnern von mindestens 5 Prozent,
  • mit mehr als 500.000 Einwohnern von mindestens 3 Prozent

der nach § 48 in der Kommune wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner unterzeichnet sein. 2Maßgeblich ist die bei der letzten Kommunalwahl festgestellte Zahl der Wahlberechtigten. 3§ 31 Abs. 3 gilt entsprechend.

(5) 1Das Bürgerbegehren ist mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften innerhalb von sechs Monaten bei der Kommune in schriftlicher Form einzureichen. 2Den Beginn der Frist setzt die Vertretung im Einvernehmen mit den Vertretungsberechtigten nach Absatz 3 Satz 3 fest. 3Die Frist beginnt spätestens acht Wochen nach der Bekanntmachung des zulässigen Bürgerbegehrens 4Die elektronische Form ist unzulässig. 5Wurde eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 beantragt, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe der Entscheidung, dass die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 Sätze 1 bis 3 vorliegen.

(6) 1Die Vertretung entscheidet unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Monaten, über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. 2Gegen die Entscheidung können die Vertretungsberechtigten nach Absatz 3 Satz 3 Klage erheben. 3Für die Zeit bis zu der Entscheidung der Vertretung über die Zulässigkeit gilt Absatz 7 entsprechend. 4Liegt bereits eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 vor, so entscheidet sie lediglich darüber, ob die Voraussetzungen der Absätze 4 und 5 vorliegen. 5Ist das Bürgerbegehren zulässig, so ist innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid herbeizuführen. 6Die Frist kann im Einvernehmen mit den Vertretungsberechtigten nach Absatz 3 Satz 3 auf sechs Monate verlängert werden. 7Die Kommune macht das zulässige Bürgerbegehren mit dessen vollständigem Wortlaut vor Beginn der Frist nach Absatz 5 Satz 1 ortsüblich bekannt. 8Wurde eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 beantragt, so erfolgt die Bekanntmachung, sobald die Vertretung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen nach Absatz 3 Sätze 1 bis 3 und Absatz 2 vorliegen. 9Die Vertretung kann den Bürgerentscheid abwenden, indem sie zuvor vollständig oder im Wesentlichen im Sinne des Bürgerbegehrens entscheidet.

(7) Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, so darf bis zu dem Tag, an dem der Bürgerentscheid stattfindet, eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung nicht mehr getroffen und mit dem Vollzug einer solchen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, dass die Kommune hierzu gesetzlich verpflichtet ist.“

3. § 33 erhält folgende Fassung:

㤠33

Bürgerentscheid

(1) 1Der Bürgerentscheid findet an einem Sonntag in der Zeit von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr statt. 2Der Termin ist möglichst mit anderen zeitnah stattfindenden Wahlen zusammenzulegen.

(1a) 1Ist in einer Ortschaft ein Ortsrat oder in einem Stadtbezirk ein Stadtbezirksrat gebildet worden, so kann über Angelegenheiten, die diesem Ortsrat oder Stadtbezirksrat zur Entscheidung übertragen sind, auch innerhalb der Ortschaft oder des Stadtbezirks ein Bürgerentscheid stattfinden. 2Stimmberechtigt ist jede und jeder in der Ortschaft oder dem Stadtbezirk wohnhafte Bürgerin und Bürger. 3Das Bürgerbegehren ist beim Ortsrat oder beim Stadtbezirksrat zur Weiterleitung an den Gemeinderat oder den Stadtrat einzureichen. 4Die Vorschriften der §§ 32 und 33 finden entsprechend Anwendung.

(2) 1Die Abstimmungsberechtigten sind rechtzeitig vor dem Bürgerentscheid schriftlich zu benachrichtigen. 2Die Kommune muss den Bürgerinnen und Bürgern die Standpunkte und Begründungen der Vertretung oder des zuständigen Ausschusses und der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens nach § 32 Absatz 3 Satz 3 in gleichem Umfange schriftlich darlegen. 3Die in der Vertretung und die von den Vertretungsberechtigten nach § 32 Absatz 3 Satz 3 vertretenen Auffassungen zum Gegenstand des Bürgerentscheids dürfen in Veröffentlichungen und Veranstaltungen der Kommune nur in gleichem Umfang dargestellt werden. 4Mit der Abstimmungsbenachrichtigung wird den Stimmberechtigten eine Information zugestellt, in der der Abstimmungsgegenstand sowie die Standpunkte und Begründungen der Vertretung und der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens in gleichem Umfang dargelegt sind. 5Zur Information der Bürgerinnen und Bürger werden von der Kommune den Beteiligten die gleichen Möglichkeiten wie bei Kommunalwahlen eröffnet. 6Die Abstimmung in Briefform ist zu ermöglichen. 7Die Abstimmung soll in den Räumen stattfinden, die bei der letzten Kommunalwahl als Wahlräume bestimmt worden sind.

(3) 1Bei dem Bürgerentscheid darf nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. 2Die Abstimmenden geben ihre Entscheidung durch ein Kreuz oder in sonstiger Weise zweifelsfrei auf dem Stimmzettel zu erkennen. 3Der Bürgerentscheid ist verbindlich, wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen auf Ja lautet. 4Bei Stimmengleichheit ist das Bürgerbegehren abgelehnt. 5Sollen an einem Tag mehrere Bürgerentscheide stattfinden, hat die Vertretung eine Stichfrage für den Fall zu beschließen, dass die gleichzeitig zur Abstimmung gestellten Fragen in einer miteinander nicht zu vereinbarenden Weise beantwortet werden (Stichentscheid). 6Es gilt dann diejenige Entscheidung, für die sich im Stichentscheid die Mehrheit der gültigen Stimmen ausspricht. 7Bei Stimmengleichheit im Stichentscheid gilt der Bürgerentscheid, dessen Frage mit der höchsten Stimmenzahl mehrheitlich beantwortet worden ist.

(4) 1Ein verbindlicher Bürgerentscheid steht einem Beschluss der Vertretung gleich. 2Vor Ablauf von zwei Jahren kann der Bürgerentscheid nur auf Veranlassung der Vertretung durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert oder aufgehoben werden.“

(5) 1Personenbezogene Daten, die auf der Grundlage der in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid erhoben werden, dürfen nur für die Durchführung des jeweiligen Bürgerbegehrens oder Bürgerentscheids verarbeitet werden. Werden sie für das Verfahren nicht mehr benötigt, sind sie unverzüglich zu vernichten. 2Wer entgegen Satz 1 personenbezogene Daten verarbeitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

4. Es wird ein neuer § 33a eingefügt.

㤠33a

Mitteilung von Einzelspenden

(1) Geldspenden an die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens nach § 32 Absatz 3 Satz 3, die in ihrem Gesamtwert die Höhe von 5 000 Euro übersteigen, sind der Kommune unter Angabe des Namens und der Anschrift der Spenderin oder des Spenders und der Gesamthöhe der Spenden unverzüglich anzuzeigen.

(2) Die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens nach § 32 Absatz 3 Satz 3 versichern mit dem Antrag auf ein Bürgerbegehren nach § 32 Absatz 1 sowie 15 Tage vor dem Abstimmungstermin eines Bürgerentscheids an Eides statt, dass der Anzeigepflicht vollständig und richtig nachgekommen worden ist.

(3) Die Kommune veröffentlicht die Angaben nach Absatz 1 mit Ausnahme der Anschrift der Spenderin oder des Spenders fortlaufend in geeigneter Form, insbesondere im Amtsblatt und im Internet.“

5. Es wird ein neuer § 33b eingefügt.

㤠33b

Spendenverbot

Die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens nach § 32 Absatz 3 Satz 3 dürfen keine Geldspenden annehmen von

1.     Parlamentsfraktionen und -gruppen sowie von Fraktionen und Gruppen der Vertretung,

2.     Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden, sofern die direkte Beteiligung der öffentlichen Hand 25 Prozent übersteigt.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass, Ziele und Schwerpunkte des Gesetzes

Laut dem „Bericht Bürgerbegehren 2020“ von MEHR DEMOKRATIE e.V., dem Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Bergischen Universität Wuppertal und der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie an der Philipps-Universität Marburg gab es in Niedersachsen von 1956 bis 2019 376 Bürgerbegehren und 114 Bürgerentscheide. Bundesweit gab es im gleichen Zeitraum 6.737 Bürgerbegehren und 4.107 Bürgerentscheide. In Bayern, dem Land mit dem höchsten Anteil fanden 2.574 Bürgerbegehren und 1.963 Bürgerentscheide statt. Bei den entsprechenden Zahlen für das Jahr 2019 steht Niedersachsen im Bundesvergleich schon etwas besser da, aber immer noch weit hinter Bayern, das ein Vielfaches an Bürgerbegehren und –entscheiden aufweist.

42,2 Prozent der niedersächsischen Bürgerbegehren waren unzulässig. Dieser Prozentsatz ist der bundesweit dritthöchste. Den niedrigsten Anteil an unzulässigen Bürgerbegehren hat Bayern mit 17,5 Prozent. Sechs Bundesländer (Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen und Brandenburg) verzeichnen Werte von mehr als 40 Prozent. Die Verfasser*innen des Berichts führen das auf die zu strikten gesetzlichen Regelungen zurück. Die meisten Begehren wurden wegen Fristüberschreitung/zu wenigen Unterschriften (20,4 Prozent) oder wegen des Ausschlusses von Themen (17,9 Prozent) für unzulässig erklärt. Die Verfasser*innen des Berichts kommen zu dem Schluss: „Je bürgerfreundlicher das Verfahren geregelt ist, desto niedriger die Unzulässigkeitsquote.“

Mit diesem Gesetzentwurf soll diese Kritik aufgegriffen werden. Die niedersächsischen Regelungen sollen im Interesse der Förderung der direkten Demokratie an die Standards derjenigen Bundesländer mit einem höheren Anteil direktdemokratischer Verfahren auf kommunaler Ebene angeglichen werden.

Zwar wurde die gesetzliche Grundlage in den Jahren 2001, 2005, 2009, 2010 und 2016 jeweils in geringem Ausmaße verändert, doch waren diese Schritte jeweils zu zaghaft, um eine deutliche Wirkung entfalten zu können. Die Reformschritte in anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Thüringen und Schleswig-Holstein waren deutlich größer. Zudem haben sich die Mittel und Begleitumstände geändert, so dass es vielfältigen Änderungsbedarf gibt.

In diesem Gesetzentwurf soll zunächst beim Einwohnerantrag ein Erfordernis gestrichen werden, das beim Bürgerbegehren bereits abgeschafft wurde. Der Kostendeckungsvorschlag ist beim Einwohnerantrag ebenso verfehlt wie dort und wird als unnötige Hürde angesehen.

Im Wesentlichen befasst sich der Gesetzentwurf jedoch mit den Regelungen zum Bürgerbegehren (§ 32 NKomVG) und zum Bürgerentscheid (§ 33 NKomVG). Hier werden zahlreiche Ansatzpunkte identifiziert, die angegangen werden sollen, um die Anforderungen an die Zulässigkeit solcher Verfahren zu senken, das Verfahren transparenter und für die häufig beteiligten Laien hinsichtlich politischer Abläufe verständlicher zu gestalten und zusätzliche politische Ebenen wie die Ortschaften und Stadtbezirke für Bürgerbegehren und –entscheide aber auch neue Themenkreise zu erschließen. Eine gewichtige Rolle spielen auch die Aspekte Fairness und Neutralität der Verwaltung sowie der Datenschutz.

II. Finanzielle Auswirkungen, Kosten

Die durch dieses Gesetz vorgesehenen Änderungen des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes haben keine oder jedenfalls keine bezifferbaren finanziellen bzw. haushaltsmäßigen Auswirkungen, soweit nicht nachfolgend etwas Anderes vermerkt ist oder ein gesonderter Hinweis erfolgt.

Durch die hier vorgesehenen Maßnahmen zur Förderung direktdemokratischer Verfahren und der damit beabsichtigten Zunahme solcher Verfahren entsteht den Kommunen ein geringfügiger Verwaltungsmehraufwand in nicht bezifferbarer Höhe. Die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des Artikels 57 der Niedersächsischen Verfassung wird nicht erreicht.

Einsparungen in ebenfalls geringfügigem Umfang können durch die in § 33 Absatz 1 Satz 2 vorgesehene Zusammenlegung des Termins für den Bürgerentscheid mit anderen zeitnah stattfindenden Wahlen erzielt werden.

B. Besonderer Teil

Zu 1.:

§ 31 Absatz 2: Abschaffung des Kostendeckungsvorschlags beim Einwohnerantrag

Zurzeit soll ein Einwohnerantrag in Niedersachsen einen Vorschlag enthalten, wie Kosten oder Einnahmeausfälle zu decken sind, die mit der Erfüllung des Begehrens entstehen würden.

Obwohl das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seiner Rechtsprechung zum Bürgerbegehren klargestellt hat, dass die Anforderungen an einen dort bis zum Jahr 2016 ebenfalls erforderlichen Kostendeckungsvorschlag nicht überspannt werden dürfen, weil die Initiatoren eines Bürgerbegehrens nicht über behördliches Fachwissen verfügen, lag in Niedersachsen hier die Hauptursache für das Scheitern von Bürgerbegehren. Ähnliche Maßstäbe dürften auch hinsichtlich des Einwohnerantrags anzulegen sein, und ebenso hinderlich ist das beim Einwohnerantrag bisher noch bestehende Erfordernis des Kostendeckungsvorschlags. Denn obwohl es sich „nur“ um eine Soll-Bestimmung handelt, ist diese dazu geeignet, von der Stellung eines Einwohnerantrags abzuschrecken, insbesondere, wenn sich die engagierten Bürgerinnen und Bürger nicht über die genaue Bedeutung einer Soll-Bestimmung im Klaren sind. Dem juristischen Laien kann durchaus entgangen sein, dass es sich dabei nicht um eine absolute Bedingung handelt.

Auf den Kostendeckungsvorschlag für einen Einwohnerantrag soll somit zukünftig verzichtet werden. Der Kostendeckungsvorschlag soll offenlegen, welche Kosten durch die begehrte Maßnahme für die Kommune entstehen. Langjährige Erfahrungen mit Instrumenten direkter Demokratie ohne Kostendeckungsvorschlag in anderen Bundesländern zeigen allerdings, dass die Bürgerinnen und Bürger die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Kommune auch dann im Blick haben, wenn kein förmlicher Deckungsvorschlag gefordert wird. Es ist somit nicht zu erwarten, dass mit dem Verzicht auf einen förmlichen Kostendeckungsvorschlag die Kostenfrage in der Diskussion über das begehrte Vorhaben seine Bedeutung verliert.

 Zu 2.:

§ 32 Absatz 1 Satz 2: Durch die Vertretung initiierter Bürgerentscheid

Bisher kann die Vertretung, nur dann einen Bürgerentscheid beschließen, wenn sie das Ergebnis eines Bürgerentscheides binnen zwei Jahren (Bindungswirkung) ändern will. Die Vertretung sollte aber grundsätzlich die Möglichkeit erhalten, selbst einen Bürgerentscheid zu beschließen. Das ermöglicht der Vertretung, Konkurrenzvorlagen mit zur Abstimmung zu stellen, falls es zu einem Bürgerentscheid kommt. Dies bietet sich für Fälle an, in denen die Vertretung eine wichtige bzw. kontrovers gebliebene Frage verbindlich nur unter Einbezug der Bürgerinnen und Bürger treffen möchte. Zudem wird so die Möglichkeit geschaffen, dass die Vertretung nach einem unzulässigen Bürgerbegehren von sich aus eine Abstimmung durchführen lässt, um dieses Instrument dennoch zum Zuge kommen zu lassen.

§ 32 Absatz 2 Satz 1: Themenkreiserweiterung

Die bisherige Formulierung schränkt den Themenkreis ein. Mit der neuen Formulierung wird klar, dass Bürgerbegehren auch zu privatrechtlich organisierten aber durch die Kommune kontrollierten Einrichtungen zulässig sind. Zwar ist eine solche Befassung nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg bereits jetzt zulässig, aber diese gesetzliche Klarstellung verdeutlicht die Rechtslage nun.

Es wird nun zudem ausdrücklich klargestellt, dass Bürgerentscheide zu Gebietsreformen zulässig sind. Diesbezüglich war die Rechtslage bisher nicht eindeutig, da letztlich der Landtag das entsprechende Gesetz zu der Gebietsreform beschließt.

§ 32 Absatz 2 Satz 2: Themenausschluss

In immer mehr Ländern sind Bürgerbegehren zur Bauleitplanung ganz oder teilweise zulässig. Nur noch sechs Länder – Niedersachsen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt – verweigern ihren Bürgerinnen und Bürgern die direkte Mitentscheidung bei diesen zentralen kommunalpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Regeln für Bürgerbegehren in Niedersachsen enthalten einen weitgehenden Themenausschluss, der bestimmte kommunalpolitische Themen dem Zugriff der Bürgerinnen und Bürger entzieht. Besonders schwer wiegt dies im Fall des § 32, Absatz 2 Nrn. 5 und 6. Dies betrifft Planungsverfahren mit förmlichen Verwaltungsverfahren, Planfeststellungsverfahren sowie Flächennutzungs- und Bebauungspläne.

Vor allem der Themenausschluss „Bebauungspläne“ führt regelmäßig dazu, dass Bürgerbegehren schon im Vorfeld verhindert werden. Die Vielzahl der Bürgerbegehren z.B. in Bayern ist vor allem auf den deutlich reduzierten Themenausschluss dort zurückzuführen.

Die Stadtstaaten sowie Bayern, Sachsen und Thüringen verzichten auf diesen Themenausschluss komplett. In den meisten Bundesländern ist der Themenkatalog weiter geöffnet als in Niedersachsen. Niedersachsen soll nun diesem Beispiel folgen, denn rechtliche Bedenken gegen eine Streichung dieses Themenausschlusses bestehen nicht.

Die bisherige Begründung für den Ausschluss von Planungsfragen, dass bei den Planungsverfahren bereits eine Bürgerbeteiligung möglich sei, ist nicht tragfähig, weil diese Bürgerbeteiligung vor allem Detailfragen („Wie“) behandelt, während es beim Bürgerbegehren um das „Ob“ geht. Beide Verfahren können sich gut ergänzen.

Eine Öffnung des Themenkataloges kommt auch nicht mit den Bestimmungen des BauGB in Konflikt, weil dieses auch ohne Themenausschluss zu beachten wäre: Ein Bürgerbegehren, das hiermit in Konflikt käme, wäre unzulässig, weil es gegen bestehendes Recht verstieße. Erfahrungen hierzu gibt es vor allem in Bayern, wo dies seit über zwanzig Jahren Praxis ist. Begründungen, die auf niedersächsische Verwaltungsgerichtsurteile verweisen, um darzulegen, warum eine Öffnung des Themenkataloges nicht möglich ist, sind nicht belastbar. Denn diese Urteile behandeln immer ein konkretes Bürgerbegehren, welches aufgrund der geltenden Rechtslage für unzulässig erklärt wurde.

§ 32 Absatz 4: Senkung der Quoren

Die Reform des Niedersächsischen NKomVG im Jahr 2016 und die dort vorgenommene Senkung der Quoren für Kommunen über 100.000 Einwohner*innen hat keine hinreichende Erleichterung für Bürgerbegehren erbracht. Vor allem für Kommunen mittlerer Größe sind die Hürden noch zu hoch.

Die Annahme der kommunalen Spitzenverbände, durch eine Senkung der Quoren werde die repräsentative Demokratie in Gefahr gebracht, hat sich mit Blick auf die Praxis in anderen Bundesländern nicht bestätigt.

Nach dem Vorbild Bayerns werden nun die Quoren feiner gestaffelt und insgesamt abgesenkt.

§ 32 Absatz 5 Sätze 2 und 3: Festsetzung des Beginns der Sammelfrist

Den Beginn der Sammelfrist setzt zukünftig die Vertretung im Einvernehmen mit den Vertretungsberechtigten fest. Die Frist beginnt spätestens acht Wochen nach der Bekanntmachung des zulässigen Bürgerbegehrens. Das entspricht dem bewährten Vorbild Thüringens und gestaltet die Festlegung der Frist flexibler als bisher. Die Regelung erleichtert es, die Fristen so abzustimmen, dass eine Zusammenlegung mit einer später liegenden Wahl einfacher möglich wird (vergleiche die Neuregelung in § 33 Absatz 1 Satz 2). So kann die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren besser vorbereitet werden. Ferienzeiten und lokale Besonderheiten können berücksichtigt werden. Zudem wird der Dialog zwischen den Initiator*innen des Bürgerbegehrens und der Vertretung gefördert. Die achtwöchige Maximalfrist greift in Fällen, wo keine Einvernehmensherstellung gelingt.

§ 32 Absatz 5 Satz 5: Aufhebung Dreimonatsfrist bei bekanntgemachten Beschlüssen der Vertretung

Für Bürgerbegehren, die sich gegen einen bekannt gemachten Beschluss der Vertretung richten, galt bislang eine dreimonatige Sammelfrist ab dem Tag der Bekanntmachung des Beschlusses. Für alle anderen Korrekturbegehren gilt die normale Sechsmonatsfrist. Es hat sich gezeigt, dass im Rahmen der bisherigen Regelung die Bekanntmachung teils dazu missbraucht wurde, um die Unterschriftensammlung zu erschweren. Es kam zu Unklarheiten, ob ein Beschluss tatsächlich bekanntgemacht wurde. Da sich Bürgerinitiativen in der Regel beeilen, die Sammlung zu beenden, ist die bisherige Frist zudem unnötig. Sie wird daher gestrichen.

§ 32 Absatz 3 und Absatz 6 Satz 1 bis 6: Zulässigkeitsentscheidung in öffentlicher Sitzung und bestimmter Frist

Wie in den anderen Bundesländern soll die Entscheidung über die Zulässigkeit zukünftig in öffentlicher Sitzung getroffen werden. So können die Vertreter*innen des Bürgerbegehrens auch angehört werden. Dazu wird die Entscheidung vom Hauptausschuss auf die Vertretung verlagert.

Die bisher vorgesehene Unterrichtung der Vertretung über die Entscheidung erübrigt sich damit, so dass der bisherige Satz 3 gestrichen werden kann.

In der Konsequenz wird gegen eine Zurückweisung des Bürgerbegehrens Klage beim Verwaltungsgericht zugelassen, um die Rechtssicherheit zu erhöhen.

Statt nur „unverzüglich“ ist die Prüfung zukünftig zudem wie auch in einigen anderen Bundesländern innerhalb einer ab Eingang des Bürgerbegehrens laufenden zweimonatigen Frist zu prüfen, damit die gesamte Dauer einer Kampagne für die Bürgerinitiative kalkulierbar ist. Zudem wird damit Verschleppungsstrategien entgegengewirkt. Diese Frist kann im Einvernehmen mit den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens auf sechs Monate verlängert werden. Diese Verlängerungsmöglichkeit flexibilisiert das Verfahren in schwierigen Fällen oder unter sonstigen besonderen Umständen, wahrt durch die Bedingung des Einvernehmens jedoch die Rechte der Vertretungsberechtigten.

Die in Absatz 3 Satz 5 geregelte Vorprüfung wird entsprechend ebenfalls auf die Vertretung übertragen. Für die Zeit bis zu der Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung gilt die aufschiebende Wirkung nach Absatz 7 zukünftig entsprechend, so dass eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung nicht mehr getroffen und mit dem Vollzug einer solchen Entscheidung nicht mehr begonnen werden darf, es sei denn, dass die Kommune hierzu gesetzlich verpflichtet ist.

§ 32 Absatz 6 Satz 7 und 8: Bekanntmachung des zulässigen Bürgerbegehrens

Die Kommune hat zukünftig das zulässige Bürgerbegehren mit dessen vollständigem Wortlaut vor Beginn der sechsmonatigen Frist für die Unterschriftensammlung und Einreichung des Bürgerbegehrens nach Absatz 5 Satz 1 ortsüblich bekannt zu machen. Das fördert nach dem Vorbild Thüringens den Bekanntheitsgrad des Bürgerbegehrens bei Beginn der Unterschriftensammlung und erleichtert damit die Sammlung, denn in der Bekanntmachung sind wichtige Informationen enthalten, die bei der Sammlung nützlich sind und auf diese Weise den Bürgerinnen und Bürgern rechtzeitig zukommen, bevor mit der Entscheidung, ob sie das Bürgerbegehren unterzeichnen wollen, konfrontiert werden.

Zu 3.:

§ 33 Absatz 1 Satz 2: Zusammenlegung mit Wahlen

Der Termin für den Bürgerentscheid ist zukünftig möglichst mit anderen zeitnah stattfindenden Wahlen zusammenzulegen. Das Verbot der Zusammenlegung mit der Wahl von Abgeordneten der Vertretung oder der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten wird gestrichen. Dafür spricht nicht nur, dass dadurch den Kommunen Kosten und den Bürgerinnen und Bürgern die Mühe eines zusätzlichen Wahlgangs erspart wird, sondern auch die somit erreichte erhöhte Wahlbeteiligung.

§ 33 Absatz 1a: Bürgerbegehren in Ortsteilen und Stadtbezirken

Ortsräte und Stadtteilräte haben Entscheidungsbefugnisse für Bereiche, die den Ortsteil bzw. den Stadtbezirk betreffen. Um auch in Bezug auf diese Angelegenheiten die direkte Demokratie zu stärken, werden zukünftig auch auf dieser politischen Ebene die Instrumente Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zur Anwendung gebracht. Durch die sehr beschränkten Befugnisse auf dieser Ebene wird es zwar eher selten zu Bürgerbegehren kommen. Dennoch haben Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen gute Erfahrungen damit gemacht. In den Stadtstaaten Hamburg und Berlin sind Bürgerbegehren ebenfalls auf Bezirksebene möglich.

§ 33 Absatz 2 Satz 2 bis 4: Fairness, Neutralität und Abstimmungsheft

Fair ist ein Bürgerentscheidsverfahren nur dann, wenn seitens der Kommune über Pro und Contra gleichberechtigt informiert wird. Die Kommune wird deshalb zur Neutralität verpflichtet. So wird verhindert, dass die technisch und finanziell in der Regel besser ausgestattete Kommune ihre Mittel wie Webseiten oder andere Publikationskanäle einseitig nutzt.

Durch eine Information, in der die Standpunkte und Begründungen der Vertretung einerseits und des Bürgerbegehrens andererseits in gleichem Umfang dargelegt werden (sogenanntes Abstimmungsheft), wird in der Kommunikation eine Gleichstellung von Rat und Bürgerinnen und Bürgern erreicht. Dies ist angemessen, da der Bürgerentscheid einen Ratsbeschluss ersetzt und damit auf der gleichen Stufe steht. Das Abstimmungsheft ist eine ursprünglich aus der Schweiz bekannte Hilfe, um Bürgerinnen und Bürgern eine sachlich gehaltene Information über das Thema des Bürgerentscheides an die Hand zu geben. Auch in einigen deutschen Bundesländern gibt es eine solche Information bereits, so unter der Bezeichnung „Informationsheft“ in Hamburg und Bremen oder als „Abstimmungsbroschüre“ in Thüringen. Der Begriff „Abstimmungsheft“ wird so auch in den städtischen Satzungen von Köln, Bonn und Castrop-Rauxel zu Bürgerbegehren verwendet. Das Abstimmungsheft kann knappgehalten sein, soll aber beiden Seiten Gelegenheit geben, ihre Position darin zu verdeutlichen. Da es im Gegensatz zur Tageszeitung an jeden Haushalt verteilt wird, ist seine Reichweite deutlich höher.

§ 33 Absatz 2 Satz 5: Infostände

Die Kommune muss die gleichen Möglichkeiten zur Information der Bürgerinnen und Bürger schaffen wie bei Kommunalwahlen. Umfasst sind davon auch die Regelungen zur Aufstellung von Infoständen, die bisher teils gebührenpflichtig waren, oder andere aus dem Wahlkampf bekannte Mittel. Bürgerinitiativen sind oft lose organisierte, vielfach neugegründete Gruppen, die über keine oder nur sehr geringe finanzielle Mittel verfügen, so dass die Gebührenfreiheit von Infoständen für sie einen wichtigen Punkt darstellt.

Diese Voraussetzungen sind erforderlich, um der Bedeutung von Bürgerbegehren gerecht zu werden und die gleichen Voraussetzungen wie bei Wahlen zu schaffen. Es wird eine Gleichsetzung vorgenommen.

§ 33 Absatz 3 Satz 3: Abschaffung des Zustimmungsquorums

Nach wie vor gilt, dass der Bürgerentscheid verbindlich ist, wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen auf Ja lautet. Nur wird nun das sogenannte Zustimmungsquorum, also das Erfordernis, dass diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten betragen muss, gestrichen.

Der Sinn des Zustimmungsquorums wurde bisher darin gesehen, eine gewisse Repräsentativität des Abstimmungsergebnisses herzustellen. Dieses Erfordernis ist dem deutschen Wahlrecht jedoch fremd. Somit gibt es keinen Grund, diese zusätzliche Hürde abweichend vom Wahlrecht beim Bürgerentscheid aufrecht zu erhalten.

Das Zustimmungsquorum wirkt zudem verzerrend, denn Stimmenthaltungen durch Nichtabgabe der Stimme zählen dadurch quasi wie in „Nein“. Durch das Zustimmungsquorum wird der Grundsatz verletzt, dass jede Stimme gleiches Gewicht haben muss. In den praktischen Fällen, in denen Bürgerentscheide am Zustimmungsquorum gescheitert sind, hat durch ein Zusammenwirken von Quorum und Stimmenthaltung faktisch eine Minderheit der Abstimmenden gegen eine Mehrheit der Abstimmenden gewonnen. Das Argument, durch einen Verzicht auf das Zustimmungsquorum käme es zu einer Minderheiten-Herrschaft, überzeugt deshalb gerade nicht.

Zustimmungsquoren können auch beteiligungssenkend wirken. Da sie die Erfolgsaussichten schmälern und gerade bei Themen von geringerem öffentlichen Interesse die Aussichten auf Erreichung des Quorums schwinden, könnten sich Wahlberechtigte mangels Erfolgsaussichten gegen eine Stimmabgabe entscheiden.

Ohne Quorum hingegen steigt auf beiden Seiten die Motivation, ihre Anhänger*innen zu mobilisieren, um eine Niederlage im Bürgerentscheid zu vermeiden.

Zustimmungsquoren sind somit eine sachwidrige Hürde, an der in Niedersachsen 32,7 Prozent der Initiativen scheitern. Diese Hürde wird nun abgeschafft.

33 Absatz 3 Satz 5 bis 7: Stichfrage und parallellaufende Bürgerbegehren

Der Stichentscheid verhindert, dass nicht einfach das erste von mehreren parallellaufenden Bürgerbegehren zum Zug kommt und es somit zu einem Wettlauf und einem übereilten Verfahren kommt. Er bewirkt, dass zunächst keines der Bürgerbegehren ausgeschlossen wird, sondern alle zur Abstimmung kommen.

Der Stichentscheid findet in den Bundesländern zunehmend Verbreitung und hat sich in derartigen Konkurrenzsituationen bewährt. Insbesondere beim durch die Vertretung initiierten Bürgerentscheid nach § 32 Absatz 1 Satz 2 dient die Stichfrage der differenzierten und sachgemäßen Willensbildung, wenn zu einem Gegenstand mehrere Beschlussvorschläge vorliegen.

§ 33 Absatz 5: Datenschutz

Es wird eine eindeutige Datenschutz-Regelung nach dem Vorbild Thüringens geschaffen. Künftig dürfen personenbezogene Daten, die auf der Grundlage der in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid erhoben werden, nur für die Durchführung des jeweiligen Bürgerbegehrens oder Bürgerentscheids verarbeitet werden. Werden sie für das Verfahren nicht mehr benötigt, sind sie unverzüglich zu vernichten.

Die Regelung ist strafbewehrt. Das angedrohte Strafmaß ist angemessen. Im Niedersächsischen Datenschutzgesetz werden ähnliche Handlungen, wenn sie gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, begangen werden, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Da in § 33 Absatz 5 auf diese weiteren Tatbestandsmerkmale (Entgelt oder Bereicherungs-/Schädigungsabsicht) verzichtet wird, ist das Strafmaß entsprechend reduziert.

Zu 4. und 5.:

Um zu verhindern, dass Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide in unangemessener Art und Weise beeinflusst werden und um somit Korruption zu verhindern und die Transparenz der dahinterstehenden Interessen offenzulegen, werden die Regelungen in den neu eingefügten Paragrafen 33a und 33b eingefügt. Sie folgen dem Vorbild aus dem Berliner Bezirksverwaltungsgesetz, die auch den Regelungen für Volksbegehren und –abstimmungen im Berliner Abstimmungsgesetz entsprechen.

Zu Artikel 2:

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

 

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