Evrim Camuz: Rede zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt (Aktuelle Stunde CDU)

Rede Evrim Camuz© Plenar TV

TOP 17b – Aktuelle Stunde der CDU - Die Opfer häuslicher Gewalt endlich wirksam schützen - elektronische Fußfessel für Gewalttäter sofort normieren!

- Es gilt das gesprochene Wort -

Kürzlich erschien die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 für Niedersachsen. Ein Anlass zur Freude? Die Aufklärungsrate hat mit 62,77 % leicht zugenommen und polizeilich registrierte Straftaten nehmen um 4,33 % ab. Klingt erstmal gut – lässt einen wichtigen Aspekt aber unberücksichtigt.

Im Bereich der häuslichen Gewalt beobachten wir weiterhin steigende Fallzahlen. Wir sehen hier eine Zunahme von 8,94 %, in der Region Hannover sind es sogar fast 10 %.

Über was für Delikte sprechen wir hier aber eigentlich? Wir reden auch über Sachbeschädigungen und Beleidigungen, insbesondere aber über schwere Gewalttaten – von Körperverletzungen, Sexualstraftaten bis hin zu Tötungsdelikten - somit auch über Femizide.

Femizide ereignen sich nicht im luftleeren Raum, sie sind die letzte Stufe einer langjährigen Gewalteskalation, die wir als Gesellschaft bislang scheinbar regungslos beobachten. Täter stalken die späteren Opfer meist zuvor und fügen ihnen andere Formen von Gewalt zu – ob physische oder psychische. Die Gewalt in der jeweiligen Partnerschaft ist häufig auch der Polizei und den Gerichten bekannt. Es werden Geldstrafen verhängt und Kontakt- oder Annäherungsverbote angeordnet. Das schreckt Täter, die sich aber schon seit langer Zeit außerhalb des Rechtsrahmens bewegen, kaum ab. Sie nehmen Strafbarkeiten aufgrund des Verstoßes gegen Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz in Kauf, um weiterhin Kontrolle über die Betroffenen auszuüben.

Um diesen Anordnungen tatsächliche Wirkkraft zu verleihen, setzt Spanien bereits seit 2009 bei der Überwachung von Kontakt- und Annäherungsverboten auf die elektronische Aufenthaltsüberwachung – die sog. Fußfessel. In den ersten zehn Jahren wurde im Rahmen des Programms keine Frau getötet, entweder weil das Kontaktverbot beachtet wurde oder die Polizei rechtzeitig eingreifen konnte. Auch Frankreich setzt seit September 2020 auf die EAÜ im Bereich der häuslichen Gewalt. Zudem läuft im Schweizer Kanton Zürich seit August 2023 ein Pilotversuch mit dem spanischen Modell.

Nach dem spanischen Modell erfolgt eine dynamische Überwachung – sowohl das Opfer wie auch der Täter tragen ein GPS-Gerät. Nähert sich der Täter dem Opfer schlägt dieses Gerät Alarm. Einfach und effektiv.

Und was ist der Lösungsvorschlag der CDU hierzu? Richtig, Frauen stattdessen in ihren eigenen vier Wänden einzusperren. Klingt polemisch, ist aber die Konsequenz des Gesetzentwurfs der CDU. Statt Frauen im gesamten öffentlichen Raum durch die Einführung einer elektronischen Fußfessel zu schützen, soll dieser Schutz auf die eigene Wohnung beschränkt werden. Nur in diesem Bereich soll laut der CDU die elektronische Fußfessel funktionieren. Außerhalb der eigenen Wohnung wird bei der Zuwiderhandlung gegen Kontakt- und Annäherungsverbote hingegen kein Alarm ausgelöst. Der Entwurf hat also auch wenig mit dem spanischen Modell zu tun, wie es die CDU auf Social Media aber gerne behauptet. 

Jetzt wird die CDU sagen, dass wir auch Änderungsvorschläge zu ihrem Entwurf unterbreiten können. Wir wollen aber nicht ihren Entwurf ausbessern, der schon von einem falschen Ansatzpunkt ausgeht. Es geht hier nicht um einzelne Korrekturen am Entwurf, wir wollen eine gänzlich andere Regelung. Nur weil ihr Entwurf die Worte elektronische Aufenthaltsüberwachung und Kontaktverbot enthält, ist das noch kein Lösungsvorschlag, an dem wir uns beteiligen wollen.

Es ist offensichtlich, wie die CDU hier allein aus politischem Kalkül handelt. Schnell einen schlechten Gesetzentwurf einbringen, um uns mangelnden Einsatz vorzuwerfen. Es ist komisch, wie es der CDU hier auf einmal um Schnelligkeit geht, wo sie der Schutz von Frauen in den vergangenen Jahren der Regierungsbeteiligung nicht so sehr unter Druck setzte.

Wir werden zeitnah einen eigenen Gesetzentwurf einbringen, der einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Frauen sollen selbst eine entsprechende Vorrichtung tragen können, wodurch Täter sich ihnen im gesamten öffentlichen Raum nicht nähern können. Wir wollen Gewaltbetroffene dazu ermutigen, sich den öffentlichen Raum wieder zu nehmen, den Täter ihnen häufig genommen haben.

Liebe CDU, wir freuen uns über Ihre Unterstützung, wenn unser Gesetzentwurf vorliegt – wenn Ihnen tatsächlich etwas am Schutz von Frauen liegt.

 

 

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