Evrim Camuz: Rede zu "Erbrachte Prüfungsleistungen honorieren und die rechtswissenschaftliche Ausbildung attraktiver gestalten"

Rede Evrim Camuz© Plenar TV

TOP 36: Erbrachte Prüfungsleistungen honorieren und die rechtswissenschaftliche Ausbildung attraktiver gestalten (Integrierter Bachelor)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,

mit dem vorliegenden Antrag setzen wir ein weiteres Projekt aus unserem Koalitionsvertrag um. Unsere rot-grüne Vereinbarung lautet: „Die juristische Ausbildung werden wir reformieren und den heutigen Anforderungen anpassen. Wir führen einen integrierten Bachelor für die Leistungen im Studium bis zum Examen ein.“ Wir haben den Wähler*innen einen integrierten Bachelor versprochen und den liefern wir nun.

Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde: Das Jurastudium dauert mindestens fünf Jahre. Und nach diesen fünf Jahren? Viele Menschen stehen dann immer noch nur mit ihrem Schulabschluss da, denn in jedem Durchgang des ersten Staatsexamens fällt ein Drittel der Studierenden durch. Für Menschen, die aus finanziell prekären Verhältnissen kommen, ist diese Unsicherheit schlicht keine Option. Mit diesem Antrag sorgen wir daher auch dafür, die juristische Ausbildung für bereitere gesellschaftliche Schichten attraktiver zu machen. So gestalten wir das Jura-Studium sozial gerechter und durchlässiger, denn soziale Gerechtigkeit ist unser Anspruch.

Wir werten also das Jura-Studium durch einen weiteren Abschluss auf, der selbst dann erreicht werden kann, wenn man letztlich in der Staatsexamensprüfung scheitert. Dieser Bachelor of Laws entspricht dann der Studienstruktur im europäischen Hochschulraum und fördert somit die internationale Vergleichbarkeit, denn ein Bachelor-Abschluss ist in vielen Ländern eine gängige Ausbildungsvoraussetzung.

Auch in Deutschland bildet der Bachelor eine gute Basis für einen Einstieg in die zweite Laufbahngruppe des Öffentlichen Dienstes oder für ein Masterstudium einer der zahlreichen Fachrichtungen, in denen juristische Kenntnisse hilfreich sind. Wenn jemand im Laufe des Jura-Studiums erkennt, dass ein klassischer juristischer Beruf nicht das Passende ist, dann besteht mit dem Bachelor die Möglichkeit zur fachlichen Umorientierung, ohne die bisherige Studienzeit „verschwendet“ zu haben. Die während des Studiums erbrachten Leistungen, die zwar für die Zulassung zur Examensprüfung erforderlich sind, sich jedoch bisher nicht in den Examensabschlüssen wiederspiegeln, werden also stärker honoriert. Das ist wichtig, denn der Bedarf an Jurist*innen ist auch abseits der Berufe, die ausschließlich mit einem oder gar zwei Staatsexamen ergriffen werden können, groß, und wir wollen mehr junge Menschen für das Jura-Studium in Niedersachsen motivieren.

Wenn wir das nicht täten, bestünde die Gefahr einer Abwanderung in diejenigen Bundesländer, die einen integrierten Bachelor bereits eingeführt haben oder im Begriff dessen sind. Das sind bereits Baden-Württemberg, Brandenburg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Wir wollen gut qualifizierte Menschen zum Studium in Niedersachsen motivieren, denn wer hier studiert bleibt oft auch im späteren Beruf hier.

Neben den Volljurist*innen mit zwei Staatsexamen und den Diplom-Jurist*innen mit einem Staatsexamen wird es also künftig auch juristische Bachelor geben. Wichtig ist uns dabei, dass die Einführung des integrierten Bachelors ohne größere Eingriffe in den bisherigen Studienverlauf und ohne zeitaufwändige Akkreditierungsverfahren erfolgt. Um keine Zeit zu verlieren werden wir auch prüfen, wie der neue Bachelor rückwirkend in den bestehenden Jura-Studiengang integriert werden kann. So runden wir das Paket ab. Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen.

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