Dringliche Anfrage: Mangelnde Kontrollen und Lohndumping auf niedersächsischen Baustellen?

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Dringliche Anfrage
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Hannover, den 13. 09.2004
Trotz des Landesvergabegesetzes sind auf mindestens einer niedersächsischen Baustelle Bauarbeiter weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn der Baubranche von 12,47 Euro beschäftigt worden. Am Beispiel des Baus der Justizvollzugsanstalt Rosdorf bei Göttingen ist im vergangenen Juli deutlich geworden, dass die Einhaltung des Landesvergabegesetzes auf landeseigenen Baustellen nicht gewährleistet ist. Finanzministerium und staatliches Baumanagement sind offenbar völlig überfordert. Zwei polnische Bauarbeiter waren es schließlich, die beim Hauptzollamt Braunschweig aussagten, dass sie unterbezahlt würden. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen ein. Das Subunternehmen der Auricher Baufirma entließ die polnischen Angestellten noch an dem Tag, an dem die Bauarbeiter ihre Aussage gemacht hatten.
20 weitere polnische Bauarbeiter sagten inzwischen unabhängig voneinander aus, dass sie massiv unterbezahlt wurden und zum Teil nur 3,80 Euro Stundenlohn erhielten. Auch diese 20 Bauarbeiter entließ das Subunternehmen der vom Land beauftragten Firma aus Aurich kurz nach deren Aussagen.
Am Beispiel des Baus der JVA wird deutlich, dass trotz auffallender Unstimmigkeiten bei einer vom Land beauftragten Firma bzw. bei deren Subunternehmen das Land die Zusammenarbeit zunächst völlig unbeeinflusst fortsetzte. Massive Unterbezahlung in der Baubranche als unzulässiges Konkurrenzinstrument zerstört jedoch Arbeitsplätze bei den niedersächsischen Handwerksfirmen und mittelständischen Baufirmen, die ihren Mitarbeitern den gesetzlichen Mindestlohn zahlen.
Einen Monat nachdem die mögliche Unterbezahlung der polnischen Bauarbeiter in Rosdorf bekannt geworden ist und die Bauarbeiter gemeinsam mit Gewerkschaftsvertretern begannen, ihre noch ausstehenden Löhne einzuklagen, kündigte das Auricher Unternehmen Ende August die Zusammenarbeit mit dem Land auf. Erst eine Woche später kündigte auch das Land die Verträge und machte erstmals Schadenersatzforderungen geltend.

Wir fragen die Landesregierung:
1. Gibt die Landesregierung nach der Erfahrung in Rosdorf die bisherigen Bestrebungen auf, das Landesvergabegesetz mit höheren Grenzwerten aufzuweichen?

2. Welche Kosten entstehen voraussichtlich dem Land durch eine neue Auftragsvergabe der Rohbauarbeiten und durch nicht mehr einzuhaltende Termine beim Bau der Justizvollzugsanstalt?
3. Wer ist dafür verantwortlich, dass das Land als Auftraggeber, das staatliche Baumanagement und das Zollamt als Kontrollinstanz den Skandal in Rosdorf nicht aus eigenen Kräften aufgedeckt haben?

Stefan Wenzel
Fraktionsvorsitzender

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