Christian Meyer: Rede zum Wohnraumschutzgesetz (TOP 3a)

Entwurf eines Gesetzes über den Schutz und die Erhaltung von Wohnraum (Niedersächsisches Wohnraumschutzgesetz - NWoSchG)

- Es gilt das gesprochene Wort -

(Anrede)

Dem Landtag liegen heute zwei Gesetzentwürfe vor. Unser Gesetz ist vom Juni 2018 also fast drei Jahre alt. Er entstand nach diversen Wohnskandalen vom Wollepark in Delmenhorst und den Nachrichten über schlimme Wohnverhältnisse von Menschen, die in der Fleischindustrie schuften.

Bei der Einbringung im Jahr 2018 habe ich Ihren Koalitionsvertrag und die Niedersächsische Verfassung zitiert. Nach Artikel 6a hat die Landesregierung darauf hinzuwirken, dass „die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist.“

Was heißt angemessen?

10 Menschen in einer überfüllten 50 m² Wohnung sicher nicht. Schrottwohnungen ohne ausreichende sanitäre Anlagen, mangelhafte Baustandards sicher auch nicht. 

Mit dem Gesetz wird nun klargestellt, dass es Mindestanforderungen für fairen Wohnraum gibt. Mindestens 10 m² Wohnfläche pro Person und ich bin sehr froh, dass dies nun auch - wie von uns und dem DGB gefordert - für Arbeitnehmerwohnungen etwa von Schlachthofmitarbeitern aber auch in anderen Branchen gilt.

Menschenwürde ist unteilbar, deshalb darf es hier kein zweierlei Maß geben und ich fordere die Landesregierung auf auch für Gemeinschaftsunterkünfte die Standards per Erlass anzuheben. Das ist nicht zur Bekämpfung der Corona-Pandemie notwendig, sondern auch für würdige und angemessene Wohnverhältnisse für alle!

(Anrede)

Heute endlich wird das Wohnraumschutzgesetz von allen Fraktionen verabschiedet. Auch für mich persönlich, der ich 2018 weit vor Corona dieses Gesetz erarbeitet und der Presse vorgestellt habe, ist das etwas Besonderes. Die Kommunen bekommen endlich bessere Möglichkeiten gegen Schrottimmobilien, Abzocke und menschenunwürdige Wohnverhältnisse vorzugehen. Das ist gut und ich danke der Groko, dass sie sich bei den Standards dem grünen Gesetzentwurf angenähert hat. Im ersten Entwurf der Groko sollte es noch 9 m2 Wohnfläche für Erwachsene und 6 m² für Kinder geben. Jetzt gibt es für alle Menschen mindestens 10 m² wie im Grünen Gesetzentwurf.

Es werden bauliche Standards vorgeschrieben und die Kommunen können Eigentümer zu Verbesserungen zwingen oder das Vermieten von Bruchbuden untersagen. Verstöße werden mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet. Wir hätten uns da auch durchaus mehr bis hin zur Gewinnabschöpfung vorstellen können, aber immerhin.

 Anrede)

Es gibt nur noch einen letzten Unterschied zwischen dem Grünen Gesetzentwurf und dem der Groko, der im schriftlichen Bericht gut herausgearbeitet ist. „Nach dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drs. 18/1088) soll es sich um eine Pflichtaufgabe handeln, sodass eine Kostenausgleichspflicht des Landes (Konnexität) ausgelöst würde“. Dann bekämen die Kommunen auch mehr Geld für Personal um kontrollieren zu können.

„Nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung (Drs. 18/6159) soll es sich hingegen um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe dergestalt handeln, dass den Gemeinden zwar hoheitsrechtliche Befugnisse an die Hand gegeben werden sollen, um Verwahrlosungen, Missständen und Überbelegungen bei Wohnraum und Unterkünften für Beschäftigte entgegenzuwirken, die Gemeinden aber nicht verpflichtet sein sollen, von diesen Befugnissen Gebrauch zu machen, also das Gesetz zu vollziehen. Deshalb greift nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung auch das Konnexitätsprinzip nach Artikel 57 Abs. 4 Satz 2 NV nicht.“

Wer dem Gesetzentwurf der Grünen zustimmt, ist also Freund der Kommunen und unterstützt sie mit angemessenen finanziellen Mitteln, um das Wohnraumschutzgesetz auch umsetzen zu können. Bei der Groko bleibt die Aufsicht nach Kassenlage und die Kommunen bekommen zwar eine neue Aufgabe aber keine finanzielle Unterstützung.

Wir werden aber heute beiden Gesetzentwürfen zustimmen. Unserem aus Überzeugung und dem anderen, damit die Kommunen überhaupt die Möglichkeit bekommen im Sinne der Mieter*innen gegen miserablen Wohnraum, Vermietungen und Schrottimmobilien vorzugehen.

(Anrede)

Schon vor über 200 Jahren schrieb Johann Wolfgang von Goethe „Eine schlechte Wohnung macht selbst brave Leute verächtlich“.

Heute können wir endlich für unseren Verfassungsauftrag und für angemessenen und vor allem menschenwürdigen Wohnraum sorgen. Das mögen nur wenige Fälle sein, wie im Wollepark in Delmenhorst, wie in den Arbeitnehmerunterkünften von Schlachthofarbeitern oder Erntehelfern, sowie Überbelegung in Schrottimmobilien unter Ausnutzung der Not von Menschen. Aber jeder Fall einer menschenunwürdigen Wohnung ist einer zu viel.

Und natürlich brauchen wir endlich eine Landeswohnungsbaugesellschaft wie sie DGB und Armutskonferenz einfordern, insbesondere um erschwinglichen, sozialen Wohnraum zusammen mit den Kommunen zu schaffen. Aber hier blockiert ja die CDU jeglichen Fortschritt, so wird es sie erst mit grüner Regierungsbeteiligung geben.

(Anrede)

Mit diesen Gesetzen bekommen die Menschen in Niedersachsen erstmals konkrete Rechte in Bezug auf angemessenen Wohnraum zugeschrieben. Wir schützen Mieter*innen vor Abzocke und Schrott und zwingen Vermieter zu einwandfreien Zuständen. Wir wollen eine gute Ausstattung der Kommunen, damit sie dem auch nachkommen können und stehen an der Seite der Menschen, wenn sie ihr Recht auf würdigen Wohnraum einfordern.

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