Christian Meyer: Rede zum Umgang mit dem Wolf und Förderung der Weidetierhaltung

TOP 17 b: Mehr Sachlichkeit beim Umgang mit dem Wolf – Weidetierhaltung wirksam fördern und unterstützen (Antrag Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

(Anrede)

2017 wurde bei den Wahlauswertungen zur Landtagswahl auch erstmals die Wolfskompetenz abgefragt. Auf die Frage: Welche Partei macht die beste Wolfspolitik antworteten 51 Prozent GRÜNE, 16 Prozent CDU und nur 9 Prozent SPD. FDP und AfD waren unter 1 Prozent.

Auch auf die Frage ob Wölfe stärker bekämpft werden sollen, antworteten mehr als 2/3 mit Nein.

Wir Grüne plädieren mit unserem Antrag für mehr Sachlichkeit und Vernunft in der Wolfsdebatte. Die CDU hat noch 2013 in ihrem Wahlprogramm Seite 86 gefeiert: „Wir die CDU haben Wolf und Luchs in Niedersachsen wiederangesiedelt“. Das war schon damals falsch und keine Leistung der CDU, sondern der Wolf ist von alleine gekommen. Und die FDP hat mit Umweltminister Sander „Willkommen Wolf“ Broschüren mit Vorworten von Herrn Dammann-Tamke herausgegeben. Und auch wir GRÜNE haben unterschätzt, das Wölfe auch  Probleme machen können und das wir unbürokratischer und schneller helfen müssen.

Meine Damen und Herren die Wirklichkeit ist, der Wolf ist da und wir müssen mit ihm leben lernen. Nicht durch das Leugnen von Problemen, sondern durch mehr Sachlichkeit in der Debatte. Drohungen, Beleidigungen und ich könnte ihnen auch eine Reihe aufzählen, die gegen den NABU  oder die Grünen gerichtet werden sowie Aufrufe zu illegalen Abschüssen sind von allen Seiten und Demokrat*innen zu verurteilen.   

Und Herr Minister Lies,

eigentlich kennen wir Sie doch als einen ganz charmanten, kompromissorientierten, netten und versöhnlicher Minister.

Warum gibt es eigentlich keinen Kompromiss zwischen Umweltverbänden und Landwirten zum Wolf, wie Sie es beim Niedersächsischen Weg erreicht haben? Stattdessen beschimpfen Sie den NABU per Pressemitteilung für seine Stellungnahme zur Wolfsverordnung. Eigentlich sind Sie doch für Versöhnung, Herr Lies.

Warum verweigern Sie sich beim Wolf eigentlich dem Dialog für mehr Sachlichkeit in der Debatte. Der Arbeitskreis Wolf - in dem Landwirte und Umweltverbände vertreten sind - hat seit 1 ½ Jahren nicht mehr getagt, noch nicht mal digital. Die umstrittene Wolfsverordnung haben Sie dort ebenfalls nicht zur Diskussion gestellt. Einen Ausgleich der Interessen haben Sie nicht gesucht. Den Landwirten verweigern Sie schnelle und unbürokratische Hilfen wie eine Weideprämie. Naturschützer oder Wolfsberater, die Kritik üben, entlassen Sie aus ihren Ämtern.

Stattdessen verrennen Sie sich in teilweise rechtswidrige Abschüssen.

Auch wir Grüne und die Umweltverbände stimmen der Entnahme von verhaltensauffälligen echten Problemwölfen doch zu. Nur muss dies auch nachprüfbar sein, notfalls vor Gericht und nicht als Geheimsache. Wie gesagt, wir wollen nicht wissen wer der Schütze einer rechtmäßigen Verfügung ist, aber wir wollen wissen auf welcher fachlichen Grundlage Abschussgenehmigungen erteilt werden. Und wenn wir oder andere Zweifel haben, müssen sie auch gerichtlich überprüfbar sein.

Denn das OVG Lüneburg hat ja gleich zwei Abschussgenehmigungen von Ihnen als teilweise rechtswidrig kassiert. Und was hat das Gericht beanstandet? Nicht den Abschuss der zielgerichteten Tötung der beiden vom Gericht als Problemwölfe eingestuften Tiere. „Der Bescheid sei allerdings rechtswidrig, soweit der Landkreis ergänzend noch geregelt hat, dass unter bestimmten Voraussetzungen noch weitere Wölfe getötet werden dürfen.“

„Noch weitere Wölfe“, die nicht Problemwölfe sind.

Genau das ist das Problem beim jetzigen Fehlabschuss. Nicht der männliche Rüde wurde geschossen, sondern eine Wölfin, bei der es Zweifel am räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zu Rissereignissen gibt. Man kann eben nicht einfach beliebige Wölfe abschießen. Das sagt Ihnen nicht nur die SPD-Bundesumweltministerin, sondern auch das höchste Nds Gericht in einem unanfechtbaren Beschluss.

Bestandsbejagung und das Abschießen irgendwelcher Wölfe geht nicht. Und wenn ein männlicher Rüde als Problemwolf eingestuft wird, darf man nicht eine weibliche Fähe abschießen. Auch beim Wolf gilt die Unschuldsvermutung solange der strenge Schutzstatus erhalten ist.

Auch hier zitiere ich Ihre SPD-Parteikollegin Bundesumweltministerin Schulze aus der Neuen Osnabrücker Zeitung in Bezug auf ihren Fehlabschuss. „Der Wolf ist immer noch gefährdet. Ungeachtet aller Probleme können wir nicht hingehen und Wölfe einfach so abschießen“.
Herr Lies, wen meint sie wohl damit?

Mit dem heutigen Antrag verschieben SPD und CDU jedoch die Grenzen. Sie wollen Wölfe jagen, wenn sie jetzt eine Bestandsregulierung und die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht fordern.

Ihre Große Koalition im Bund, für die ja jetzt eifrig Bundestagswahlkampf macht, schrieb zu Ihrem Antrag beim NDR (13.11.2020 „Jagd auf Wolf: Bund erteilt Niedersachsen eine Absage“).

„Auch wenn der Wolf in das niedersächsische Jagdrecht aufgenommen werde, dürfe er als streng geschützte Art nicht gejagt werden, sondern unterliege einer ganzjährigen Schonzeit. Deswegen hält es das Bundesumweltministerium für verfassungsrechtlich bedenklich, den Wolf überhaupt ins Landesjagdrecht aufzunehmen. Auch könne man nicht im nationalen Alleingang bestimmen, wann es in einer Region genug Wölfe gibt, so wie sich das Niedersachsen in seinem Landtagsbeschluss vorstelle. Das geschehe nämlich nach europaweit einheitlichen Kriterien in einem länderabgestimmten Verfahren an dem auch Niedersachsen beteiligt ist, so das BMU.

Und in einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage von mir, erklärt die Landesregierung schriftlich, dass sie die Auffassung teile, dass der Erhaltungszustand des Wolfes weiterhin schlecht ist.

Wir lehnen daher - wie das Bundesumweltministerium - eine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht ab.

Anrede

Jetzt wollte ich Sie wieder loben und eine Gemeinsamkeit feststellen.

In Ihrem Antrag der GROKO fordern Sie endlich eine Weidetierprämie aus der 1. Säule der GAP ein

Das finde ich gut, denn wie oft haben wir GRÜNE hier im Landtag eine Weidetierprämie gefordert. Und was mussten wir uns von CDU und SPD anhören, warum es eine solche Prämie nicht brauche und dass das mit dem Wolf nichts zu tun hätte. Jetzt fordern Sie selbst eine Weidtierprämie in Ihrem Wolfsantrag.

Doch als ich bei der Beratung des Antrags im Umweltausschuss nachfragte, warum denn das für eine Weideprämie zuständige Agrarministerium, genau diesen Antrag Ihrer Fraktionen auf der letzten Agrarministerkonferenz abgelehnt hat, war angeblich kein Vertreter des Agrarministeriums sprechfähig.  Frau Otte-Kinast, Sie können nicht hier eine Weideprämie aus der 1. Säule von den Fraktionen fordern lassen und auf der Agrarministerkonferenz für Niedersachsen eine solche von den Grünen und SPD Agrarministerinnen geforderte Weideprämie ablehnen. Das ist peinlich und ich erwarte eine Erklärung zu Ihrem Abstimmverhalten hier im Plenum. Anscheinend kommt es ja öfter vor, dass Sie im Plenum so reden, aber im Bundesrat oder auf Agrarministerkonferenzen anders abstimmen.

(Anrede)

Mit unserem Antrag für mehr Sachlichkeit in der Debatte haben wir viele Forderungen aufgestellt denen die anderen Fraktionen eigentlich zustimmen müssten.

  •  Eine Weidetierprämie für Rinder, Schafe und Ziegen unabhängig vom Wolf.
  • Unbürokratische und leichtere Entschädigungen für Wolfsrisse. Das dauert immer noch viel zu lange
  • Unbürokratische Hilfen für Landwirte die ihre Tiere schützen wollen. Immer noch warten Hunderte Landwirte auf einen positiven Bescheid von ihnen.
  • Und keine Placebobeschlüsse zum Wolf im Jagdrecht die weiter eskalieren. Herr Dammann-Tamke weiß doch genau, das bei ganzjähriger Schonzeit sich damit für die Entnahme von Problemwölfen gar nichts verbessert außer dass Jäger dann auch öffentlich für die Wolfsrisse an Nutztieren verantwortlich gemacht werden. Mit der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht erweisen Sie vielen Jäger*innen, die gar keinen Wolf schießen wollen einen Bärendienst und sorgen für noch mehr Frust unter den Landwirten, wenn Jäger zwar zuständig sind, aber nichts machen können. Der Wolf wird zum Seehund, sonst ändert sich nichts. Und das ist auch schlecht für die Landwirte und sorgt für Politikverdruss. Sie suggerieren vor Ort mit der Aufnahme ins Jagdrecht wären alle Probleme mit dem Wolf gelöst. Sie wollen es sogar als Kommunalwahlkampfthema nutzen.

(Anrede)

  • Die einzige Änderung die sie mit dem Jagdrecht erreichen ist, dass dann nicht mehr der SPD-Umweltminister sondern ihre CDU- Jagdministerin für das Thema Wolf zuständig ist. Ich bezweifele, dass das dann besser wird.
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