Britta Kellermann: Rede zu „Startschuss für die Projektmanufaktur – vielfältige Fördermöglichkeiten für unsere Kommunen noch besser nutzen“ (Aktuelle Stunde SPD)

Rede TOP 2a: „Startschuss für die Projektmanufaktur – vielfältige Fördermöglichkeiten für unsere Kommunen noch bessernutzen“ (Aktuelle Stunde SPD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte*r Präsident*in,
meine Damen und Herren,

Kürzlich bin ich in meinem Dorf auf einen Unfall zugefahren. Eine Frau war mit ihrem Rollstuhl auf die Straße gekippt und konnte sich nicht mehr selbst aus ihrer misslichen Lage befreien. Eine brandgefährliche Situation auf einer vielbefahrenen Straße. Der Grund: Ein rumpeliger und zu schmaler Bürgersteig mit hoher Kante.

In einem anderen Ort diskutieren wir gerade, ob die neue Brücke einen Gehweg bekommen soll. Geben wir 70.000,00 € mehr aus für einen Gehweg oder nicht? Können und wollen wir uns das leisten? Eigentlich eine absurde Frage, meine Damen und Herren: Willkommen in der Welt der Kommunalpolitik!

Der soziale und ökologische Wandel, den unsere Gesellschaft gerade vollzieht, stellt unsere Kommunen vor große Herausforderungen. Es kommt jetzt darauf an, dass wir die Chancen ergreifen, die mit diesem Wandel verbunden sind.

Wenn ich mir meine Kommune 2040 vorstelle, dann sehe ich eine Kommune, die es geschafft hat, ihre alten Ortskerne mit den denkmalgeschützten Gebäuden in die Zukunft zu führen. Ich sehe lichtdurchfluteten Baubestand mit gut zugänglichen Grundstücken. Ich sehe öffentliche Räume, die von den Menschen zurückerobert wurden. Straßen, auf denen Kinder spielen können. Ich sehe PV-Anlagen auf allen Dächern und Windräder am Horizont. Ich atme saubere Luft, weil nur noch E-Autos fahren und die Gebäude mit Wärmepumpen und Nahwärme aus kommunalen Anlagen beheizt werden.

Ich sehe Menschen, die Spaß daran haben, auf gut ausgebauten Radwegen von A nach B zu gelangen oder über gepflegte Wanderwege ihre Joggingrunden zu drehen. Ich sehe Kinder, die ihren Rucksack packen und sich alleine auf den Weg ins nächstgelegene Schwimmbad oder zum Fußball machen können. Ich sehe alte Menschen, die im Dorfladen einen Plausch halten und in ihrem Dorf Greis werden dürfen. Ich sehe Eltern, die ihre Kinder in den nahegelegenen Schulen und KiTas gut aufgehoben wissen, wenn sie sich mit den Öffis auf den Weg zur Arbeit machen. Ich sehe Rollstuhlfahrer*innen und blinde Menschen, die sich im öffentlichen Raum sicher bewegen können. Ich sehe öffentliche Einrichtungen, die für alle Menschen barrierefrei zugänglich sind.

Als Jurorin für den Dorfwettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ hatte ich bereits zweimal das Vergnügen, die Dörfer in meinem Landkreis zu bereisen. Deshalb weiß ich ganz genau: Was ich beschreibe ist nicht die Idee einer spinnerten Grünen, sondern der allgemeine Wunsch der die Menschen umtreibt, die sich in ihren Kommunen für das Gemeinwohl engagieren.

Meine Damen und Herren, den Wandel, vor dem unsere Kommunen stehen, gibt es nicht zum Nulltarif. Deshalb ist es gut, dass es Förderprogramme gibt, wie zum Beispiel für die Kommunale Wärmeplanung, die soziale Stadtentwicklung, die Belebung der Innenstädte, die Strukturentwicklung der Dörfer, die Starkregenvorsorge, die Sportstätten oder den Tourismus. Aber gerade kleine und mittlere Kommunen tun sich schwer, sich in diesem Förderdschungel zurecht zu finden.

Gerade deshalb ist es so wertvoll, dass das Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung den Aufbau einer Projektmanufaktur im Bereich des Amtes für regionale Landesentwicklung Leine-Weser mit 450.000,00 € fördert. Dass die Projektmanufaktur vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund und dem Niedersächsischen Städtetag gemeinsam getragen wird, zeigt, wie richtig diese Entscheidung ist.

Richtig ist aber auch der Wunsch der Kommunen nach mehr pauschalen Mitteln statt zweckgebundener Förderprogramme. Deshalb ist die Projektmanufaktur auch nur ein Baustein zur Stärkung unserer Kommunen. Unser Ziel ist es, die Förderrichtlinien so zu verändern, dass mehr Zahlungen ohne aufwendige Antragsverfahren pauschal erfolgen können.

Ein weiterer Baustein, damit das Geld im Dorf bleibt, ist die Beteiligung der Kommunen und Bürger*innen an der Energiewende. Dazu wollen wir Anlagenbetreiber*innen verpflichten. Damit die zusätzlichen Einnahmen nicht im allgemeinen Haushalt zur Schuldentilgung draufgehen, werden die Kommunen sich aber auch selbst etwas überlegen müssen. Kommunale Stiftungen wären zum Beispiel eine Idee um die Gelder aus der Energiewende für die Aufgaben des Wandels einsetzen zu können.

Wie Sie es auch drehen und wenden – die sozial-ökologische Transformation ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die wir nur Hand in Hand mit unseren Kommunen, dem Bund und der Europäischen Union bewältigen können. Wir müssen gemeinsam kreativ werden und dass wir das können, beweisen wir eben auch mit der Projektmanufaktur.

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