Britta Kellermann: Rede zu "Kooperation statt Konfrontation: Fünf Jahre „Niedersächsischer Weg“ - ein Erfolgsmodell für den Bund?"
TOP 18a – Grüne Fragestunde - Kooperation statt Konfrontation: Fünf Jahre "Niedersächsischer Weg" - ein Erfolgsmodell für den Bund?
- Es gilt das gesprochene Wort -
Wir haben es in den zahlreichen Redebeiträgen gehört: Der „Niedersächsische Weg“ ist eine einzigartige Kooperation zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik. Die Vereinbarung verfolgt 15 Punkte zum Schutz der Natur, der Artenvielfalt und der Gewässer, die seitdem Schritt für Schritt umgesetzt werden.
So wurden zum Beispiel für die Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten 16 weitere Einrichtungen in die Förderung genommen, sodass derzeit 28 Ökologische Stationen in Niedersachsen bestehen. Ebenso wurde die Finanzierung von Ausgleichzahlungen an Landwirt*innen für Gewässerrandstreifen im Rahmen des Niedersächsischen Weges aus Mitteln der Wasserentnahmegebühr abgesichert. Das und die weiteren Maßnahmen des Niedersächsischen Weges sind ein Riesenerfolg für den Artenschutz!
Besonders hervorheben möchte ich aber die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure in den Arbeitsgruppen des Niedersächsischen Weges, die auch bei strittigen Themen nach Lösungen suchen. Kooperation bedeutet hier mehr als nur Arbeitsteilung im ökonomischen Sinne. Sie ist eine Haltung, die auf einem offenen Dialog basiert. Es geht darum, einander zuzuhören, Verständnis zu zeigen und die Bereitschaft zu haben, auch unterschiedliche Meinungen zu respektieren. Genau das gelingt offenbar in den Arbeitsgruppen des „Niedersächsischen Wegs“ – dort wird miteinander gesprochen und der Fokus liegt auf den Lösungen statt auf den Hindernissen.
Alleine deshalb ist der „Niedersächsische Weg“ ein Erfolgsmodell – er ist ein zutiefst demokratischer Weg, bei dem Geduld und Zusammenarbeit gefragt sind, um Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind.
Und auch der Start des „Niedersächsischen Wegs“ war zutiefst demokratisch.
Getragen von den Umweltverbänden BUND und NABU haben sich 2019 über 200 Vereine, Unternehmen und Parteien zu einem Bündnis zusammengeschlossen und das Volksbegehren Artenvielfalt ins Leben gerufen. Und obwohl die Unterschriftensammlung mitten in die Hochphase der Corona-Pandemie fiel, haben rund 163.000 Menschen in Niedersachsen unterschrieben und für besseren Schutz von Tieren und Pflanzen gestimmt. Ohne dieses Volksbegehren gäbe es den „Niedersächsischen Weg“ heute nicht!
Was wir aus dem 5 Jahren „Niedersächsischer Weg“ lernen können, ist, dass wir die großen Herausforderungen unserer Zeit am besten durch Kooperation bewältigen – und dass Spaltung, Hass und Hetze uns nicht weiterbringen.
Das Artensterben ist eine der größten Krisen unserer Zeit: Millionen von Arten könnten in nur wenigen Jahrzehnten für immer verschwinden und damit ganze Ökosysteme zu Fall bringen.
In einem Ökosystem hängt alles mit allem zusammen! Auch wenn wir auf den ersten Blick vielleicht nicht erkennen, was es bedeutet, wenn in einem Feuchtgebiet plötzlich keine Molche mehr leben, werden wir es durch andere Veränderungen zu spüren bekommen – etwa durch eine steigende Mückenpopulation.
Wir können uns als Menschen nicht getrennt von der Natur betrachten. Wir sind ein entscheidender Teil davon und gleichzeitig von ihren Systemdienstleistungen abhängig. Unsere Nahrung – Obst, Gemüse, Getreide – ist auf Bestäuber wie Bienen, Wespen und andere Insekten angewiesen. Es gibt auch viele andere Funktionen in der Natur, die für uns Menschen auf den ersten Blick keinen Nutzen haben, aber trotzdem unverzichtbar sind, weil sie das gesamte Ökosystem am Leben erhalten.
Es bleibt dringend notwendig, die Artenkrise weiter anzugehen und die Maßnahmen konsequent fortzusetzen. Das Modell des „Niedersächsischen Wegs“ kann auch auf Bundesebene helfen, wirksame Maßnahmen für den Natur- und Artenschutz in der Landwirtschaft zu etablieren. Das haben auch die Partner des Niedersächsischen Weges jüngst in einem Forderungspapier an die neue Bundesregierung adressiert: Nachahmen erwünscht!