Antrag: Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands verurteilen – Freiheitskampf der Ukraine weiterhin unterstützen!

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 Die Grünen

Völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands verurteilen – Freiheitskampf der Ukraine weiterhin unterstützen!

Entschließung

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert bereits über fünfzehn Monate an.
Der brutalen und rücksichtlosen russischen Kriegsführung zum Trotz, konnte die ukrainische Armee,
auch dank ziviler, logistischer und militärischer Hilfe ihrer internationalen Partner, beeindruckende
Erfolge in der Verteidigung ihres Landes erzielen. Die russischen Angriffe richten sich mittlerweile noch stärker gegen die technische und zivile Infrastruktur der Ukraine. Immer häufiger werden gezielt Kraftwerke, Krankenhäuser, Schulen und ziviler Wohnraum bombardiert. In den betroffenen Gebieten hungern und leiden die
Menschen. Russlands perfide Strategie, die ukrainische Bevölkerung zur Aufgabe zu zwingen, indem
es ihre Lebensgrundlagen sukzessive und nachhaltig zerstört, muss eine kontinuierliche Ächtung
erfahren. Mit seiner Aggression hat sich Russland als Mitglied der zivilisierten Welt verabschiedet; der Angriffskrieg richtet sich auch gegen die internationale Ordnung.

Die Niedersächsische Landesregierung hat den russischen Angriffskrieg von Beginn an aufs Schärfste verurteilt und sich an die Seite der Menschen in der Ukraine gestellt. So wurden mit dem ersten Nachtragshaushalt unter großem Zeitdruck Mittel bereitgestellt, die die Handlungsfähigkeit Niedersachsens infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs sicherstellen. Mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2022/2023 wurden weitere 472 Millionen Euro bereitgestellt, von denen ein Großteil genutzt wird, um die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung Kriegsvertriebener aus der Ukraine zu unterstützen.

In der Ukraine werden universelle Werte, wie Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Individualismus und Toleranz verteidigt. Die Weltgemeinschaft und die Europäische Union haben sehr schnell klar gemacht, dass sie der imperialistischen Aggression Russlands entschieden entgegentreten und dies mit Sanktionen gegen Russland sowie humanitärer und militärischer Unterstützung der Ukraine dauerhaft untermauert. Die internationale Staatengemeinschaft insgesamt, Deutschland, aber auch Niedersachsen, sind dazu aufgerufen,
die Ukraine weiterhin dabei zu unterstützen, ihr Recht auf Selbstverteidigung wahrzunehmen, damit diese ihren Kampf für Freiheit und Frieden gegen die russischen Aggressoren gewinnt und der so dringend notwendige Wiederaufbau der Ukraine schnellstmöglich begonnen werden kann.

Der Landtag stellt fest:

  • dass der russische Krieg gegen die ukrainische Zivilbevölkerung ein Kriegsverbrechen ist und auf Schärfste zu verurteilen ist und nicht nur die territoriale Existenz der Ukraine und die Identität des ukrainischen Volkes bedroht, sondern ein Angriff auf die freie Weltordnung insgesamt ist,
  • dass Niedersachsen fest an der Seite der Ukraine steht und den Freiheitskampf der Ukraine unterstützt und auch die Perspektiven Osteuropas im Verhältnis zu Russland vor diesem Hintergrund sehr ernst nimmt,
  • dass eine Relativierung der russischen Aggression auf das Schärfste zu verurteilen ist,
  • dass Niedersachsen schnell humanitäre Hilfe geleistet hat und u.a. medizinische Ausrüstung in die Ukraine geliefert hat und fortlaufend prüft, wie die Ukraine mit weiteren Hilfsgütern unterstützt werden kann,
  • dass es richtig ist, dass Deutschland auch schwere Waffen und Kampfpanzer liefert und dass die Weltgemeinschaft dazu aufgerufen ist, die Ukraine im Kampf um Freiheit, Unabhängigkeit und Souveränität mit zivilen und militärisch-sächlichen Ressourcen weiterhin intensiv zu unterstützen,
  • dass sich in Niedersachsen dank einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit Kommunen und Ehrenamtlichen 109.434 Personen aus der Ukraine aufhalten (Stand 4. Juni 2023),
  • dass Niedersachsen seine Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete aus der Ukraine in der Landesaufnahmebehörde mit Beginn des Angriffskriegs erhöht hat,
  • dass im April diesen Jahres ein guter und offener Austausch zwischen dem Botschafter der Ukraine in Deutschland, Olekseii Makeiev, mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten, dem Landtagspräsidium sowie mit den Vorsitzenden der Landtagsfraktionen stattgefunden hat,
  • dass sich die Generalkonsulin Dr. Irina Tybinka anlässlich des Jahrestags des Angriffskriegs im Februar 2023 im niedersächsischen Landtag für die Unterstützung der Ukraine und der Aufnahme Geflüchteter bedankt und appelliert hat, die Unterstützung fortzusetzen,
  • dass die formellen Landespartnerschaften mit den Regionen Perm und Tjumen in der Russischen Föderation sowie zahlreiche kommunale Partnerschaften mit Russland bis auf Weiteres ruhen,
  • dass die durch das Ruhen der Partnerschaften mit den russischen Regionen freigewordenen Haushaltsmittel des Landes sowie Mittel zur Internationalen Zusammenarbeit genutzt werden, um Projekte mit und in der Ukraine zu fördern,
  • dass konstruktive Gespräche unter anderem mit dem Botschafter der Ukraine sowie der Generalkonsulin zu einer Solidaritätspartnerschaft mit einer Region in der Ukraine stattgefunden haben,
  • dass Angebote, wie die Jobmessen für Geflüchtete aus der Ukraine, wie sie bereits in Northeim und Nienburg mit Unterstützung der Ämter für regionale Landesentwicklung stattfanden, Geflüchtete und Zugewanderte unterstützen,  
  • dass gemäß dem Handlungsleitfaden „Bildungsangebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine“ in Kitas und Schulen unterstützt werden und Schüler*innen grundsätzlich in Regelklassen unterrichtet werden, wo Integration und Teilhabe der rund 20.000 Schüler*innen aus der Ukraine nach den vorliegenden Erfahrungen am besten funktioniert und dass Schulpsychologie, Beratungslehrkräfte und Schulsozialarbeit mit entsprechendem Material unterstützt werden,
  • dass Schulen zusätzlich die Möglichkeit haben, Willkommensgruppen einzurichten, in denen sie im Schulalltag ankommen und begleitet werden,
  • dass die Anforderungen zur Einstellung ukrainischer Lehrkräfte und pädagogischer Kräfte so angepasst wurden, dass Prozesse beschleunigt und vereinfacht werden konnten,
  • dass die Pädagogischen Mitarbeiter*innen in diesem Bereich für das gesamte Jahr 2023 aus dem laufenden Haushalt gesichert wurden.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Ukraine auch weiterhin mit humanitären und militärischen Mitteln bestmöglich unterstützt wird,
  2. sich gegenüber der Bundesebene dafür einzusetzen, unter internationaler Beteiligung eine juristische Ahndung des Verbrechens des Angriffskrieges auf den Weg zu bringen. Gleichzeitig soll die Arbeit und Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) weiter gestärkt werden,
  3. sich an die Bundesregierung zu wenden um der Durchsetzung des Völkerrechts und der Gerechtigkeit zugunsten der Ukraine auf europäischer Ebene und darüber hinaus Nachdruck zu verleihen. Zu diesem Zweck möge die Bundesregierung sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass ein ukrainisches oder internationales Sondertribunal eingerichtet wird. Ihm sollen internationale Richter angehören. Unser Ziel ist es, dass die Verantwortlichen der russischen Aggression vor Gericht gestellt werden,
  4. sich gegenüber der Bundesregierung dafür stark zu machen auch weiterhin gemeinsam mit der Ukraine und internationalen Partnern für eine juristische Ahndung der russischen Kriegsverbrechen einzusetzen,
  5. schnellstmöglich noch in diesem Jahr eine offizielle Solidaritätspartnerschaft des Landes mit einer Region in der Ukraine zu schließen, um den Freiheitskampf des ukrainischen Volkes gegen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg sichtbar zu unterstützen, wobei es sinnvoll ist, bestehende Kontakte z.B. in die Oblast Mykolajiw zu nutzen. Ziel ist, eine langfristige Partnerschaft des Landes zu etablieren,
  6. bei der Ausgestaltung der Solidaritätspartnerschaft auch Hochschulkooperationen zu ermöglichen,
  7. ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung zustellen, um Projekte in und mit der Ukraine zu fördern,
  8. gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt einen kontinuierlichen Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern der russischen Opposition zu etablieren,
  9. die Kommunen hinsichtlich der Anbahnung und Etablierung von Partnerschaften zu ukrainischen Kommunen zu unterstützen auch um die Ausweitung bereits bestehender niedersächsisch-ukrainischer Partnerschaften zu forcieren,
  10. die aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen gemäß des Handlungsleitfadens „Bildungsangebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine“ grundsätzlich in Regelklassen zu unterrichten und zusätzlich weiterhin Willkommensklassen als weitergehende Unterstützung anzubieten,
  11. die aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen auch künftig über die Schulpsychologie, Beratungslehrkräfte und Schulsozialarbeit zu unterstützen, zusätzlich zu traumatherapeutischen Angeboten im Gesundheitswesen,
  12. ukrainische Lehrkräfte und pädagogisches Personal wie bisher schnell und so einfach wie möglich an niedersächsischen Schulen einzustellen.

Begründung

Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine steht die Europäische Union vor einer neuen Sicherheitslage. Die zunehmende außenpolitische Aggression Russlands hat sich mit dem Krieg im Donbass und der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim bereits in den letzten Jahren abgezeichnet. Die Menschen in der Ukraine kämpfen für ihre Freiheit, eine Zukunft ohne Angst vor Gewalt durch Besatzer und ihr demokratisches Land. Sie zahlen dafür einen Preis, der kaum vorstellbar ist. Fast jeder in der Ukraine hat bereits liebgewonnene Familienmitglieder, Freunde oder Arbeitskollegen in diesem Krieg verloren.

Die Ukraine darf in ihrem Freiheitskampf gegen die russischen Aggressoren nicht alleine gelassen werden. Wer Frieden und Sicherheit in Europa will, darf Angriffskriege nicht belohnen. Die demokratischen Staaten müssen und werden eng und solidarisch zusammenstehen um diesen Angriffskrieg scheitern zu lassen. Neben ziviler und infrastruktureller Hilfe benötigt die Ukraine schwere Waffen, um den Krieg zu gewinnen. Die Erfahrung mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat gezeigt, wie erfolgreich die Verfolgung schwerer Kriegsverbrechen, teilweise auch Jahre nach deren Begehung, sein kann. Diese Erfahrungen gilt es auch für die infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine begangenen Verbrechen der russischen Seite zu nutzen. Mit dem verbrecherischen russischen Regime können keine bilateralen Vereinbarungen mehr bestehen. Die Landespartnerschaften sowie zahlreiche kommunale Partnerschaften ruhen deshalb derzeit. Erst, wenn Russland sich glaubwürdig von jeder Form des Imperialismus verabschiedet können diese Kontakte wieder aufgenommen werden. Sie werden dann zur Unterstützung demokratischer und freier Strukturen wieder notwendig sein.

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