Antrag: Verfassungsfeindliche Propaganda und Hetze im Internet konsequent bekämpfen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

  1. Die Beleidigungen und Bedrohungen in so genannten sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und ähnlichen haben dramatisch zugenommen. Auch Volksverhetzung wird in diesen Netzwerken verstärkt betrieben. Das Ausmaß der Hetze trägt zu einem Klima der Angst bei und dient als Ermutigung und Bestärkung für diejenigen, die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verüben und Flüchtlinge und deren Unterstützer auf andere Weise angreifen.
  2. Die Verantwortlichen von sozialen Netzwerken können sich gemäß §130 Abs. 2 StGB der Volks-verhetzung strafbar machen, wenn sie volksverhetzende Inhalte tolerieren und nicht umgehend löschen.
  3. Die Straftatbestände der Beleidigung (§185 StGB) und Bedrohung (§241 StGB) sind auch im Internet vollständig anwendbar. Die gegenwärtigen Regelungen des Strafgesetzbuches zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§86 StGB) und zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB) weisen Strafbarkeitslücken in den Fällen auf, in denen Täterinnen und Täter im Ausland entsprechende Propagandamittel bzw. Kennzeichen im Internet hochladen, auch wenn diese Seiten durch  deutsche Nutzerinnen und Nutzer wahrnehmbar sind

Der Landtag begrüßt:

  1. Die Initiative von Bundesjustizminister Heiko Maas die Betreiber Sozialer Internetnetzwerke dazu zu bewegen, gegen Hassparolen, Beleidigungen und Bedrohungen in ihrem Einflussbereich vorzugehen und diese nicht zu tolerieren.
  2. Die Bundesratsinitiative der Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Niedersachsen zu einer Verschärfung der Paragrafen 86 und 86a StGB mit dem Ziel, auch verfassungsfeindliche Inhalte, die im Ausland ins Internet eingestellt werden und für Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland wahrnehmbar sind, von der Strafnorm zu erfassen.
  3. Die Implementierung der Bekämpfung von Cybercrime als Kernelement der strategischen Aus-richtung 2020 der niedersächsischen Polizei. Um das angestrebte Ziel „WIR haben qualifiziertes Personal, die Organisation und Technologie zur Bekämpfung von Cybercrime“ zu erreichen, wer-den fortlaufend umfangreiche Maßnahmen und Projekte initiiert und umgesetzt. Den besonderen Herausforderungen von Cybercrime wird damit wirksam begegnet und die strukturellen Grundlagen für ein nachhaltiges Verhindern rechtsfreier Räume in der digitalen Welt gelegt.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. Zu prüfen, ob weiterer Reformbedarf im Bereich des Strafrechts, zum Beispiel bei den Paragrafen 130 und 130a StGB, besteht. Ziel muss es sein, dass auch diese Strafnormen Straftaten, die aus dem Ausland heraus begangen werden aber in Deutschland ihre Wirkung entfalten, erfassen. Entsprechende Initiativen müssen gegebenenfalls ergriffen werden.
  2. Die konsequente strafrechtliche Verfolgung von im Internet begangenen Beleidigungen, Bedrohungen, Volksverhetzungen und ähnlichen Delikten sicherzustellen. Auch Verantwortlichen sozialer Netzwerke muss ihre strafrechtliche Verantwortung bewusst gemacht werden.

Begründung

Seit vielen Monaten nehmen Beleidigungen, Bedrohungen, Volksverhetzung und ähnliche Delikte im Internet dramatisch zu. Es entsteht der Eindruck, dass das Internet dazu beiträgt, dass bei vielen Menschen Hemmschwellen sinken und sich blanker Hass öffentlich Bahn bricht. Insbesondere Personen, Verbände und Behörden, sie sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus engagieren, werden immer häufiger Ziel von zum Teil heftigen Attacken. Aber auch Terrorgruppen wie der so genannte islamische Staat (Daesh) nutzen das Internet zur Verbreitung ihrer verfassungsfeindlichen Propaganda.

Es ist zu begrüßen, dass Bundesjustizminister Heiko Maas die Betreiber sozialer Netzwerke stärker dafür sensibilisiert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und solche Inhalte konsequent zu löschen.

Das deutsche Strafrecht erfasst diese Straftaten bislang nur unvollständig. Werden verfassungsfeindliche Inhalte im Ausland hochgeladen, so ist die Tat mangels Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts  selbst dann nicht strafbar, wenn die Tat von Deutschen begangen wird und Deutsche die Zielgruppe der Inhalte sind. Das ist nicht zufrieden stellend. Eine Erweiterung des Katalogs der Auslandstraftaten in §5 StGB ist geboten und verstößt hier auch nicht gegen das grundsätzlich geltende Territorialitätsprinzip im Strafrecht, da die Strafbarkeit nur dann eintreten soll, wenn der Täter seinen gewöhnlichen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat. Die entsprechende Initiative unter anderem von Niedersachsen ist daher zu begrüßen und muss weiter vorangetrieben werden.  

Zu prüfen ist, ob neben der von Niedersachsen angestoßenen Veränderungen weiter Änderungsbedarf im Strafrecht besteht.

Die Niedersächsische Landesregierung hat im Bereich der Polizei bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen um Kriminalität im Internet wirksam zu begegnen. Dazu gehört neben der Gewinnung von externen IT-Spezialistinnen und IT-Spezialisten, einer qualitativ hochwertigen Fortbildung der Ermittlerinnen und Ermittler sowie der verstärkten Einbindung externen Sachverstands eine insgesamt bessere IT- technische Ausstattung sowohl in forensischen als auch in ermittelnden Bereichen. Darüber hinaus erfolgt die Durchführung eines Analyseprojekts im Landeskriminalamt Niedersachsen unter geeigneter Einbindung der Polizeidirektionen und der Polizeiakademie Niedersachsen um den wachsenden Herausforderungen im Bereich Big Data für die Polizei zu begegnen.

Die Strafverfolgungsbehörden sind grundsätzlich aufgefordert, entsprechende Delikte auch wenn sie im Internet begangen werden, soweit rechtlich zulässig konsequent zu ahnden und damit in ihrem Verantwortungsbereich alles dafür zu tun, dem gegenwärtigen Klima der Einschüchterung und des Hasses entgegen zu treten. Die Demokratie und die engagierten Demokratinnen und Demokraten müssen auch durch die Justiz geschützt und verteidigt werden.

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