Antrag: Umfassende Maßnahmen zur Digitalisierung der Verwaltung weiter konsequent vorantreiben – IT-Strukturen konsolidieren und Cybersicherheit stärken!
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Umfassende Maßnahmen zur Digitalisierung der Verwaltung weiter konsequent vorantreiben – IT-Strukturen konsolidieren und Cybersicherheit stärken!
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die positiven Effekte der Digitalisierung leisten einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels, zur effizienten Aufgabenerledigung, zur Beschleunigung von Prozessen sowie zur Erhöhung des Vertrauens der Bevölkerung und der Wirtschaft in die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Die Bewältigung von sicherheitspolitischen Herausforderungen im Zuge der Digitalisierung sind nicht nur für Staat, Behörden und Verwaltung, sondern auch für Unternehmen von hoher Bedeutung. Unsere Gesellschaft und Wirtschaft sind von immer komplexer werdenden Cyberangriffen und digitalen Desinformationskampagnen bedroht. Diesen gilt es mit gut ausgestatteter IT-Infrastruktur und einer funktionierenden Cyberabwehr konsequent entgegenzuwirken.
Das im Jahr 2017 beschlossene Online-Zugangsgesetz (OZG) war Grundlage für eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zur Umsetzung der Vorgaben und zur flächendeckenden Digitalisierung der Verwaltungsleistungen nach dem Einer-für-alle-Prinzip (EfA-Prinzip). Das Land Niedersachsen ist dabei zuständig für die Transformation der Leistungen im Gesundheitsbereich und hat die entsprechenden IT-Lösungen vorbereitet, entwickelt und den Kommunen in Niedersachsen sowie den anderen Bundesländern zur Nutzung angeboten.
Aufgrund des engen Zeitplans der OZG-Vorgaben konnten nicht durch alle Länder alle Verfahren abgeschlossen werden. Auch vor diesem Hintergrund wurde durch die Bundesregierung das OZG-Änderungsgesetz beschlossen. Mit den neuen gesetzlichen Regelungen soll die Digitalisierung in Deutschland vorangebracht werden. Die wesentlichen Elemente sind mehr Sicherheit und Vereinfachungen beim Datenschutz, eine Abschaffung des Schriftformerfordernisses, ein Rechtsanspruch auf Onlinedienste, Vereinfachungen durch Setzung zentraler Standards oder die Verankerung des Once-Only-Prinzips zum Abbau von Bürokratie und für Vereinfachungen bei Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen. Im Bundesrat wurde die Verabschiedung des Gesetzes trotz Zugeständnissen des Bundes leider verhindert. Die weitere Entwicklung des OZG ist derzeit offen. Die Blockade des OZG-Änderungsgesetzes darf aber nicht zum Stillstand der Bemühungen in Niedersachsen führen.
Das Land Niedersachsen hat in den vergangenen Jahren die Digitalisierung vorangetrieben und auch mit unterschiedlichen Maßnahmen die Weiterentwicklung der Digitalisierungsprozesse in den Kommunen unterstützt. Mit dem Haushalt 2024 stellt das Land den Kommunen ca. 10 Mio. Euro zur Unterstützung bei den Betriebskosten für Online-Dienste zur Verfügung. Ergänzt wird dies durch das Angebot eines für Kommunen kostenlosen Cybersicherheitschecks und eines Beratungsangebotes zur Entwicklung einer Digitalstrategie.
Um die Weichen für den weiteren digitalen Transformationsprozess zu stellen, beschloss die Landesregierung die Strategie „Digitale Verwaltung 2030“. Diese beinhaltet u.a. auch das weitere strategische Vorgehen zum Einsatz neuer Technologien wie KI, zur Anwerbung von IT-Personal sowie zur Sicherung der Informationstechnik, die so klimaschutzfreundlich wie möglich aufgestellt sein soll.
Auf dieser Grundlage wurde am 19.03.2024 der Handlungsplan Digitale Verwaltung Niedersachsen (DVN) beschlossen, um wesentliche Inhalte der Strategie in die Praxis umzusetzen und die digitale Transformation der niedersächsischen Landesverwaltung in den nächsten Jahren effektiv voranzubringen. Die Hauptanliegen sind eine vollständige Verfügbarkeit eines Onlinezugangs für die relevanten Verwaltungsleistungen, die weitestgehende Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsabläufen und der Einsatz von künstlicher Intelligenz in einer gesicherten Umgebung.
Für das mit der Digitalisierungsstrategie angestrebte Ziel einer Konsolidierung der IT-Strukturen der Landesverwaltung und einer Bündelung von Kompetenzen erfolgt derzeit eine unabhängige Evaluation der bestehenden Strukturen. Parallel hat die Landesregierung eine Überprüfung der wichtigsten Geschäftsprozesse unter dem Leitgedanken „Einfacher-schneller-günstiger“ in die Wege geleitet. Hieraus werden sich weitere Maßnahmen und Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Digitalisierung ergeben.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der Landtag:
- die umfangreichen eingeleiteten Maßnahmen in Niedersachsen zur digitalen Transformation und die durch die Landesregierung beschlossene zielorientierte Strategie „Digitale Verwaltung 2030“ sowie den Handlungsplan DVN,
- die Fertigstellung von Onlinediensten im Themenfeld Gesundheit und die bundesweite Bereitstellung,
- die Prüfung und Bereitstellung von Onlinediensten anderer Bundesländer für unser Land und unsere Kommunen sowie die Entwicklung von eigenen Onlinediensten zum Einsatz in der Verwaltung des Landes und der Kommunen,
- die Einführung der elektronischen Akte (eAkte) auf mittlerweile 15.000 Arbeitsplätzen und die geplante Vollausstattung auf 30.000 Arbeitsplätzen, für die eine eAkte notwendig ist,
- die Gründung eines KI-Kompetenzzentrums Niedersachsen (KIKoN),
- die Unterstützung der Kommunen und der mittelbaren Landesverwaltung durch die Bereitstellung von Basisdiensten, Beratungsangeboten im Bereich Cybersicherheit und Strategieentwicklung sowie durch Übernahme von Betriebskosten für Onlinedienste in 2023 und 2024 sowie
- die weitere Konsolidierung bei der Betreuung von IT-Arbeitsplätzen und die verstärkte Nutzung des neuen, energieeffizienten Rechenzentrums.
Darüber hinaus bittet der Landtag die Landesregierung:
- den digitalen Transformationsprozess nach dem Handlungsplan DVN voranzubringen, um Verwaltungsleistungen einfach, intuitiv und mobil nutzbar online anzubieten und auch die Prozesse innerhalb der Verwaltung im Sinne einer Ende-zu-Ende-Digitalisierung vollständig elektronisch zu unterstützen,
- Prozesse in der Verwaltung mithilfe der Digitalisierung weiter zu optimieren. Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen sollen nach Möglichkeit nur einmal Ihr Anliegen vortragen bzw. dafür Daten bereitstellen müssen. Dies erfordert u.a. die Modernisierung der Register, die vollständige Einführung der elektronischen Aktenführung und den Einsatz moderner Fachverfahren. Angestrebt wird ein einheitliches Serviceportal mit allen EfA-Leistungen, das mit einem offenen Quellcode (Open Source) und zentraler Softwareverwaltung arbeitet.
- im Zuge der Digitalisierung die bestehenden Gesetze und Verordnungen sowie die verwaltungsseitigen Anforderungen an Verwaltungskundinnen und -kunden im Sinne eines Bürokratieabbaus zu prüfen und möglichst zu vereinfachen,
- die eingeleitete Konsolidierung der IT-Strukturen konsequent fortzuführen und die vorhandenen ressortspezifischen IT-Dienstleisterinnen und -leister stärker miteinander zu vernetzen und dem Landtag über etwaige Maßnahmen nach Abschluss der Evaluation zu berichten,
- die bestehenden IT-Sicherheitssysteme gegen die gestiegenen Bedrohungen aus dem Cyber-Raum zu rüsten und den Aufbau eines Cybersicherheitszentrums für das Land Niedersachsen zum Schutz von wichtigen Infrastrukturen voranzubringen,
- die Weiterentwicklung eines wirkungsvollen Notfallmanagements für den Fall eines erfolgreichen Cyberangriffs voranzutreiben,
- weitere Initiativen zur Nutzung moderner Technologien zu prüfen, insbesondere den Einsatz verschiedener KI-Tools zur Verfahrensvereinfachung und das Hineinwachsen in eine hybride Cloud-Infrastruktur,
- Ausbildungs- und Studienangebote im IT-Bereich auszubauen und moderne Arbeitsmodelle und Arbeitsformen sowie neue Einstiegs- und Besoldungsmöglichkeiten für die Beschäftigten des Landes u.a. zur Gewinnung von IT-Personal zu prüfen und damit die Anzahl der externen Beraterinnen und Berater zu reduzieren,
- auf eine weitere Vereinheitlichung und Modernisierung von Fachverfahren, IT-Strukturen und Dienstleistungsangeboten für die Kommunen hinzuwirken. Vor allem die Kommunen sind gefordert, das Online-Rathaus Realität werden zu lassen. Dabei soll geprüft werden, wie die kommunale Ebene durch das Land finanziell unterstützt werden kann, insbesondere interkommunale Verbünde bzw. die Zusammenarbeit der Kommunen sollen dabei in den Blick genommen werden.
- die Verlagerung von Serverräumen auf das zentrale Rechenzentrum im Hinblick auf Energieeinsparungen zu forcieren und mit der Erarbeitung einer Green-IT-Strategie die Weichen für weitere klimaschutzfreundliche Maßnahmen in diesem Sektor zu stellen,
- zu prüfen, wie die Beschaffungsstrategie für IT-Technik unter dem Aspekt des Klima- und Ressourcenschutzes neu und kostensparend ausgerichtet werden kann,
- zu prüfen, wie Bürgerinnen und Bürger durch niedrigschwellige Fortbildungsangebote und Digitallotsinnen und -lotsen bei der Teilhabe an den neuen Technologien unterstützt und für Gefahren durch Cyberangriffe sensibilisiert werden können.
Begründung
Eine digital gut aufgestellte Verwaltung vereinfacht Prozesse sowie interne und externe Arbeitsabläufe im Zusammenhang mit Kommunikation, Informationsaustausch und Serviceleistungen. Der Bericht des Landesrechnungshofs hat insbesondere bei der Steuerung und der Standardisierung der IT-Infrastruktur des Landes Potenziale und Handlungsfelder aufgezeigt.
Vor allem die landesweite Koordinierung zwischen allen Ressorts und Landesbehörden muss nachhaltig gestärkt und damit die Konsolidierung der IT-Strukturen vorangetrieben werden.
Eine erfolgreiche Digitalisierung ist aber auch vor allem für die Kommunalverwaltungen vor Ort ein zunehmend wichtiger Standortfaktor. Daher wollen wir als Land die Kommunen bei der Umsetzung des OZG verstärkt unterstützen, damit Alle in Niedersachsen die Vorteile einer digitalen Verwaltung nutzen können. Die Komplexität der Digitalisierung im föderalen System und der Mangel an Personal machen es insbesondere den Kommunen schwer, ihre eigene Digitalisierung voranzutreiben. Zur Vermeidung ungleicher Lebensverhältnisse muss die Unterstützung der Kommunen durch das Land fortgeführt werden.
Der nächste wichtige Schritt ist die Modernisierung der Register beim Land und den Kommunen in Zusammenarbeit mit dem Bund. Durch den angestrebten automatischen Datenaustausch zwischen Behörden wird den Bürgerinnen, Bürgern und den Unternehmen ein hoher Aufwand erspart. Gleichzeitig wird damit die Grundlage dafür gelegt, die Verwaltungen in Zukunft trotz des sich verschärfenden Fachkräftemangels funktionsfähig zu halten. Durch einfache und gut funktionierende digitale Verwaltungsprozesse wird das Vertrauen in den Staat gestärkt. Die Landesverwaltung muss auch hier die Kommunen, die eine hohe Zahl von Registern führen, wirksam unterstützen.
Bei der Betrachtung von Erfolgsfaktoren für eine gute Digitalisierung schneiden diejenigen Staaten gut ab, die über alle föderalen Ebenen möglichst einheitliche und standardisierte Strukturen haben. In der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zeigen sich leider wieder erstarkende Eigeninteressen, die bei einer gemeinsamen Digitalisierung hinderlich sind. Das Land Niedersachsen sollte seinen Weg einer Unterstützung gemeinsamer Strukturen konsequent fortsetzen und auch bei den Kommunen dafür werben, sich in IT-Aufgaben stärker in Verbünden zu organisieren.
Die voranschreitende Digitalisierung bietet viele Vereinfachungen des Alltages, birgt jedoch auch Herausforderungen für die IT-Sicherheit des Landes. Für die Abwehr von Cyberangriffen ist deswegen der Aufbau eines Cybersicherheitszentrums, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, notwendig, auch um die Handlungsfähigkeit des Staates jederzeit sicherzustellen. Durch dieses Zentrum sollen insbesondere die Kommunen und die Unternehmen besser dabei unterstützt werden, Cyberangriffe abzuwehren und die Folgen von Angriffen schneller zu überwinden.