Antrag: Taktische Einsatzkennzeichnung niedersächsischer Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Der Landtag wolle beschließen:
Taktische Einsatzkennzeichnung niedersächsischer Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen
Entschließung
Beamtinnen und Beamten sowie Angestellten im Öffentlichen Dienst ist die Demokratie im besonderen Maße anvertraut. Dies gilt in ganz besonderem Maß auch und gerade für die Polizei in Niedersachsen, die nicht nur die demokratische Verfassungsordnung verteidigt, wenn sie gefährdet ist, sondern Polizei vermittelt in ihrem gesamten Auftreten auch die demokratischen Werte unseres Gemeinwesens, so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D. und Vorsitzende des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Andreas Voßkuhle in seiner Key Note auf dem Kongress Netzwerk Demokratiestarke Polizei im Oktober 2023. Daher genießt die Polizei ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung und ist zugleich in besonderer Weise gefordert, dieses Vertrauen jederzeit auch gegenüber ihren größten Kritikerinnen und Kritikern unter Beweis zu stellen. Keine leichte Aufgabe, gerade weil „das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Institution Polizei nicht dazu führen darf, sich zurückzulehnen und auf schlechte Umfragewerte anderer staatlicher Akteure zu verweisen. Vielmehr gilt es, die besondere Verantwortung der Polizei für den demokratischen Rechtsstaat fortlaufend mit Leben zu erfüllen – und dazu gehört auch eine strukturelle Weiterentwicklung“, so Andreas Voßkuhle weiter.[1]
Vor diesem Hintergrund begrüßt der Landtag ausdrücklich die intensiven Bemühungen der Landesregierung für unsere Polizei. Mit Initiativen wie „Polizeischutz für die Demokratie“ wird ein klares Zeichen für eine starke, demokratisch eingebundene Polizei gesetzt, die auf Vertrauen, Transparenz und rechtsstaatlicher Legitimation fußt und damit auch auf die innere Haltung der Polizei ausstrahlt.
Die Polizei in Niedersachsen erfüllt tagtäglich ihre Aufgaben mit hoher Professionalität, Besonnenheit und Verlässlichkeit und ist dabei gefordert, den hohen Anforderungen an das staatliche Gewaltmonopol gerecht zu werden. Deshalb sind auch die Anforderungen an Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns bei der Polizei besonders hoch - resultiert doch das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen zum einen aus der Akzeptanz von und Legitimation durch klare Verfahrensregeln und zum anderen durch die Möglichkeit der Aufsicht staatlichen Handelns auf der anderen Seite.
Ziel der Einrichtung der wissenschaftlich begleiteten Pilotierung einer anonymisierten, individualisierten taktischen Einsatzkennzeichnung niedersächsischer Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen ist es deshalb, hier durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit das Vertrauen in die Polizei weiter zu stärken und die hohe demokratische Verankerung sowie Professionalität der niedersächsischen Polizei sichtbar zu machen.
Bereits heute kommen in spezialisierten Einheiten individuelle taktische Kennzeichnungen zum Einsatz, die sich in der Bewältigung besonderer Lagen bewährt haben. So werden etwa bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen taktische Helmkennzeichnungen getragen, die sich insbesondere in der Konzeption und Durchführung dieser Einsätze als hilfreiches Mittel zur internen Orientierung und Kommunikation erwiesen haben.
Die anonymisierte, individualisierte taktische Einsatzkennzeichnung niedersächsischer Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen ist somit ein Element moderner Einsatzkultur, das Transparenz schafft, Vertrauen ins staatliche Gewaltmonopol stärkt und zugleich die Schutzinteressen der Polizeikräfte in anspruchsvollen Einsätzen schützt sowie die Einsatzfähigkeit in Hochbelastungssituationen stärkt.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der Landtag
- die Initiative „Polizeischutz für die Demokratie“ der Polizei Niedersachsen, die durch die Qualifizierung von Demokratiepatinnen und -paten das freiheitlich-demokratische Selbstverständnis innerhalb der Polizei stärkt und die Widerstandskraft gegen demokratiegefährdende Tendenzen erhöht,
- die enge Zusammenarbeit der Polizei mit zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren im Rahmen dieser Initiative, die den Austausch fördert und die Polizei als aktive Partnerin im Schutz der Demokratie sichtbar macht.
Der Landtag bittet die Landesregierung daher,
- ein zunächst auf zwei Jahre angelegte Pilotphase zur befristeten anonymisierten, individualisierten taktischen Einsatzkennzeichnung niedersächsischer Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen umzusetzen,
- das Projekt von Beginn an wissenschaftlich evaluieren und begleiten zu lassen, insbesondere mit Blick auf Auswirkungen auf die Einsatzpraxis, das Sicherheitsgefühl der eingesetzten Polizeikräfte sowie auf das Vertrauen der Bevölkerung,
- dem Niedersächsischen Landtag zum Ablauf der Frist einen Evaluationsbericht als Grundlage für eine Entscheidung über eine dauerhafte Implementierung vorzulegen.
Begründung
Die Polizei in Niedersachsen ist eine tragende Säule und Partnerin bei der Verteidigung unserer Demokratie. Sie schützt die öffentliche Sicherheit, steht für die Durchsetzung rechtsstaatlicher Ordnung und begegnet den vielfältigen Herausforderungen des Alltags mit Engagement, Professionalität und Verantwortungsbewusstsein. Polizeikräfte, die sich diesem Auftrag mit höchster Integrität verpflichtet fühlen und danach handeln, verdienen daher gesellschaftliche Anerkennung, politischen Rückhalt und konkrete Unterstützung.
Zugleich gilt es, das hohe Vertrauen der Bevölkerung weiter zu stärken und hierfür alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die eine vernünftige und sinnvolle Balance zwischen Vertrauensvorschuss und Nachvollziehbarkeit herstellen, ohne den polizeilichen Alltag über Gebühr zu belasten oder die konkreten Schutzinteressen von Polizeikräften in geschlossenen Einsätzen zu übergehen. Die zunächst pilotierte Einführung einer anonymisierten, individualisierten taktischen Einsatzkennzeichnung niedersächsischer Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen bietet hierfür einen erprobbaren und rechtsstaatlich eingebetteten Ansatz. Sie dient nicht nur der objektiven Nachvollziehbarkeit des Einsatzgeschehens, sondern unterstützt auch die Orientierung innerhalb der taktischen Einheit in Hochbelastungssituationen.
Die wissenschaftliche Begleitung der Pilotierung etwa an der Zentralen Polizeidirektion Hannover (ZPD) ermöglicht eine fundierte Bewertung möglicher Auswirkungen auf Einsatzabläufe, Vertrauensverhältnisse und das Sicherheitsempfinden aller Beteiligten. Zugleich erlaubt die Begrenzung auf geschlossene Einsätze eine passgenaue Erprobung unter realistischen Einsatzbedingungen, bei denen eine Zuordnung einzelner Kräfte bislang zwar grundsätzlich möglich, aber mitunter schwierig ist.
Die Einführung der anonymisierten, individualisierten taktischen Einsatzkennzeichnung setzt ein klares Zeichen für eine moderne, transparente und vertrauenswürdige Polizei.