Antrag: Schulen und Kitas in Corona-Zeiten pandemiefest und gerecht aufstellen: Infektionsschutz ernst nehmen, Digitalisierung vorantreiben, sozialen Härten begegnen, Planungssicherheit schaffen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Schulen und Kindertagesstätten sind durch die Corona-Pandemie erheblich beeinflusst worden. Nach wochenlangen Schließungen haben die Schulen und Kitas nun mit einem eingeschränkten Betrieb begonnen, ihre Arbeit wiederaufzunehmen. Da Schulen und Kindertagesstätten zentrale Bildungseinrichtungen sind, ist es entscheidend, durch eine vernünftige Planung und Vorsorge zu gewährleisten, dass ihr Weiterbetrieb in den verschiedenen Phasen der Pandemie gewährleistet ist. Gerade Bildungsungerechtigkeiten wurden in den letzten Wochen und Monaten durch die Corona-Krise verschärft. Errungenschaften wie ein Ganztagsschulsystem sind derzeit durch die Corona-Pandemie und den bestehenden Personalmangel in Frage gestellt. Dabei sind gerade diese umfassenden Angebote geeignet, die Versäumnisse der letzten Wochen und Monate wieder aufzufangen.

Vor diesem Hintergrund stellt der Landtag fest:

  1. Deutschland und Niedersachsen sind bislang verhältnismäßig glimpflich durch die Pandemie gekommen. Das liegt auch an dem schnellen Handeln der staatlichen Akteure.
  2. Der Perspektive von Familien, Kindern und Jugendlichen wurde lange zu wenig Priorität bei der Umsetzung von Öffnungskonzepten eingeräumt. 
  3. Infektionsschutz hat eine hohe Priorität, auch an Niedersachsens Schulen und Kitas. Planungssicherheit, Transparenz und die Vermeidung von Infektionsherden sind handlungsleitend für den Umgang mit der Pandemie. 
  4. Die Digitalisierung in Niedersachsen muss weiter vorangetrieben und an Schulen verankert werden. Hierfür bedarf es einer digitalen Ausstattung der Schüler*innen und Lehrkräfte und einer Unterstützung der Schulen bei der Schaffung pädagogischer und datenschutzsicherer Konzepte, eine fest verankerte Netzwerkadministration, damit die Systeme gepflegt werden und eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der Digitalisierung an Schulen.
  5. Die Corona-Krise hat Stärken und Schwächen unseres Bildungssystems aufgedeckt und es mussten Entscheidungen getroffen werden, für die es vorher keine Erkenntnisse gab. Diese gilt es jetzt auszuwerten und für künftige Pandemien daraus Konsequenzen zu ziehen.
  6. Die Corona-Pandemie hat bestehende Bildungsungerechtigkeiten verschärft und besonders sichtbar gemacht. Diesen gilt es offensiv zu begegnen.
  7. Die Corona-Pandemie hat trotz aller Schwierigkeiten an Schulen neue Formen des Unterrichtens und Arbeitens ermöglicht, die es auch nach Corona zu erhalten und auszubauen gilt. 

Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf:

1.      Bei künftigen Pandemiegeschehen die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sowie Familien stärker in den Blick zu nehmen und Modelle zu entwickeln, die Planungssicherheit und Absicherung von Familien ermöglichen:

a.      Hierfür soll die Landesregierung sich auf Bundesebene für ein Pandemie-Elterngeld einsetzen, das in Zeiten des Pandemiegeschehens Eltern rechtlich und finanziell dabei absichert, ihre Kinder zu betreuen.

b.      Insbesondere in Städten müssen Räume erhalten bleiben, die es Kindern, die in en-gen Wohnverhältnissen leben, ermöglicht rauszukommen und sich zu bewegen.

c.      Für die Zeiten von Kita- und Schulschließungen sollen Konzepte zur Beschäftigung und Begleitung erarbeitet werden, die die Härten der sozialen Isolation abmildern und verhindern.

d.      Komplettschließungen von Kitas und Schulen gilt es nach Möglichkeit so lange es geht, zu vermeiden. Hierfür sollen flexible Kleingruppenmodelle in Pandemiezeiten zugelassen und vor allem Angebote unter freiem Himmel ermöglicht, bevorzugt genutzt und geschaffen werden, um Infektionen bestmöglich zu vermeiden. Gleichzeitig sollen insbesondere soziale und Kinderschutzkriterien bei der Schaffung von Kleingruppenangeboten berücksichtigt werden. Kommunen werden in Pandemie-zeiten hierfür Geld und Handlungsfreiräume zur Verfügung gestellt, um regionale Lösungen unter Achtung des Kinderschutzes zu schaffen.

e.      Analog zu den Szenarien nach Infektionslage für die Schule sollen für den Bereich der frühkindlichen Bildung gemeinsam mit den kommunalen Trägern Szenarien Pläne erarbeitet werden. Ziel ist eine möglichst hohe Versorgungslage auch bei hohem Infektionsgeschehen zu ermöglichen.

f.       Die Landesregierung soll Regelungen treffen, die es Schulleitungen und Kitaleitun-gen ermöglicht, in Absprache mit den entsprechenden Gremien die Gruppenanzahl flexibel zu gestalten und nach den Bedarfen auszuweiten. Dabei sollen sie auf weiteres pädagogisches Personal und entsprechend weitere Örtlichkeiten zugreifen können. So bieten sich beispielswiese Gemeindehäuser oder Jugendzentren, Tier-parks oder regionale Umweltbildungszentren an, um die Betreuung in kleineren, festen Gruppen zu ermöglichen und damit auch flexibel auf eventuelle Infektionen und/oder Schließungen reagieren zu können. Die Kosten für zusätzliches Personal und die Anmietung der Räume sind den Kita-Trägern zu erstatten.

g.      Auf der Basis gemeinsamer, rechtssicherer Konzepte für Jugendhilfeeinrichtungen, Schul- und Kita-Personal sowie Jugendämter und ASD für aufsuchende und begleitende Arbeit wird der Kinderschutz gewährleistet. Dabei soll jedes Kind in Kontakt zum pädagogischen Personal bleiben.

h.      Es werden feste Strukturen für die Beratung und die Begleitung von Eltern beim Lernen und Betreuen zuhause etabliert.

2.      Die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen aber auch der Lehrkräfte und Erzieher*innen sowie weiteren Mitarbeiter*innen in Schule und Kita zu achten und zu schützen. Bei Risiken sind entsprechende Alternativen vorzuhalten. Verlässliche Kriterien und Transparenz müssen Planungssicherheit ermöglichen. Die Schul- und Kitaorganisation ist derart zu unterstützen und zu flexibilisieren, dass Schulleitungen, Lehrkräfte und Erzieher*innen die Möglichkeit haben, frühzeitig pädagogisch begründete individuelle Entscheidungen zu treffen, die den Bildungserfolg aller gewährleisten.

a.      Die Landesregierung soll sicherstellen, dass Hygienepläne, umfassende Informationen und Handlungsleitfäden sowie Schutzkonzepte Lehrkräften und Erzieher*innen die größtmögliche Sicherheit im Schul- und Kitaalltag geben. Dazu stellt sie ihnen auch kurzfristig individuelle Corona-Testkapazitäten zur Verfügung. Regelmäßige Reihentestungen sorgen für zusätzliche Sicherheit. Lehrkräfte und Erzieher*innen im Homeoffice unterstützen ihre Kolleg*innen aktiv.

b.      Der Leitfaden „Schule in Coronazeiten 2.0“ wird schnellstmöglich, mindestens bis drei Wochen vor Schulbeginn, durch Erlasse, Rahmenhygieneplan u.ä. unter den genannten Voraussetzungen konkretisiert. Den Schulen ist dabei größtmögliche Flexibilität zuzutrauen. Künftig sollen Erlasse so rechtzeitig vorliegen, dass eine Umsetzung an den Schulen vor Ort auch zu bewerkstelligen ist. Hierbei ist darauf zu achten, dass Mindeststandards definiert werden, um die bereits gefundenen Hygienekonzepte der Schulen nicht durch eine Neufassung zu unterlaufen.

c.      Die Konzepte sind an die unterschiedlichen Schulformen, Jahrgangsstufen und räumlichen Voraussetzungen der Schulen anzupassen.

d.      Die Landesregierung stellt sicher, dass die Hygienemaßnahmen in den Schulen und Kitas einem klaren Konzept folgen. Für dringend notwendige Bereitstellungen (beispielweise zusätzliche Waschmöglichkeiten) unterstützt das Land die Kommunen, sodass diese schnell handlungsfähig sind.

e.      Zur Umsetzung aller Hygienemaßnahmen in den Schulen und Kitas wird von der Landesregierung zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt, damit die Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte sich den pädagogischen Herausforderungen stellen können und zugleich der Infektionsschutz gewährleistet ist. Der Bedarf an zusätzlichem Personal richtet sich nach den Voraussetzungen der jeweiligen Schulform und Altersstufen der Schüler*innen. Auf vernünftige Beschäftigungsverhältnisse ist hierbei zu achten.

f.       Die Kommunen werden von der Landesregierung dabei unterstützt, den Schüler*innentransport nach den Maßgaben des Infektionsschutzes aufzustellen. Hierfür sind zusätzliche Mittel für eine höhere Frequentierung zur Verfügung zu stellen ebenso sind stärker gestaffelte Anfangszeiten der Schulen zu ermöglichen, um den Schüler*innentransport zu entzerren.

g.      Das Land soll den Schulen und Kitas für das Lernen unter Infektionsschutzbedingungen eine größtmögliche Handlungssicherheit geben. Es ist ihnen zu ermöglichen, in eigenem Ermessen die Gruppengrößen anzupassen, pädagogische Schwerpunkte bei der Intensität der Beschulung und Betreuung zu treffen und auch über den Einsatz von Mund-Nasen-Bedeckungen unter der Beteiligung der entsprechenden Schulgremien zu entscheiden. Auch sind sie bei der Umsetzung von Konzepten für hybriden Unterricht zu unterstützen. Wo gewünscht, sind die Voraussetzungen schnellstmöglich zu schaffen.

h.      Die Landesregierung prüft, inwiefern eine Entscheidung über gesundheitliche Risiken von Kindern und Jugendlichen mit ihren Erziehungsberechtigten selbst getroffen werden kann. Hierzu ist auf Erfahrungen aus anderen Bundeländern zurückzugreifen. Auf Antrag und in Absprache werden diese Kinder und Jugendlichen per Distanzlernen unterrichtet und individuell betreut sowie aufsuchend unterstützt, um den Kinderschutz zu gewährleisten. Auch für Kinder und Jugendliche stehen zusätzliche Test-Kapazitäten zur Verfügung, um jeweils kurzfristig die Kita- und Schulbesuchsfähigkeit zu klären.

i.       Die Formulierung in der neuen Verordnung, dass Lehrkräfte, die zur Risikogruppe gehören, selbst abzuwägen haben, inwiefern sie nicht doch zur Arbeit gehen mögen, ist zu streichen. Lehrkräfte wägen ohnehin in hoher Eigenverantwortung ab, inwiefern sie präsent zur Unterstützung der Schule aktiv werden können. Druck auszuüben ist an dieser Stelle verfehlt.

j.       Das Land setzt sich im Bund dafür ein, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Lohnfortzahlung im Falle der Kinderbetreuung gesenkt werden, und die Anspruchsdauer erhöht wird, da absehbar erhöhte Krankentage anfallen werden.

3.      Die Gerechtigkeitslücke in der Beschulung unter Corona-Bedingungen zu schließen, indem die unterschiedlichen Voraussetzungen, Fähigkeiten und Bedarfe der Schüler*innen bei der Entwicklung von Konzepten berücksichtigt werden und die Angebote flexibilisiert werden.

a.      Die Landesregierung entwickelt Konzepte, die allen Kindern und Jugendlichen und damit auch ihren Erziehungsberechtigten in den unterschiedlichen Szenarien ein umfängliches Beschulungs- und Betreuungsangebot gewährleisten. Dazu werden auch angehende Lehrkräfte und Erzieher*innen, deren Ausbildung beinahe beendet ist, herangezogen. Ihr Einsatz wird entsprechend vergütet (ähnlich Medizinstudierende in Krankenhäusern). So werden zunächst Lerndefizite individuell geschlossen und Betreuungsangebote ausgeweitet. Im Falle von erneuten Schließungen kann das zusätzliche Personal auch aufsuchend eingesetzt werden.

b.      Angesichts des Personalmangels ermöglicht die Landesregierung die Einstellung zusätzlicher Hilfskräfte, insbesondere von Studierenden aus dem pädagogischen Bereich, die das pädagogische Personal in Schulen und Kitas unterstützen. Diese Möglichkeit besteht ausdrücklich nur während der pandemiebedingten Notlage. Mittel- und langfristig sind nur qualifizierte Fachkräfte einzusetzen. Bei Personalbesetzungen sind insbesondere die Schulen zu berücksichtigen, die einen besonderen Bedarf haben. Hier sind die sogenannten Sek I-Schulen und Grundschulen, aber auch sogenannte Brennpunktschulen besonders zu berücksichtigen.

c.      Die Landesregierung soll Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, neben der Vermittlung des Unterrichtsstoffs und dem Aufholen der bestehenden Lücken, die durch den Schulausfall entstanden sind, vor allem auch einen Fokus auf die Verarbeitung des Pandemiegeschehens der letzten Wochen zu legen, um Schüler*innen psychisch wieder zu stabilisieren und wieder ein gutes Lernklima zu schaffen. Hierfür sind an der Schule Zeiten und auch Ressourcen zu berücksichtigen.

d.      Die Landesregierung soll Schulen, die eine unterdurchschnittliche Versorgung mit Lehrkräften haben, durch freiwillige Abordnungen und durch die genannten Hilfskräfte unterstützen.

e.      Die Schaffung von Lernräumen für Kinder, die zuhause keinen Arbeitsplatz und keine Lerninfrastruktur haben, ist von der Landesregierung voranzutreiben. Auch sollen Lernangebote in Kleingruppen für die Zeiten von Schulschließungen vorgehalten und konzeptionell erarbeitet werden. Neben den Kooperationen mit außerschulischen Lernstandorten und Einrichtungen der Erwachsenbildung ist zudem die Zusammenarbeit mit den Trägern der Jugendarbeit und Jugendverbänden sowie Ferienbetreuungsanbietenden und Sportvereinen zu suchen, um zusätzliche Angebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen.

f.       Die Kosten der Kommunen und der lokalen Träger zur Finanzierung von zusätzlichem Personal und Räumen für Kitas trägt das Land.

g.      Von der Landesregierung sollen Konzepte für diejenigen Schüler*innen geschaffen werden, die einer Risikogruppe angehören oder mit einem Haushaltsmitglied zusammenwohnen, das zur Risikogruppe gehört. Hier sind insbesondere auch Fragen der Teilhabe am Schulgeschehen zu berücksichtigen, indem Möglichkeiten des hybriden Unterrichts, Präsenzphasen und Lerngruppen unter besonderen Hygieneberücksichtigungen etabliert und Distanzlernen sinnvoll miteinander verzahnt werden.

h.      Die Landesregierung soll in Absprache mit den Kommunen dafür Sorge tragen, dass alle Bildungseinrichtungen ein warmes Mittagessen für alle Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stellen, das auch abgeholt und mitgenommen werden kann. Das Land unterstützt hierbei die Kommunen finanziell und befördert Modelle, wie das „Essenspaket“ aus Oldenburg. Gleichzeitig werden Catering-Konzepte der Schulträger abgesichert und unterstützt. Das Land setzt sich beim Bund und in Absprache mit den Kommunen für eine schnelle Umsetzung bei einer Bedürftigkeit ein.

i.       Das Land schafft Rahmenbedingungen, die es den Schulen ermöglichen, im eigenen Ermessen zu entscheiden, wie sie die ihnen zugewiesenen Lehrkräfte und zusätzliches Personal angemessen verteilen und nutzen. Eine Verengung auf das Erteilen der Pflichtstundentafel wird den Herausforderungen der Schulen nicht gerecht. Das Ganztagsangebot oder sonderpädagogische Zusatzbedarfe sind keine Kür, sondern ein wichtiger Teil von Schule zur Schaffung von Bildungsgerechtigkeit.

j.       Die Landesregierung soll Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf konzeptionell besonders berücksichtigen und gewährleisten, dass sie die ihnen zustehenden Zusatzbedarfe in ihren Bildungseinrichtungen bzw. aufsuchend im Falle des Distanzlernens erhalten. Diese dürfen der Erfüllung der Stundentafel nicht untergeordnet werden.

k.      Die Landesregierung soll sicherstellen, dass Abordnungen von Sonderpädagog*innen an andere Schulen weiter ermöglicht und in vollem Umfang beibehalten werden, um die Förderung von Schüler*innen im inklusiven Schulsystem weiter zu gewährleisten.

l.       Ausschlüssen von Kindern mit Förderbedarfen aus den Schulen aufgrund der mangelnden Einhaltung von Hygienevorgaben soll die Landesregierung entgegenwirken. 

m.     Die Landesregierung soll Kindern mit Sprachförderbedarf weiterhin in vollem Umfang Angebote ermöglichen.

n.      Solange der Schulunterricht nicht im Regelbetrieb stattfinden kann und daraus Gerechtigkeitslücken entstehen, soll eine Regelung geschaffen werden, die auf Abschulungen und Sitzenbleiben verzichtet.

o.      Durch den Ausbau von schulischen Ausbildungsplätzen ist zu gewährleisten, dass auch unter Corona-Bedingungen ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.

p.      Die Landesregierung soll mit den Berufsbildenden Schulen darüber ins Gespräch kommen, wie Infektionsschutz in Betrieb und Schule gewährleistet werden kann und inwiefern Distanzlernen hierbei geeignet ist, Infektionsketten zu vermeiden. Auch können bauliche Veränderungen oder besondere Schutzkonzepte/die B-schaffung von Schutzkleidung dafür geeignet sein, eine Ausbildung dort fortzusetzen, wo Abstände nicht eingehalten werden können.

q.      Das Land muss nachhaltige Konzepte für die Durchführung von Abschlussprüfungen in Pandemiezeiten entwickeln. Hierfür sind digitale Möglichkeiten ebenso zu prüfen, wie die Gewährleistung von Präsenz-Abschlussprüfungen. Hierzu zählen auch Kammer- und Meisterprüfungen.

4.      Die Voraussetzungen zu schaffen, um Distanzlernen zur Gewährleistung von Infektionsschutz zu ermöglichen und dafür die Digitalisierung von Schulen voranzubringen.

a.      Die Landesregierung soll digitale Endgeräte als Lernmittel anerkennen und sich auf Bundesebene für eine Anerkennung bei den Sozialleistungen einsetzen, um jedes Kind für das Distanzlernen mit einem digitalen Endgerät auszustatten. Es werden zügig und unbürokratisch digitale Endgeräte bereitgestellt, auf denen Aufgaben gelesen und erledigt werden können sowie ein Internetzugang für alle Schüler*innen, die bisher nicht auf diese notwendige Ausstattung für das Distanzlernen zurückgreifen konnten. Das Land setzt sich beim Bund und in Absprache mit den Kommunen für eine schnelle Umsetzung bei einer Bedürftigkeit ein.

b.      Das Land soll auch Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten für das Distanzlernen aus-statten.

c.      Das Land schafft Digitalisierungsprofessuren für den Bereich der Pädagogik und gründet ein Institut, um die Digitalisierung unserer Schulen zu begleiten und zu evaluieren. Auch werden die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte sowie die Etablierung von Schulkonzepten zur Digitalisierung weiter vorangetrieben.

d.      Um Schulen Rechtssicherheit zu geben, arbeitet das Land unter Hochdruck weiter an der Umsetzung der Datenschutzrichtlinien und versorgt die Schulen mit Handreichungen und Unterstützungsmaterialen.

e.      Das Land soll durch die Finanzierung von Netzwerkadministration gewährleisten, dass die von Schulen angeschaffte Hardware auch funktioniert und auf dem neuesten Stand bleibt. Hierzu soll das Land mit dem Bund klären, wer für die dauerhafte Finanzierung aufkommt.

f.       Das Land evaluiert die Folgekosten des Digitalpakts und berücksichtigt diese bei den Konnexitätskosten der Kommunen.

g.      Das Land wirkt darauf hin, dass Schulen und Lehrkräfte sich bei der zusätzlichen Arbeit der Erstellung von Materialen und Videos sowie der Durchführung des Distanzlernens gegenseitig entlasten und unterstützen sowie Angebote miteinander entwickeln. Auch können die Chancen der Digitalisierung genutzt werden, um etwa Fremdsprachenunterricht mit Partnerschulen aus anderen Ländern durchzuführen.

h.      Das Land schafft die notwendige Software und benötigten Lizenzen landesweit an, sichert die Kosten für anstehende Updates und betreibt eigene, datenschutzsichere Server.

 

5.      Die Vielfalt der niedersächsischen Bildungslandschaft zu erhalten und zu sichern.

a.      Hierfür berücksichtigt sie die Freien Schulen bei der Umsetzung von Vorhaben und Maßgaben, etwa den Stornokosten, der Erstattung von Digitalisierungskosten, Umbaumaßnahmen, den zusätzlichen Personalbedarfen und anderem.

b.      Hygienevoraussetzungen müssen so formuliert werden, dass sie Maßgaben vorschreiben, aber pädagogische Arbeit nicht durch starre Formulierungen einschränken. Schulen mit einem besonderen pädagogischen Konzept, weil sie etwa jahrgangsübergreifend arbeiten, ist in den Verordnungen ein Handlungsspielraum zu eröffnen, damit sie auch weiter in ihrem Modell arbeiten können. Gleiches gilt für offene Gruppenkonzepte in Kindertagesstätten.

c.      Das Land prüft, inwiefern außerschulische Lernorte in ein Bildungskonzept unter Pandemiebedingungen eingebunden werden können. Hierfür sind sie zu entlohnen. Gleichzeitig trifft das Land die Zusage, die Vielfalt der niedersächsischen Bildungsangebote über die Pandemiezeit zu sichern.

d.      Auch die Jugendarbeit und Jugendbildungsstätten sollen in die Konzeptionen eingebunden werden, weil sie einen wichtigen Teil der Jugendbildung darstellen und Teilhabe sichern.

e.      Schullandheime, Jugendherbergen und andere Orte, die Schulfahrten ermöglichen, leiden unter den pandemiebedingten Ausfällen. Mit ihnen sind alternative Möglichkeiten zu erörtern – etwa die Nutzung für die Unterbringung Geflüchteter, Saisonarbeitskräfte, Schutzräume für Frauen u.a. – und ihr Bestand für die Zukunft zu sichern.

Begründung

Aus Infektionsschutzgründen sind seit Wochen die Schulen und Kitas in Niedersachsen geschlossen bzw. haben inzwischen mit einem stark reduzierten Angebot wieder geöffnet. Eine Ausweitung der Notbetreuung und eine Rückkehr zum Präsenzunterricht erfolgt in Stufen und Schritten, die den Wünschen und Bedarfen der Familien, sowie der Kinder und Jugendlichen nicht gerecht werden. Auch der angestrebte eingeschränkte Regelbetrieb mit seinem Fokus auf den Pflichtunterricht wird den individuellen Bedarfen der Jugendlichen und den sozialen Härten der Familien nicht gerecht. In einem Artikel der Stadtausgabe der Neuen Presse heißt es mit Blick auf die Öffnungen schon am 16.05.2020, dass „jedes sozial benachteiligte Kind, das erst Mitte Juni wieder seinen Lehrer persönlich im Klassen-zimmer trifft, […] nur als großer Verlierer aus der Krise gehen [kann]. In Familien, die bildungsfern sind oder kaum Deutsch sprechen, wo es an Computer oder Internetzugang fehlt, ist das Homeschooling zum Scheitern verurteilt. Die Schüler nach Jahrgangsstufen zurück in den Klassenraum zu lassen und nicht nach sozialen Härten, ebnet der Chancenungleichheit weiter das Feld.“

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.07.20 heißt es in Bezug auf die Betreuungssituation in den Kitas, dass die unsichere Betreuungssituation für viele Eltern ‚ein Riesenproblem‘ sei und dass harmlose Erkältungssymptome, wie sie im Herbst wieder häufiger vorkommen werden, zum Aus-schluss aus der Betreuung führe. In der Folge sind Eltern, Arbeitgeber*innen und Ärzt*innen überlastet.

Die Chancengleichheit in der Bildung ist ein schwieriges Unterfangen, wenn die Voraussetzungen, aber auch die Gegebenheiten in Zeiten der Corona-Pandemie derart verschieden sind. Trotzdem ist sie ein Menschenrecht.

Auch eine Studie des Deutschen Jugendinstituts mit mehr als 8000 befragten Eltern mit Kindern zwischen 3 und 15 Jahren zeigt, wie schwer die zu meisternde Belastungsprobe ist. Neben notwendigen Entlastungen für die Familien durch eine weitere Öffnung der Notbetreuung nehmen die Eltern die Krise zunehmend als Problem für ihre Kinder wahr. Die soziale Gerechtigkeit, die Fairness und die Chancengleichheit leiden unter der Krise, aber auch unter den getroffenen Maßnahmen und verschärfen das Ungleichgewicht in der Gesellschaft weiter.

In diesem Zuge müssen auch das Kindeswohl und der Kinderschutz mitgedacht werden. Schulen, Kitas und hinzugezogene pädagogische Fachkräfte müssen in Zeiten, in denen die häusliche Gewalt Kindern gegenüber steigt, die Möglichkeit haben, einen fachkundigen Blick auf die Kinder und die familiäre Situation in der Krise zu werfen.

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