Antrag: Praxistaugliches Moorbrandschutzkonzept für Niedersachsen entwickeln

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Niedersachsen ist das Moorland Nummer eins: Hier liegen ca. 70 Prozent der Hochmoore Deutschlands und ca. 40 Prozent der bundesweiten Moorflächen. Als Grundstückseigentümer von ca. 30.000 Hektar Moorfläche ist das Land Niedersachsen hierbei in einer besonderen Verantwortung.

Jahrzehntelanger Torfabbau hat viele Gebiete in Niedersachsen nachhaltig geprägt und verändert. Mit der Beendigung des Torfabbaus wurden der damals betriebene und mit der Arbeit im Moor einhergehende präventive Brandschutz und dessen Kontrolle nicht mehr im gewohnten Umfang durchgeführt. Abtorftrassen, die früher ins Moor führten und eine gewisse Befahrbarkeit der Moorflächen ermöglichten, sind heute nicht mehr existent bzw. lassen sich aufgrund des nicht ausreichend tragfähigen Bodens nicht mit regulären Rettungsfahrzeugen befahren. Eine effiziente und schnelle Brandbekämpfung wird durch die schlechtere Erreichbarkeit erschwert.

Diese Problematik spiegelte sich in den zahlreichen und arbeitsintensiven Einsätzen der überwiegend ehrenamtlichen Einsatzkräfte (Feuerwehr, THW, etc.) u.a. mit der Unterstützung von Dritten (Landwirten, Lohnunternehmen) z.B. zum Löschwasser- und Materialtransport wieder. Als Beispiel sind hier die Moorbrände in Meppen (Wehrtechnische Dienststelle 91, September 2018) und im Landkreis Gifhorn (Sassenburg, Juli 2022) zu nennen.

Je nach Ausmaß der Moorbrände können diese zu erheblichen Schädigungen der Vegetation, ggf. auch wertvoller Lebensräume und Artvorkommen in Schutzgebieten führen. Zudem können vor allem bei tiefergreifenden Moorbränden durch die Verbrennung des Torfes Treibhausgas-Emissionen in hohem Umfang freigesetzt werden.

Als Maßnahme zur Förderung des Natur- und Landschaftserlebens werden Rad- und Wanderwege auch am Rande von Moorflächen entlanggeführt sowie Aussichtsplattformen und Rastpunkte geschaffen, oftmals mit europäischen bzw. Landesnaturschutzmitteln. Dies stärkt die Regional- und Tourismusentwicklung und ist mit dem Naturschutz vereinbar, sofern die Wegeführung verträglich erfolgt und sensible Kernbereiche des Naturschutzes ausspart. Gleichzeitig birgt der Besucherverkehr insbesondere in den immer trockener werdenden Sommermonaten das Risiko von Bränden (z.B. durch Unachtsamkeit), und auch der Personenrettung (medizinische Notfälle) kommt eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.

Durch die Erhaltung oder Herstellung von möglichst hohen und naturnahen Wasserständen in den Moorgebieten kann wesentlich dazu beigetragen werden, die Gefahr zur Entstehung von Moorbränden zu vermindern. Die Bedeutung erhöht sich insbesondere durch die steigende Vegetationsbrandgefahr infolge des Klimawandels (zunehmende Hitze- und Dürreperioden).

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. in Kooperation mit den moorbrandgefährdeten Kommunen ein landesweites, praxistaugliches Moorbrandschutzkonzept zu entwickeln,
  2. den präventiven Brandschutz in den landeseigenen Moorgebieten sicherzustellen und die hierfür erforderliche Versorgung mit Löschwasser und Herstellung befahrbarer (Haupt-) Wege - unter Beachtung der jeweiligen naturschutzrechtlichen Anforderungen und Auswirkungen auf die Schutzgüter in den Moorgebieten – sowie eine regelmäßige Kontrolle des präventiven Brandschutzes zu gewährleisten,
  3. Maßnahmepotenziale für Wasserstandserhöhungen und zum Wasserrückhalt als Beitrag zum präventiven Brandschutz zu prüfen,
  4. die bereits bestehenden Erkenntnisse aus den vorangegangenen Moorbränden der letzten Jahre sowie die kommunalen Lösungsansätze (z.B. im Bereich Dalum/Wietmarscher Moor) in das Konzept praxistauglich einfließen zu lassen (Best-Practice). Insbesondere sollte eine kurzfristige Lösung für die Beschaffung von geeigneten Fahrzeugen (z.B. All-Terrain-Vehicles, Raupen) und Gerätschaften, welche für den Einsatz im Moor zur Brandbekämpfung, zur Erkundung, zum Materialtransport sowie zur Rettung von Personen geeignet sind, angestrebt werden,
  5. zu prüfen, in wie weit festgestellte Bedarfe des überörtlichen, abwehrenden Brandschutzes landesseitig gefördert bzw. beschafft und den Kommunen zur Verfügung gestellt werden können,
  6. die landesweit einheitliche Ausbildung zur Vegetationsbrandbekämpfung im Niedersächsischen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz weiter auszubauen und um den Ausbildungsschwerpunkt „Moorbrandbekämpfung“ zu ergänzen.

Begründung

Die Notwendigkeit eines landesweiten Moorbrandschutzkonzeptes zeigt sich u.a. durch die wiederkehrenden und eingangs erwähnten arbeits- und zeitintensiven Einsätze. Verstärkt wird der Bedarf durch die direkten Auswirkungen des Klimawandels und der nicht absehbaren weiteren Entwicklung und Folgen für das Ökosystem Moor. Unsere intakten und vitalen Moore leisten nicht nur ihren wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, sondern sind auch ein effektiver Kohlenstoffspeicher und daher in Zeiten des Klimawandels besonders wichtig. Zum Schutz des Klimas, respektive der Ökosysteme, ist daher ein effektives, landesweites Moorbrandschutzkonzept unabdingbar.

Auch der Aspekt der immer stärker werdenden touristischen Erschließung von Mooren und Naturschutzgebieten macht die Erarbeitung eines ganzheitlichen Schutzkonzeptes erforderlich. Dabei darf die Personenrettung bei medizinischen Notfällen nicht außer Acht gelassen werden.

Um den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten der Moore sowie den bereits getroffenen kommunalen Maßnahmen Rechnung zu tragen, wird es als sinnvoll erachtet, das Konzept gemeinsam mit den jeweils betroffenen Kommunen, Behörden, Organisationen, der staatlichen Moorverwaltung als Erfahrungsratgeber und Verbänden zu erarbeiten. Die Feuerwehren sowie Sachkundige können bewerten, welche Geräte und Fahrzeuge notwendig sind, um den kommunalen abwehrenden Brandschutz (eigene kommunale Vorhaltung) effizient aufzustellen und welche unterstützend durch den überörtlichen abwehrenden Brand- und Katastrophenschutz vorgehalten werden sollten. Ebenso sollte eine zentrale Prüfung zum Einsatz und ggf. zur Vorhaltung von sogenannten Sonderlöschmitteln wie z.B. Netzmittel und zu deren Umweltverträglichkeit in den Moorgebieten erfolgen.

Die festgestellten Bedarfe im Rahmen des überörtlichen Brand- und Katastrophenschutzes sollten durch das Land gefördert bzw. beschafft werden, um den jeweiligen Aufgaben fachgerecht nachkommen zu können. Dies gilt ebenso für die präventiven Maßnahmen, wie die Sicherstellung der Löschwasserversorgung und Einrichtung geeigneter Wege in Moorgebieten.

Die vorhandene Ausbildung zur Vegetationsbrandbekämpfung sollte um den Ausbildungsschwerpunkt „Moorbrandbekämpfung“ ergänzt werden, denn eine spezifische Ausbildung ist die Grundlage für ein effektives und strukturiertes Arbeiten der Rettungskräfte und somit ein Garant für eine effiziente und schnelle Brandbekämpfung bzw. Personenrettung.

Neben den mittel- und langfristigen Planungen zur Erstellung eines landesweiten Moorbrandschutzkonzeptes sollten ergänzend die bereits erhobenen kommunalen Bedarfe für den abwehrenden Brandschutz evaluiert und ggf. kurzfristig bedient werden (Best-Practice). Hierbei wäre auch die Frage zu klären, inwieweit spezifisch für Moore geeignete Fahrzeuge für den abwehrenden Brandschutz sowie zur Personenrettung in unwegsamem Gelände (wie am Beispiel Dalum/Wietmarscher Moor) eingesetzt werden können.

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