Antrag: Niedersachsens Wälder zukunftssicher umbauen - Klimaresilienten Waldumbau gestalten

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis90/Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Wälder erfüllen vielfältige Funktionen für Umwelt und Gesellschaft. Sie sind Lebensraum für verschiedenste Tier- und Pflanzenarten, schützen unsere Böden vor Erosionen, fördern die Biodiversität und unterstützen einen guten Wasserhaushalt. Zudem liefern sie mit Holz einen immer wichtiger werdenden, nachwachsenden Rohstoff. Außerdem binden Wälder kontinuierlich Kohlendioxid, sodass ihnen daneben eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Klimaerwärmung und Bewältigung der Klimakrise zukommt.  Angesichts der zunehmenden Herausforderungen des Klimawandels ist es von entscheidender Bedeutung, unsere Wälder so anzupassen, dass sie widerstandsfähig gegenüber den Auswirkungen des voranschreitenden Klimawandels sind und gleichzeitig ihrer Funktion als natürlicher CO2-Senke in vollem Umfang nachkommen können. In den letzten Jahren haben extreme Wetterbedingungen wie Dürren oder Stürme sowie Schädlinge zu erheblichen negativen Veränderungen des Waldes in Niedersachsen geführt. Um diesen Trend umzukehren und den Wald wiederaufzubauen, müssen wir den Fokus auf einen klimaresilienten Waldumbau legen.

Hierzu müssen wir in Niedersachsen durch unterschiedliche Baumarten Risikostreuung betreiben, da noch nicht absehbar ist, welches Klimaszenario Realität werden wird. Heimische Arten sind dabei aus Gründen des Schutzes der lokalen Biodiversität zu bevorzugen, wobei auch andere europäische Gehölze in Einzelfällen als sinnvoll zu betrachten sind. Ziel sind klimarobustere Laub- und Mischwälder, da diese resilienter sind als Nadelwälder und zugleich viele Vorteile für das Mikroklima, den regionalen Wasserhaushalt sowie den Klimaschutz bieten. Insgesamt müssen in Niedersachsen auch weiterhin Mischwälder gegenüber Monokulturen besonders gefördert werden. Eine Vielfalt von Baumarten, Strukturen und hohe Altersspanne in Wäldern erhöhen die Widerstandsfähigkeit des Waldes gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels und fördern die Stabilität des gesamten Ökosystems.

Eine nachhaltige Waldwirtschaft ist entscheidend für den Erhalt und den Aufbau eines klimaresilienten Waldes. Dabei sollte verstärkt auf naturnahe Bewirtschaftung geachtet werden, um den Wald widerstandsfähiger zu machen. Wir müssen die Forschung und Innovation in Bezug auf klimaresiliente Waldwirtschaft und Waldumbau fördern, um die Umsetzung dieser Maßnahmen zu unterstützen und den Waldumbau effektiver zu gestalten.

Grundsätzlich gilt es, die Schwächung der niedersächsischen Wälder aufzuhalten, diese klimastabil umzubauen und darüber hinaus die Waldfläche in Niedersachsen zu erhöhen.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. Fördermaßnahmen so auszurichten, dass geschädigte Flächen mit der Zielrichtung eines naturnahen Waldbaus wiederbewaldet werden können,
  2. eine Standortkartierung inklusive einer Standortwasserbilanz für alle Waldflächen zu Verfügung zu stellen, um den erforderlichen Waldumbau und eine Wiederbewaldung mit einer standortgemäßen Baumartenwahl zu ermöglichen,
  3. die Kulisse der Vorranggebiete Wald des Landesraumordnungsprogramms, insbesondere in Bezug auf belastete Gebiete im Wald zu überarbeiten, um diese unter Beachtung des Naturschutzes als zusätzliche Potenzialflächen für die Windenergie im Wald anzusehen,
  4. eine Holzbauoffensive für Niedersachsen zu starten und dafür die Vorgaben für das Bauen mit Holz zu erleichtern,
  5. die einzelbetriebliche forstfachliche Beratung zur Stärkung des Waldes im Klimawandel, vorbehaltlich haushälterischer Möglichkeiten, weiter und auf Dauer ausgelegt auszubauen,
  6. das Programm LÖWE+ fortzusetzen,
  7. parallel Pilotflächen im Landeswald für eine Bewirtschaftung nach den Standards des Forest Stewardship Council (FSC) auszuweisen,
  8. zur Erreichung der Ziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt im Landeswald und auf Bundeswaldflächen Naturwald im ausreichenden Maße zuzulassen,
  9. zu prüfen, inwieweit Möglichkeiten zur Personalaufstockung in den waldbehördlichen Strukturen zur Erweiterung und Sicherung unserer Wälder zu schaffen sind,
  10. die Zusammenlegungen von Forstämtern auszusetzen und grundsätzlich zu überdenken,
  11. Forschungszweige Klimawandel, Naturschutz und Waldschutz an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) weiter auszubauen,
  12. das Zentrum Klimaforschung Niedersachsen (ZKfN) als zentrale Schnittstelle für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft im Bereich der Klimaforschung in Niedersachsen zu etablieren und bei der weiteren Entwicklung zu unterstützen,
  13. eine ausreichende Versorgung mit Saat- und Pflanzgut klimatoleranter Baumarten durch das Land in Zusammenarbeit mit Waldbesitzenden, Samenklengen und Baumschulen zu verstärken und nach Möglichkeit finanziell zu unterstützen,
  14. Vegetations- bzw. Verbissgutachten stärker als Grundlage bei Fragestellungen zum Waldumbau und Abschussplänen zu berücksichtigen,
  15. dafür Sorge zu tragen, dass auch die Ausnahmen von dem grundsätzlich bestehenden Kahlschlagverbot anzeige- und zustimmungspflichtig werden,
  16. zu prüfen, ob durch finanzielle Anrechenbarkeit der CO2-Bindungspotenziale Aufforstungsanreize geschaffen werden können,
  17. bestehende Waldbrandschutzkonzepte zu evaluieren, weiter zu entwickeln und ihre Praxistauglichkeit in Hinblick auf sich verändernde klimatische Bedingungen zu überprüfen sowie die Waldbrandprävention im Rahmen finanzieller Möglichkeiten auch personell zu stärken und die Feuerwehren besser für Waldbrandbekämpfung auszustatten,
  18. den Einsatz von Bioziden und Pflanzenschutzmitteln im Wald stärker zu begrenzen,
  19. zu prüfen, wie Naturschutzleistungen der Forstwirtschaft stärker honoriert werden können,
  20. Möglichkeiten zu prüfen, um die Entwässerung von Wäldern mit Gräben zu beenden,
  21. Anreize für die Vernässung von Waldmooren zu schaffen.

Begründung

Niedersachsen ist zu 25% bewaldet. Stürme, Trockenheit und der Borkenkäfer haben bereits viel Waldfläche in hohen Maßen geschädigt. Dürreperioden erhöhen die Waldbrandgefahr. Die ökologische Waldbrandprävention durch höhere Laubbaumanteile und die technische Waldbrandprävention z.B. durch flächendeckende Löschwasserversorgung sind auszubauen. Die veränderten klimatischen Bedingungen stellen die verantwortlichen Forstinstitutionen vor gestiegene Herausforderungen, denen sie sich mit der derzeitigen Personaldecke nur schwer stellen können.

Gleichzeitig steckt in Niedersachsens Wäldern das Potenzial, einen erheblichen Teil zur Abmilderung des Klimawandels beizutragen. Das bezieht sich nicht allein auf die Möglichkeit der CO2-Speicherung, sondern auch auf Holz als nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoff, der besonders in der Bauindustrie verstärkt nachgefragt wird.

Wälder können im Zusammenhang mit dem Ausbau erneuerbarer Energien eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Bei den Festlegungen der Eignungsgebiete können dabei auch Kalamitätsflächen für den Ausbau der Windkraft einbezogen werden.

Eine elementare Rolle nimmt in diesem Zusammenhang die Wissenschaft ein. Um die Forschung hier in den nächsten Jahren noch einmal entscheidend voranzubringen, hat das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) das Zentrum Klimaforschung Niedersachsen (ZKfN) gegründet. Das ZKfN soll zukünftig die zentrale Schnittstelle für alle Akteur*innen im Bereich der Klimaforschung in Niedersachsen bilden und befördert so den Innovations- und Transformationsprozess im Land. Zielstellung ist es, die vorhandenen wissenschaftlichen Kompetenzen in Niedersachsen stärker zu verzahnen, ihre Zusammenarbeit auch in der anwendungsorientierten Forschung zu intensivieren und den Wissenstransfer zur Bewältigung der Klimakrise zu unterstützen.

Um die Wälder in Niedersachsen zukünftig gut aufzustellen, möchten wir die Saat und Pflanzung von klimatoleranten Baumarten besonders fördern. Über die Aufforstungspflicht hinausgehende Anreize und die Anerkennung von Ökosystemleistungen sind notwendige Schritte, um unsere Wälder in Niedersachsen auch zukünftig nachhaltig bewirtschaften zu können.

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