Antrag: Nachhaltige Haushaltskonsolidierung nur mit gerechter Steuerpolitik

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Der Niedersächsische Landtag steht vor der großen Herausforderung, den Landeshaushalt nachhaltig und gerecht zu konsolidieren. Trotz derzeit guter Steuereinnahmen und niedrigen Zinssätzen befinden sich die öffentlichen Haushalte weiter im Defizit. Die Vorgaben des Grundgesetzes zur Schuldenbremse verpflichten uns, den Landeshaushalt spätestens ab 2020 grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.

Neben der Nettokreditaufnahme von 620 Millionen Euro, der Entnahme aus der Rücklage von 283 Millionen Euro, der Entnahme aus der Versorgungsrücklage von 96 Millionen Euro sind im Haushalt 2013 der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung Einnahmen in der Größenordnung von 295 Millionen Euro aus  Beteiligungsveräußerungen veranschlagt. Damit weist dieser Haushalt real eine Deckungslücke von knapp 1,3 Milliarden Euro auf. In den vergangen zehn Jahren hat sich der Schuldenstand Niedersachsens um etwa 50 % auf nahezu 60 Milliarden Euro erhöht.

Darüber hinaus weist die Mittelfristige Finanzplanung der alten Landesregierung deutliche Defizite auf. Neben konjunkturellen Risiken enthält sie nur eine unzureichende Vorsorge für zukünftige Tarifsteigerungen und baut auf nicht konkretisierten Veräußerungserlösen auf. Die für die Bewältigung des Sanierungsstaus im Bereich der öffentlichen Infrastruktur erforderlichen Mittel, die wachsenden Pensionsverpflichtungen und die Unwägbarkeiten bei der Zinsentwicklung müssen bei der Aufstellung künftiger Landeshaushalte berücksichtigt werden. Bisher ist die nötige Vorsorge für die schon länger absehbaren Einnahmeausfälle in Land und Bund nicht getroffen worden.

Zeitgleich stehen wir in Niedersachsen vor der Zukunftsaufgabe, den demografischen Wandel zu gestalten, den Bildungsbereich auszubauen und das verfassungsmäßige Ziel zu erreichen, gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Regionen unseres Landes herzustellen.

Nicht nur der Landeshaushalt, auch die kommunalen Haushalte sind strukturell unterfinanziert. Die durch das Grundgesetz garantierte kommunale Selbstverwaltung erfordert eine finanzielle Mindestausstattung der Kommunen, die es ihnen ermöglicht, ihr Aufgabenspektrum zu erfüllen.

Durch Ausgabenkürzungen allein sind diese Herausforderungen für den Landeshaushalt und die kommunalen Haushalte nicht zu bewältigen, vor allem die Einnahmeseite ist strukturell zu verbessern. Ein zukunftssicherer Landeshaushalt verlangt daher sowohl eine Konsolidierung der Ausgaben als auch die nachhaltige Steigerung der Einnahmen. Zu einer gerechten Steuerpolitik gehört es, dass starke Schultern mehr tragen und endlich wieder angemessen an der Finanzierung der Aufgaben des Landes beteiligt werden.

Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  • sich im Bundesrat für eine Anpassung der Einkommensteuer mit einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 % einzusetzen,
  • sich im Bundesrat für eine verfassungsmäßige Ausgestaltung der Erbschaftssteuer einzusetzen, die das Aufkommen deutlich erhöht und durch eine präzisere Ausgestaltung der Regeln zur Verschonung von Betriebsvermögen Umgehungsmöglichkeiten beseitigt. Bei Betriebsvermögen ist die Erbschaftssteuer zukünftig auch stärker an den dauerhaften Erhalt von Arbeitsplätzen zu koppeln und damit auch mittelstandsfreundlich auszugestalten,
  • sich im Bundesrat für eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer unter Beteiligung von Freiberuflern und einer stärkeren Einbeziehung gewinnunabhängiger Elemente wie Fremdkapitalzinsen, Mieten und Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren  einzusetzen,
  • die Bemühungen auf der Grundlage der Initiativen Bremens, Niedersachsen und weiterer Länder zu einer verfassungsmäßigen Ausgestaltung der Grundsteuer auf der Basis von aktuellen Verkehrswerten zügig zum Abschluss zu bringen,
  • sich mit einer Bundesratsinitiative für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer einzusetzen und dabei die Situation kleinerer und mittlerer Unternehmen zu berücksichtigen,
  • sich auf Bundesebene für eine verfassungsmäßige Reform des Ehegattensplittings mit dem Ziel, das Leben mit und der Förderung von Kindern einzusetzen,
  • sich auf Bundesebene für einen Abbau steuerlicher Subventionen – insbesondere solche mit ökologisch schädlicher Wirkung – einzusetzen,
  • auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass die Ermäßigungen bei der Umsatzsteuer überprüft und zahlreiche Branchensubventionen abgeschafft werden (z.B. für Hoteliers),
  • die eigenen Möglichkeiten des Landes zur Verbesserung der Einnahmen im Gebühren und Abgabenbereich zu nutzen und in diesem Zusammenhang auch die Grunderwerbssteuer von 4,5 auf 5 % zu erhöhen – und damit auf den gleichen Wert wie die Mehrzahl der Bundesländer.

Begründung

Niedersachsen steht vor der Herausforderung zukünftig die notwendigen staatlichen Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erbringen und gleichzeitig die Haushaltskonsolidierung mit dem Abbau des Haushaltsdefizits voranzubringen. Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise belasten erhebliche strukturelle Defizite die Haushalte aller öffentlichen Gebietskörperschaften, die sich auch bei einer Besserung der Wirtschaftslage nicht von selbst wieder zurückbilden werden. Die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse verpflichtet zur Rückführung dieser strukturellen Defizite bis spätestens 2020.

Ohne die Steigerung der Einnahmebasis sind diese Herausforderungen nicht zu bewältigen. Sparanstrengungen allein reichen nicht mehr aus, wenn soziale Gerechtigkeit Maßstab für das Handeln unseres Landes bleiben soll. Die Akzeptanz für erforderliche Sparmaßnahmen kann bei den Bürgerinnen und Bürgern aber nur dann erreicht werden, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zum Erhalt handlungsfähiger öffentlicher Haushalte herangezogen werden.

Angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte sind maßvolle Steuererhöhungen für Vermögende und Besitzer hoher Einkommen zur Finanzierung unseres Gemeinwesens unerlässlich - zugunsten von Zukunftsinvestitionen in Nachhaltigkeit, gute Bildung und hochwertige Kinderbetreuung. Kleinere und mittlere Einkommen dürfen jedoch nicht mehr stärker mit Steuern belastet werden. Diese Steuerpolitik ist auch ein Mittel, das solidarische Miteinander in unserem Land zu fördern und der sozialen Spaltung entgegenzuwirken.

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