Antrag: Moria mahnt: Geflüchtete aufnehmen und Lager auflösen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Durch den Brand und die komplette Zerstörung des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos wurden 13.000 Geflüchtete obdachlos. Das Lager war seit Jahren um ein Vielfaches überfüllt. In Moria herrschten katastrophale hygienische Zustände. Die medizinische Versorgung und die Betreuung von Kindern waren schlecht, Kinderschutzstandards wurden missachtet. Leider ist das Lager kein Einzelfall. Auf anderen griechischen Inseln wie Samos, Kos, Leros und Chrios leben über 25.000 Geflüchtete in Lagern, wo nur Platz für maximal 8.000 ist. Auch in Lagern auf Malta, in Bosnien-Herzegowina und anderen an den EU-Außengrenzen ist die Einhaltung von Mindeststandards nicht gewährleistet. Die Corona-Pandemie erschwert die Situation in den Lagern zusätzlich.

Fortschritte bei der Einrichtung eines europäischen Verteilungssystems gibt es nicht. Bundesinnenminister Seehofer blockiert das Aufnahmeengagement der Länder. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat keine Fortschritte bewirkt.

Die Länder Berlin und Thüringen haben einen Gesetzesantrag (Bundesratsdrucksache 482/19 vom 07.10.2019) zur Änderung des § 23 AufenthG eingebracht, der am 18.09.2020 auf der Tagesordnung des Bundesratsplenums steht. Dadurch soll bewirkt werden, dass Flüchtlingsaufnahmen durch die Länder künftig nicht mehr des Einvernehmens des Bundesinnenministeriums bedürfen, sondern dieses Einvernehmen durch ein reines Benehmen ersetzt wird.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. dem Gesetzesantrag in BR-DS 482-19 im Bundesrat zuzustimmen;
  2. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Geflüchteten aus Moria und den Lagern der anderen ostgriechischen Inseln Samos, Kos, Leros und Chrios umgehend in Deutschland aufgenommen werden, soweit diese nicht umgehend von anderen Staaten aufgenommen werden;
  3. sich auf EU-Ebene für eine Koalition der Willigen einzusetzen und mit dieser umgehend ein europäisches Verteilungssystem einzurichten, das die Interessen und bestehenden sozialen Kontakte der Geflüchteten berücksichtigt, so dass die Hotspot-Lager noch in diesem Jahr geschlossen werden können.

Begründung

Die Grundwerte der EU sind in Gefahr, wenn Menschenrechte missachtet werden. Das geschieht seit Jahren an den Außengrenzen und in den Flüchtlingshotspots. Außer wohlfeilen Forderungen gibt es keine Fortschritte bei der Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems. Bundesinnenminister Seehofer blockiert Aufnahmeprogramme der Bundesländer, und die CDU in Niedersachsen versteckt sich hinter diesem Ablenkungsmanöver „europäische Lösung“.

Die in dem Gesetzesantrag Berlins und Thüringens verfolgte Gesetzesänderung ist bereits in dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 18/4483 vom 3.9.2019 enthalten, der sich immer noch in der Beratung befindet und seit Anfang Mai 2020 nicht weiterberaten wurde.

Bund und EU müssen endlich handeln, denn die EU verliert ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich ihrer humanitären Grundwerte.

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