Antrag: Mit Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit Planungsfehler verhindern - deshalb jetzt weiteren Nachtragshaushalts 2009 und korrigierte Finanzplanung vorlegen!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

I. Der Haushaltspolitik in Niedersachsen ist das ordnungspolitische Fundament verloren gegangen. Der Verzicht auf eine Nettokreditaufnahme, das zentrale Ziel der Landesregierung für die zweite Legislaturperiode, wird nicht mehr verfolgt. Der Verschuldungspolitik sind Tür und Tor geöffnet. Der Landeshaushalt 2009 basiert auf unrealistischen Annahmen, wie etwa der zu hohen Wachstumsprognose. Dies führt dazu, dass die Einnahmen zu hoch und die Ausgaben zu niedrig angesetzt sind und die tatsächliche Nettokreditaufnahme wesentlich höher ausfallen wird als im Haushaltsplan unterstellt. Angesichts der Milliardenlücke im Haushalt sind eine schonungslose Bilanzierung der bestehenden Situation und die Vorlage eines Nachtragshaushalts notwendig. Die im Grundgesetz verankerten Haushaltsgrundsätze von Wahrheit und Klarheit müssen eingehalten und die Rechte des Parlaments als Haushaltsgesetzgeber gewahrt werden.

Die Mittelfristige Finanzplanung (Mipla) 2008-2012 ist in den wesentlichen finanzpolitischen und haushaltsrelevanten Eckdaten überholt. Sie widerspricht damit der Verpflichtung der Landesregierung aus § 50 Abs. 7 des Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), wonach die Regierung rechtzeitig geeignete Maßnahmen treffen soll, die nach der Finanzplanung erforderlich sind, um eine geordnete Haushaltswirtschaft in den einzelnen Haushaltsjahren zu gewährleisten.

Um wirtschaftlichen Schaden vom Land abzuwenden, ist es erforderlich, angesichts der drastischen Einnahmeverluste unverzüglich die Einnahme- und Ausgabeplanungen des Landes neu zu bewerten und gegebenenfalls zu korrigieren oder zu sichern.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, unverzüglich einen weiteren Nachtragshaushalt für das Jahr 2009 vorzulegen, der die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben im Haushalt 2009 und die zu erwartende Neuverschuldung realistisch abbildet. Die Landesregierung wird aufgefordert, diesen Nachtrag noch vor der Sommerpause in den Haushaltsausschuss zur Beratung einzubringen.

Darüber hinaus wird die Landesregierung aufgefordert, unverzüglich die finanzpolitischen und haushaltsrelevanten Daten der Mipla 2008-2012 auf die ihr bekannten Daten der Mai-Steuerschätzung 2009 zu aktualisieren. Der sich daraus ergebende Handlungsbedarf für den Planungszeitraum ist in das Mipla-Zahlenwerk einzuarbeiten. Die erforderliche Deckung für das zu erwartende Defizit der nicht zum Ausgleich kommenden Haushaltsjahre ist verbindlich darzustellen.

Begründung

Im Februar 2009 hat die Landesregierung dem Landtag einen Nachtragshaushalt mit einem Umfang von 1,4 Mrd. Euro zur Umsetzung des Konjunkturpaketes II und der "Initiative Niedersachsen" plus dem so genannten Aufstockungsprogramm der Landesregierung in Höhe von 163 Mio. Euro vorgelegt. Die grüne Landtagsfraktion hat gegen diesen Nachtrag gestimmt, der überwiegend aus den letzten Resten der Rücklage finanziert werden soll.

Im April 2009 stellt der Finanzminister fest, dass Niedersachsen mit 95 Mio. Euro Steuermindereinnahmen hinter dem Soll liegt. Daraufhin verkündet er eine teilweise Haushaltssperre über 10 % der Sachkosten im Umfang von ca. 136 Mio. Euro und eine Verschärfung des bereits bestehenden Einstellungsstopps, d. h. es soll weniger Ausnahmen vom Stopp geben. Anfang Mai 2009 muss der Finanzminister seine Aussagen bereits nach oben korrigieren, da fehlen bereits 140 Mio. Euro Vor-Steuereinnahmen.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung am 14.05.09 fallen dann noch einmal drastischer aus: Für Niedersachsen bedeuten sie Mindereinnahmen aus Steuern, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von 1,716 Milliarden Euro für 2009 und 3,286 Milliarden Euro für 2010. Den steuerlichen Mindereinnahmen sind Kompensationszahlungen des Bundes an die Länder gegenzurechnen, die zum Ausgleich der bisher den Ländern zustehenden Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer geleistet werden. Hieraus erhält Niedersachsen 455 Millionen Euro im Jahr 2009 und 896 Millionen Euro im Jahr 2010. Die haushaltswirksamen Mindereinnahmen liegen damit bei 1,261 Milliarden Euro im Jahr 2009 beziehungsweise 2,390 Milliarden Euro im Jahr 2010.

Erhebliche Einschnitte treffen auch die niedersächsischen Kommunen. Aus den Zahlen ergeben sich folgende negative Wirkungen auf die originären kommunalen Steuereinnahmen und den kommunalen Finanzausgleich (KFA):

* 2009 655,50 Millionen Euro, davon kommunale Steuereinnahmen 456 Millionen Euro und KFA 199,50 Millionen Euro,

* 2010 1,121 Milliarden Euro, davon 718 Millionen kommunale Steuereinnahmen und 403 Millionen KFA,

* 2011 1,301 Milliarden Euro, davon 821 Millionen Steuereinnahmen und 480 Millionen KFA,

* 2012 1,299 Milliarden Euro, davon 821 Millionen Steuereinnahmen und 478,6 Millionen KFA.

Die Mittelfristige Finanzplanung (Mipla) 2008-2012 ist in den wesentlichen finanzpolitischen und haushaltsrelevanten Eckdaten überholt. Dies führt zu einer derart falschen Darstellung der aktuellen Finanzsituation, dass statt von einer Planung nur noch von einer Verschleierung der Finanzlage gesprochen werden kann, mit der die riesigen Finanzprobleme des Landes bis 2012 verharmlost werden. Die vorgelegten Finanzplandaten der Landesregierung sind für eine solide, dem Wohl und der Zukunft des Landes dienende, berechenbare und sparsame Haushaltspolitik unbrauchbar und irreführend. Nur auf der Grundlage einer sorgfältigen, soliden und genauen Finanzplanung kann das Land die Vorgabe des § 50 Abs. 7 HGrG erfüllen.

Nach Monaten des Stillstands im Finanzministerium und den ewig gleichen aber nichtssagenden Beschwörungsformeln der Regierung Wulff ist nicht zu erkennen, dass das Handeln der Landesregierung in der haushaltspolitischen Realität angekommen ist. Während der Finanzminister alles außer den Konjunkturprogrammen auf den Prüfstand stellen will, ist der Ministerpräsident auf Bundesebene einer der eifrigsten Verfechter von Steuersenkungen, die den niedersächsischen Haushalt zusätzlich belasten würden. Die veränderte Situation erfordert klare Entscheidungen über den weiteren Haushaltskurs der Landesregierung zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden für das Land. Die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen haben außerdem ein Recht darauf, noch vor den Bundestagswahlen zu erfahren, auf welchen haushaltspolitischen Kurs die Landesregierung einschwenken wird. Dem Landtag ist die Wahrnehmung seines Budgetrechts zu ermöglichen.

Parlamentarische Geschäftsführerin

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