Antrag: Mehr Investitionen für Bildung und Forschung statt Eigenheimzulage
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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 07.09.2004
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive durch Abschaffung der Eigenheimzulage im Bundesrat zuzustimmen.
Die hierdurch auch im Land Niedersachsen mehr zur Verfügung stehenden Mittel sollen analog zum Bundeshandeln in Bildung und Forschung investiert werden.
Begründung
Der am 14.07.04 von der rotgrünen Bundesregierung verabschiedete "Entwurf eines Gesetzes zur finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive durch Abschaffung der Eigenheimzulage" sieht vor, die Eigenheimzulage zum 01.01.2005 abzuschaffen. Frei werdende Mittel will die Bundesregierung in Bildung und Forschung investieren. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates, also auch des Landes Niedersachsen. Bei voller Jahreswirkung würden jährlich 5,893 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen zur Verfügung stehen, wovon den Bundesländern 2,504 Milliarden im Jahr zustünden. Das Land Niedersachsen könnte davon in einer Größenordnung von 250 Millionen Euro jährlich profitieren.
Die Eigenheimzulage ist seit Jahren die steuerliche Einzelsubvention mit dem höchsten Volumen. Ihre Notwendigkeit und Effizienz wird seit geraumer Zeit in Frage gestellt. So urteilte z.B. der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Fünf Weisen") im November 2003: "Die Eigenheimzulage hat sich überlebt. [”¦] Die Politik sollte sich zu einer kompletten Streichung der Eigenheimzulage durchringen." Untersuchungen belegen, dass das ursprüngliche Ziel dieser Subvention, die Wohnraumversorgung nach dem 2. Weltkrieg zu verbessern, erreicht worden ist. Inzwischen lässt sich sogar von einer kontraproduktiven Wirkung der Eigenheimzulage sprechen, da mit ihrer Hilfe Wohnungsleerstand "befördert" wurde.
Tendenziell lassen sich, so hat es ein Gutachten der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer von 2002 gezeigt, außerdem Preis treibende Effekte sowohl im Hinblick auf Grundstücks- und Baupreise als auch im Hinblick auf Kreditzinsen für die Baufinanzierung nachweisen. Die demgegenüber befürchtete negative gesamtwirtschaftliche Auswirkung der Abschaffung der Eigenheimzulage wird oftmals überschätzt, da die Subvention ganz überwiegend von Haushalten in Anspruch genommen wird, die im oberen Drittel des geförderten Einkommensbereiches liegen und die aller Wahrscheinlichkeit nach auch ohne die Eigenheimzulage ihr Bauvorhaben verwirklichen würden.
In der Studie "Deutschland 2020. Die demographische Zukunft der Nation" vom Berlin-Institut wird die Entwicklung von Regionen skizziert, die schon länger mit demographischen Schrumpfungsprozessen konfrontiert sind. Hier werden bereits einschneidende Maßnahmen wie bspw. Wohnungsrückbau diskutiert. Auch vor diesem Hintergrund macht eine bundesweite flächendeckende Förderung des Baus von Eigenheimen keinen Sinn mehr. Bund und Länder müssen sich der neuen demographischen Herausforderung endlich stellen.
Die Abschaffung der Eigenheimzulage könnte auch einen wichtigen Beitrag zur Entlastung des Landeshaushaltes liefern, denn bislang hat die Bundesrats-Blockade des Landes Niedersachsen beim Abbau von überholten Subventionstatbeständen die Haushaltsnotlage des Landes erheblich verschärft. Die Entlastung des Haushaltes würde in acht Einzelschritten erfolgen, weil keine neuen Anträge genehmigt würden, bestehende Förderungen aber weiterlaufen würden.
Im Bildungsbericht für Deutschland wird festgestellt, dass die Entwicklung der öffentlichen Haushalte und das im internationalen Vergleich geringe Gewicht der öffentlichen Bildungsausgaben die Umsetzung der Reformen des Bildungssystems gefährdet. Im Ländermittel der OECD-Mitgliedsstaaten wurden im Jahr 2000 5,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Bildungssysteme aufgewendet. Deutschland liegt mit 5,3 % leicht unter diesem Durchschnitt. Damit ist der Anteil nach 5,5 % 1995 und 5,6 % 1999 wieder leicht gesunken. Deutlich höhere Anteile ihres BIP gaben beispielsweise Kanada (6,4 %), Dänemark (6,7 %), Frankreich (6,1 %), Korea (6,3 %) und die Vereinigten Staaten (7 %) aus. Diese Zahlen verdeutlichen, dass in Deutschland erhebliche Defizite bei der Bildungsfinanzierung bestehen. Dieser Herausforderung müssen sich Bund und Länder stellen. Eine Umsteuerung der vorhandenen Ressourcen aus der Eigenheimzulage in Zukunftsinvestitionen ist somit dringend geboten.
Fraktionsvorsitzender