Antrag: Logistik geht auch mit Guter Arbeit: Werkverträge und Nachunternehmerketten in der Paketbranche verbieten

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Bereits im Jahr 2019 hatte die Bundesregierung es sich richtigerweise zum Ziel gemacht, mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Branche zu stärken, die korrekte Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge zu gewährleisten und insgesamt Verstöße gegen gesetzliche Auflagen zu verhindern. Heute zeigt sich allerdings, dass diese Ziele nicht alle erreicht worden und deshalb nachgesteuert werden muss. Die Kurier-, Express- und Paketbranche ist weiterhin zweigeteilt. Nur noch ein Drittel der Zustellerinnen und Zusteller sind direkt bei einem der Dienstleister in der Branche angestellt. Alle anderen arbeiten bei Subunternehmen oder als Solo-Selbständige. Damit in Zusammenhang steht, dass die Zahl der tariflich abgesicherten Beschäftigten zurückgeht – mit allen negativen Folgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die bei Subunternehmen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten der Gewerkschaft Verdi von zu hoher Arbeitsbelastung, psychischem Druck, Verweigerung von Lohnansprüchen, fehlender Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Haftung bei Schäden am Lieferfahrzeug, zu vielen und zu schweren Paketen und damit von Verstößen beim Gesundheitsschutz. Erschwerend hinzu kommt, dass viele Beschäftigte zugewandert sind, häufig keinen sicheren Aufenthaltsstatus haben und keine guten Deutschkenntnisse besitzen.

All diese Probleme haben sich trotz des Paketboten-Schutz-Gesetzes in den vergangenen Jahren verschärft.

Der Landtag bittet die Landesregierung vor diesem Hintergrund,

  1. sich für eine Änderung des Gesetzes zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (Paketbotenschutz-Gesetz) einzusetzen und
  2. eine Bundesratsinitiative hierfür einzubringen. Die Initiative sollte folgenden Zielsetzung haben:
    1. Ein Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal zum Transport und der Auslieferung bei Paketdienstleistern und somit das Verbot von Werkverträgen und Nachunternehmerketten.
    2. Eine Gewichtsbegrenzung von 20 Kilogramm für Paketsendungen im Ein-Personen-Handling, sowie eine Kennzeichnungspflicht von sogenannten „Schweren Paketen“.

Begründung

Die Arbeitsbedingungen haben sich trotz des Paketboten-Schutz-Gesetz von 2019 für einen Großteil der Beschäftigten in den letzten Jahren verschlechtert:

  • Die Verdienste bei Post- und Paketdienstleistern sind in den vergangenen zehn Jahren mit 6 Prozent unterdurchschnittlich gestiegen. In der Gesamtwirtschaft legten im selben Zeitraum die Bruttomonatsverdienste um 24 Prozent zu.
  • Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst in der Branche der Post-, Kurier- und Expressdienste lag 2021 gut 1.000 Euro unter dem Durchschnitt von Vollzeitbeschäftigten in der Gesamtwirtschaft.
  • Die Branche besteht zu zwei Dritteln aus Fachkräften, gefolgt von angelernten und ungelernten Vollzeitbeschäftigten.
  • 60 Prozent der Erwerbstätigen bei Post-, Kurier- und Expressdiensten arbeiteten 2021 auch an Wochenenden.
  • Die Zahl der Erwerbstätigen bei Post- und Paketdiensten ist von 2010 bis 2020 mehr als doppelt so stark gestiegen wie in der Wirtschaft insgesamt. Alleine in Niedersachsen arbeiten 50.000 Menschen in der Branche.
  • Atypische Beschäftigung wie Befristungen und Teilzeit sind in der Branche weit verbreitet. Ein Drittel der Kernbeschäftigten ist atypisch beschäftigt, während dieser Anteil in der Gesamtwirtschaft mit einen Fünftel deutlich niedriger liegt.

Ein Verbot von Werkverträgen und Nachunternehmerketten würde dazu führen, dass die Dienstleister der Branche ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt anstellen müssen. Das stärkt die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, verbessert die Arbeitsbedingungen, führt zu mehr tariflich abgesicherter Beschäftigung und schafft zudem mehr Gerechtigkeit im Wettbewerb der wachsenden Branche für die Unternehmen wie Deutsche Post/DHL, die zu fast 100 Prozent eigene Zustellerinnen und Zusteller haben. Die gesetzlichen Regelungen in der Fleischindustrie haben bereits Wirkung gezeigt und können als Vorbild für ein Gesetz in der Kurier-, Express- und Paketbranche gelten. 

Insgesamt sehen wir es als unsere Aufgabe an, landespolitisch darauf zu achten, dass die Kriterien Guter Arbeit für alle Branchen gelten und kritische Arbeitsbedingungen in den Blick genommen werden. Dieses ist nicht nur ein Gebot sozialer Gerechtigkeit, sondern auch angesichts des Fachkräftemangels dringend geboten.

Zurück zum Pressearchiv