Antrag: Klimabremse ziehen: Tempolimit 130 km/h auf deutschen Autobahnen für den Klimaschutz!

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Seit den fünfziger Jahren hat der Automobilbestand in Deutschland um 900 Prozent zugenommen. Auf unseren Straßen sind inzwischen 46 Millionen PKW unterwegs. Die Straße ist mit großem Abstand zum Verkehrsträger Nummer 1 geworden. Eine der Kehrseiten des deutschen Mobilitätsstils: Der Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) trägt zur Erderwärmung und damit zu den vermehrten Naturkatastrophen bei, die durch die Klimaveränderung verursacht werden. Insbesondere Niedersachsen als Küstenland ist von dem Ansteigen des Meeresspiegels direkt bedroht. Es ist wissenschaftlicher Konsens, den CO2-Ausstoß effektiv und so rasch wie möglich am weiteren Ansteigen zu hindern bzw. ihn zu vermindern. Die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen würde dazu beitragen, die Kohlendioxid-Emissionen zu verringern. Ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern reduziert laut ADAC den Ausstoß jährlich um 2,5 Millionen Tonnen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • 1. auf niedersächsischen Autobahnen in einem ersten Schritt eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern einzuführen und
  • 2. sich im Bundesrat für ein bundesweites Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen einzusetzen.

Begründung

Ein schneller und unbürokratischer Weg zum Klimaschutz und zu höherer Verkehrssicherheit ist die Einführung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h. Keine andere Maßnahme im Verkehrsbereich ist geeigneter, in gleicher Weise sofort die CO2-Emissionen zu senken. Darüber hinaus würde damit die Dynamik in der deutschen Automobilindustrie gebremst, immer schwerere und schnellere Autos zu produzieren.

Das Europäische Parlament (EP) verabschiedete am 24. Oktober 2007 eine Resolution für eine Gemeinschaftsstrategie zur Reduzierung von Co2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen, die Autoherstellern Höchstwerte beim Bau ihrer Fahrzeuge vorgibt. Das ursprüngliche Ziel der Resolution, bis 2015 rund 45 Millionen Tonnen CO2 jährlich einzusparen, wurde durch einen mehrheitlich angenommenen Änderungsantrag des liberalen Berichterstatters Chris Davies verfehlt. Davies hatte beantragt, den Grenzwert von 120 auf 125g/km anzuheben und die Einführung der Grenzwerte um drei Jahre von 2012 nach 2015 zu verschieben. Damit wird der CO2-Ausstoß nur um 23 Millionen Tonnen bis 2015 verringert werden. Die liberale Intervention hat den CO2 Minderungserfolg damit nahezu halbiert.

Die Einführung eines Tempolimits allein rettet zwar nicht das Klima, aber es wirkt sofort und kostet nichts. Das Tempolimit kann zudem das leider nun verfehlte Ziel der ursprünglichen EU-Resolution zu einem Teil kompensieren. In Deutschland würden die Emissionen auf den Autobahnen durch die Geschwindigkeitsbegrenzung immerhin um acht Prozent gesenkt werden können.

Wissenschaftler wie Udo J. Becker, Professor für Verkehrsökologie an der Technischen Universität Dresden, sagen, dass ein Tempolimit langfristig hilft, Arbeitsplätze zu sichern. Angesichts steigender Preise und immer knapper werdender Treibstoffe werden sich mittelfristig Kunden weltweit nicht an Höchstgeschwindigkeiten der Fahrzeuge orientieren, sondern daran ob das Auto besonders wenig Kraftstoff benötigt. Das Auto der Zukunft ist damit leichter, sparsam im Verbrauch und umweltschonend. Ein Tempolimit würde die Autohersteller schon heute dazu bringen, die Weichen für morgen zu stellen. Auch andere Experten sehen inzwischen eine Gefahr darin für die heimische Automobilbranche, weiter große Autos mit hohem Kraftstoffverbrauch zu entwickeln und zu bauen. Der Kunde kann sich sehr plötzlich gegen solche Fahrzeugmodelle entscheiden. Diese Erfahrung mussten Ford und General Motors in den USA machen: Der Absatz ihrer Pick-up Trucks, die auf 100 Kilometern 30 Liter brauchen, brach ein.

Hohe Geschwindigkeiten erhöhen das Unfallrisiko auf den Autobahnen. Laut Bundesanstalt für Straßenwesen würde bei einem Tempolimit von 130 km/h die Zahl der Getöteten auf deutschen Autobahnen um 20 Prozent zurückgehen. Bei einer Begrenzung von 100 km/h sogar um 37 Prozent. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass höhere Geschwindigkeiten mehr Energie und damit längere Bremswege und weniger Zeit zum Reagieren nach sich ziehen würden. Zudem bedeuten höhere Differenzgeschwindigkeiten ein höheres Unfallrisiko. Weniger Tempo und angeglichene Geschwindigkeiten retten Menschenleben und erhöhen nebenbei die Kapazität der vorhandenen Straßen. Deswegen setzen sich auch die Präsidenten der Landespolizeien sich für die Einführung eines Tempolimits ein.

Zur Zeit ist Deutschland weltweit eines der ganz wenigen Länder ohne generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf seinen mehr als 12.000 Autobahn-Kilometern. Nur rund ein Drittel davon ist mit Tempolimits belegt. Es gibt keinen rationalen Grund, warum dieser Sonderweg trotz der guten Argumente für ein Tempolimit weiter beschritten werden sollte.

Stefan Wenzel

Fraktionsvorsitzender

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