Antrag: Für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest,

  • Die europäischen Argrarsubventionen binden nach wie vor einen großen Teil des EU-Haushaltes (42 %). Der EU-Finanzrahmen 2007 bis 2013 sieht Agrarausgaben in Höhe von 362 Mrd. € vor. Davon entfallen 293 Mrd. € auf Direktzahlungen und Marktordnungsmaßnahmen sowie 69 Mrd. € auf die Förderung der ländlichen Entwicklung.
  • Die Direktzahlungen sind auf die Betriebe ungerecht verteilt und führen zu Wettbewerbsverzerrungen. Nach jüngsten Veröffentlichungen der Kommission erhielten 2003 in Deutschland 2,67 % der Subventionsempfänger 34,26 % der Zahlungen. 52,23 % der Empfänger mussten sich mit 8,76 % der Prämien zufrieden geben. Das wird sich auch nach Umsetzung der EU-Agrarreform nicht entscheidend verändern. Während flächenstarke durchrationalisierte Ackerbaubetriebe rund 120.000 € Direktzahlungen pro Arbeitskraft erzielen können, liegt der Durchschnitt der Betriebe bei rund 8.500 € pro Arbeitskraft.
  • Die Bemessung der Direktzahlungen nach historischen Daten und Flächengröße verhindert eine gesellschaftlich gewünschte Qualifizierung der Subventionen nach sozialen, einkommenspolitischen, ökologischen und tiergerechten Kriterien.
  • Die politischen Garantien für die Höhe der Direktzahlungen führen bei sinkendem Gesamtbudget europa- und bundesweit zu erheblichen Kürzungen der Mittel für die Förderung des ländlichen Raumes. Dadurch werden z.B. Agrarumweltprogramme und die Verbesserung neuer Arbeits- und Einkommenschancen eingeschränkt.
  • Im Rahmen der Weiterentwicklung der EU-Agrarreform ist deshalb eine öffentliche Diskussion über die Höhe und die Verteilung der künftigen Agrarsubventionen erforderlich. Voraussetzung dafür ist Transparenz über die Verwendung und die Empfänger dieser öffentlichen Gelder. Die Kommission setzt sich deshalb mit einer Transparenzinitiative für die Veröffentlichung dieser Daten ein.

Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf,

  • die Empfänger, die Verwendung und die Höhe von Direktzahlungen und von Exportsubventionen öffentlich zugänglich zu machen und sich bei der Bundesregierung für ein entsprechendes bundesweites Transparenzgebot einzusetzen.

Die veröffentlichten Daten müssen so detailliert sein, dass

  • deutlich wird, wer von den Agrarsubventionen profitiert und wer zu den Verlierern der jetzigen Verteilungskriterien gehört
  • Schlussfolgerungen darüber möglich sind, welche gesellschaftlichen Leistungen mit der heutigen Verteilung belohnt bzw. bestraft werden,
  • eine fundierte Diskussion über die künftigen Förderziele geführt werden kann, die mittels Direktzahlungen verfolgt werden sollen,
  • Lösungen erarbeitet werden können, die eine Kopplung der Subventionen an soziale und ökologische Kriterien sicherstellen,
  • eine Einschätzung erfolgen kann, in welchem Umfang eine Umschichtung von finanziellen Mitteln zur Stärkung der ländlichen Entwicklung möglich und erforderlich ist.

Begründung

Der Steuerzahler hat einen Anspruch darauf, dass die Sinnhaftigkeit von öffentlichen Subventionen diskutiert werden kann und eine Gewährung dieser Mittel sich an gesellschaftlich gewünschten Zielen und Kriterien orientiert. Der Bereich der Agrarsubventionen zeichnet sich zur Zeit durch eine sehr eingeschränkte Transparenz aus. Verbraucher haben aber z.B. einen Anspruch darauf, prüfen zu können, ob die Hilfen bei den Betrieben ankommen, deren Produktion ihren qualitativen Erwartungen und Forderungen entspricht.

Inzwischen sind eine Reihe von europäischen Staaten diesem Transparenzbedürfnis nachgekommen. Nachdem Dänemark den Anfang gemacht hat, folgten Schweden, Großbritannien, Irland, die Niederlande, Frankreich und Teile Spaniens. Auch Finnland plant die Veröffentlichung der konkreten Zahlen mit Angaben aller Empfänger, des Zahlungszwecks und der Zahlungshöhe. Dabei ist deutlich geworden, was auch in Deutschland unterstellt werden kann. Es profitieren vor allem sehr große Betriebe und agroindustrielle Unternehmen als Flächeneigentümer und Exporteure von den gegenwärtigen Zahlungen. Die bäuerlichen Landwirtschaftsbetriebe, die das Gerüst für den ländlichen Raum bilden und dort Arbeit und Einkommen bieten, erhalten nur einen geringen Bruchteil der Subventionen. Eine soziale und ökologische Lenkungswirkung ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: Die jetzige Verteilung verstärkt massiv den Strukturwandel und damit die Vernichtung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.

Die durch die Veröffentlichung in Großbritannien bekannt gewordenen Millionensubventionen für das britische Königshaus sind nur die Spitze des Eisbergs. Überall wo die bisher unter dem Deckmantel des Datenschutzes geheim gehaltenen Informationen veröffentlicht wurden, hat dies zu einer intensiven und berechtigten Diskussion über die Notwendigkeit und Zielsetzung dieser öffentlichen Förderung geführt. Wenn bei der 2008/2009 vorgesehenen Zwischenbewertung der Agrarreform die Weichen richtig gestellt werden sollen, ist es erforderlich auch in Niedersachsen und Deutschland für die notwendige Transparenz zu sorgen.

Fraktionsvorsitzender

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