Antrag: Finanztransaktionssteuer einführen – Initiative für Verstärkte Zusammenarbeit ist erster konkreter Schritt für eine globale Umsetzung
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 18.03.2014
Der Landtag stellt fest:
Die Pläne zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Verstärkter Zusammenarbeit durch elf Staaten der Europäischen Union (EU) sind zu begrüßen. Mit Frankreich und Deutschland treten zwei der gewichtigsten Stimmen in der Europäischen Union für dieses Anliegen ein. Grundsätzlich ist allerdings eine Zusammenarbeit aller Staaten der Europäischen Union in diesem Bereich Voraussetzung, das Ziel eines substantiellen und gerechten Beitrages der Finanzmärkte zu den Steuereinnahmen und ein Mehr an Finanzstabilität erreichen zu können. Außerdem ist eine EU-weite Harmonisierung anzustreben. Die Bemühungen der Fraktionen im Deutschen Bundestag dieses Anliegen voran zu bringen sind zu begrüßen. Die Entschließung des Landtages zeigt, dass die Einführung der europäischen Finanztransaktionssteuer nicht nur in der EU und fraktionsübergreifend, sondern auch auf allen politischen Ebenen gewollt ist.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf sich dafür einzusetzen,
- dass eine EU-weite Finanztransaktionssteuer eingeführt wird; dies kann ggf. schrittweise erfolgen. Dabei soll aber weiter das Ziel verfolgt werden, die Steuer auf möglichst breiter internationaler Basis zu etablieren.
- dass eine solche EU-Finanztransaktionssteuer eine möglichst breite Bemessungsgrundlage aufweist.
- dass private Haushalte und kleine & mittlere Unternehmen möglichst wenig belastet werden, indem zum Beispiel nicht-spekulative Finanzgeschäfte ausgenommen werden.
Zu diesen Punkten soll die Landesregierung die Bundesregierung bei ihren Bemühungen unterstützen und dem Landtag über den Fortgang der Beratungen berichten.
Begründung
Die Folgen der größten Wirtschafts- und Finanzkrise seit 80 Jahren sowie die horrende Verschuldungsproblematik einzelner EU-Mitgliedstaaten bereiten den Regierungen in der Europäischen Union große Sorge. Durch sie ist nunmehr deutlich geworden, dass zum Krisenmanagement der Regierungen die Suche nach Instrumenten zur Eindämmung der Krise und ihrer Folgen gehört. Eines dieser Instrumente ist die Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer. Gegenwärtig unterliegen Umsätze mit Finanzprodukten wie Aktien, Derivaten oder Optionen in den meisten Ländern der Europäischen Union keiner Steuer bzw. nur teilweise Kapitalverkehrssteuern. Obwohl diese Umsätze eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben, leisten sie keinen Finanzierungsbeitrag zu öffentlichen Aufgaben. Diese Ausnahme ist nicht gerecht, denn von der Nicht-Besteuerung profitieren insbesondere Menschen mit hohen Kapitalumsätzen und hohen Einkommen sowie wenige Finanzplätze und die dortigen Beschäftigten. Gerade die Finanzmarktakteure und -akteurinnen haben in der Wirtschafts- und Finanzkrise jedoch von umfangreichen Rettungsmaßnahmen des Staates profitiert. Unbeschadet der Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit als einem der Pfeiler der EU-Wirtschaftsordnung ist es somit ein Gebot der Gerechtigkeit, Finanztransaktionen, wie andere Produkte und Dienstleistungen auch, mit einer Kapitalverkehrsteuer zu belegen. Deshalb braucht es eine Finanztransaktionssteuer. Dadurch würden die Finanzmarktakteurinnen und -akteure auch an der Finanzierung der von ihnen selbst wesentlich mit verursachten Kosten zur Krisenbewältigung beteiligt. Die Finanztransaktionssteuer kann auch einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der Finanzmärkte insgesamt leisten. Denn bei der Idee einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer geht es nicht nur um ihre steuerlichen, sondern insbesondere auch um ihre steuernden Aspekte. Spekulationen können mit der Einführung dieser Steuer zurückgedrängt werden. Im Ergebnis wirkt die Finanztransaktionssteuer insbesondere sehr kurzfristigen und rein spekulativen Transaktionen entgegen. Umfragen und Kampagnen in zahlreichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zeigen, dass die Bevölkerungen mehrheitlich für eine entsprechende Steuer sind. Die Bundesregierung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble hat sich, ebenso wie der Französische Staatspräsident François Hollande und Finanzminister Pierre Moscovici, in der Vergangenheit wiederholt öffentlich auf europäischer und internationaler Ebene für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Grundsätzlich einführen wollen die Steuer elf europäische Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und Italien. Angesichts globalisierter Finanzmärkte wäre eine weltweit erhobene Steuer auf sämtliche Finanztransaktionen wünschenswert und der beste Weg. Solange diesbezüglich kein internationaler Konsens erzielt werden kann, bietet sich allerdings die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer in Verstärkter Zusammenarbeit in mehreren europäischen Einzelstaaten an.