Antrag: EU-Mercosur-Handelsabkommen stoppen: Regenwald, Klima und europäische Landwirtschaft schützen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Das EU-Mercosur-Handelsabkommen zwischen der EU und Brasilien, Argentinien, Uruguay sowie Paraguay wird die Quote exportbeschränkter Güter wie Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol erhöhen und damit die Zerstörung des Regenwaldes weiter befeuern. Schon jetzt erreicht die Abholzung des Regenwalds unter Präsident Jair Bolsonaro in Brasilien einen Höchststand. Aktuell wird der Amazonas-Regenwald durch die schwersten Waldbrände der letzten sieben Jahren zerstört. Mindestens 71.500 Feuer wurden im Laufe des Jahres registriert. Viele dieser Feuer wurden durch illegale Waldrodung verursacht.

Zunächst 99.000 Tonnen Schlachtkörperäquivalent (CWE) Rindfleisch, 180.000 Tonnen Geflügel und Zucker, 450.000 Tonnen Ethanol sowie weitere landwirtschaftliche Produkte wie Soja sollen in Zukunft zollfrei in die EU eingeführt werden und setzen die europäischen Landwirt*innen durch geringere Sozial- und Umweltstandards weiter unter Druck.

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands äußerte sich folgendermaßen: „Ein solches Mercosur-Abkommen wäre ein massiver Schlag gegen eine nachhaltige und bäuerlich-unternehmerische Landwirtschaft in Europa, sowohl in der Tierhaltung als auch im Ackerbau.“ Und weiter: „Dieses Handelsabkommen ist Doppelmoral pur.“

Niedersachsen als Agrarland Nr.1 ist in besonderer Weise von dem EU-Mercosur-Handelsabkommen bedroht. Gerade die Weidehaltung, die den Erhalt des klimaschützenden Grünlands sichert, würde durch Fleisch-, Milchpulver- und Käseimporte unter Druck gesetzt werden.

Aufgrund der fortschreitenden Klimakatastrophe und des Aufheizens des Planeten sind höhere Sozial- und Umweltstandards notwendig, nicht weniger.

Als „gemischtes Abkommen“ bedarf es der Ratifizierung durch die EU und durch ihre Mitgliedsstaaten.  Frankreich, Irland und Finnland haben sich bereits gegen die Ratifizierung des Abkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur ausgesprochen.

Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf:

  1. sich zum Schutz der europäischen Landwirt*innen und der globalen Umwelt gegen die Ratifizierung des bereits abschließend verhandelten EU-Mercosur-Handelsabkommens auszusprechen und alle möglichen Mittel zu nutzen, eine Ratifizierung durch Deutschland zu verhindern.
  2. regionale Kreisläufe und Wertschöpfungsketten in Niedersachsen für landwirtschaftliche Produkte auszubauen.
  3. sich klar zum europäischen Vorsorgeprinzip und dem strengen Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zu bekennen.
  4. klima- und tierfreundliche Weidehaltung in Niedersachen wieder zu fördern.

Begründung

In Zeiten eines fortschreitenden Klimawandels ist es nicht mehr vertretbar, Waren dort zu produzieren, wo es am billigsten ist und energieintensiv über den Globus zu transportieren. Eine Ausweitung der Fleischproduktion führt zu verstärkter Abholzung des Regenwalds, zu illegaler Brandrodung, noch höherer Treibhausgasemissionen und Grundwasserverschmutzung. Einige Produkte wie Milchpulver sollen durch das EU-Mercosur-Handelsabkommen gegenseitig ausgetauscht werden. Dies schafft hohe Unsicherheiten bei den Produzenten auf beiden Seiten des Atlantiks, anstatt sie durch effiziente und klimafreundliche regionale Wertschöpfungsketten zu stärken.

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Ohne Nachweis und verpflichtende Kontrollen zur Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards können diese systematisch unterwandert werden. Bei Verstößen gegen das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit, der Vereinigungsfreiheit oder dem Recht auf Tarifverhandlungen gibt es keine Sanktions- oder Kontrollmechanismen. Dasselbe gilt für die Einhaltung von CITES und dem Pariser Klimaschutzabkommen COP21.

Die Importmengen bei Rindfleisch, aber auch die Zollfreiheit bei Käse und Milchpulver werden die europäischen Milchviehhalter*innen und Rindermäster*innen weiter unter Druck setzen. Insbesondere die Weidehaltung mit ihren Ökoystemleistungen wie den Erhalt des Dauergrünlands, einem Mehrwert für Biodiversität, Wasserreproduktion und Kohlenstoffspeicherung im Boden, droht auszusterben.

Das EU-Mercosur-Handelsabkommen kann dazu führen, dass das Vorsorgeprinzip und europäische Grenzwerte bei Pflanzenschutzmitteln sukzessive geschröpft werden. Der Pestizideinsatz in Brasilien ist achtmal so hoch wie in der EU. Ebenfalls haben beide Parteien vereinbart Rechtsvorschriften, Leitlinien und Verfahren bei Anwendungen von Agrarbiotechnologie auszutauschen. Dies ist ein versteckter Angriff auf das europäische Vorsorgeprinzip, insbesondere um die Zulassungsverfahren für GVO zu senken. 

Das in der Entwicklungspolitik und durch Ökologen gleichermaßen kritisierte Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) wird weiter in seiner Übermacht gestärkt. UPOV verhindert durch die Besetzung mit ausschließlich großen Agro-Tech-Unternehmen, ohne die Beteiligung der Zivilgesellschaft und Kleinbauern, den Erhalt von Sortenvielfalt und Open-Source-Züchtungen bei Saatgut. Insbesondere Kleinbauern des globalen Südens kommen so noch schneller in ein Abhängigkeitsverhältnis mit Agro-Tech-Konzernen.

Der Bevölkerung, Landwirt*innen und Politiker*innen wird der gesamte Vertragstext vorenthalten. Bis heute wurde nur ein 16-seitige Zusammenfassung des Vertragstexts veröffentlicht. Damit werden wesentliche demokratische Prinzipien unterwandert.

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