Antrag: EU-Förderperiode 2014 bis 2020 effektiv, regionsspezifisch und bedarfsgerecht ausgestalten

Antrag

EU-Förderperiode 2014 bis 2020 effektiv, regionsspezifisch und bedarfsgerecht ausgestalten

Die Europäische Union hat mit der Strategie Europa 2020 eine auf zehn Jahre angelegte Wachs-tumsstrategie beschlossen, die ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in der EU erreichen will. Sie formuliert Zielsetzungen in den fünf Handlungsfeldern Beschäftigung, Forschung und Entwicklung, Klimawandel und nachhaltige Energiewirtschaft, Bildung sowie Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Zum Erreichen dieser Ziele sollen die EU-Fonds in der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 beitragen.

Im Rahmen dieser Förderperiode wird Niedersachsen aus den EU-Fonds EFRE, ESF und ELER rund 2 Mrd. Euro an Fördermitteln erhalten. Im Vergleich zur vorausgegangenen Förderperiode be-deutet dies einen Rückgang um rund 550 Mio. Euro, wobei der Rückgang in ESF und EFRE mit über 40 % besonders einschneidend ist. Im ELER dagegen stehen aufgrund der Mittelumschich-tung aus der ersten Säule der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik rund 14 % mehr Mittel zur Verfügung.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung kommt es für das Land darauf an, die verfügbaren Mittel möglichst effektiv einzusetzen. Das bedeutet, dass

– mit jedem investierten Euro ein möglichst großer Nutzen für das Land erreicht wird,

– die Mittel vorrangig dort eingesetzt werden, wo der Bedarf am höchsten ist und wo die nachhal-tigsten Wirkungen damit verbunden sind,

– der Verwaltungsaufwand bei der Mittelverteilung minimiert wird und

– die Mittel möglichst auch (fonds-)übergreifend eingesetzt werden können, um zu vermeiden, dass die besten und wichtigsten Projekte deswegen nicht unterstützt werden können, weil nicht auf die gesamten einsetzbaren Mittel zurückgegriffen werden kann.

Der Landtag begrüßt,

– dass die Landesregierung die für diese Ziele erforderlichen Voraussetzungen geschaffen hat. So ermöglichen die neu eingerichteten Ämter für regionale Landesentwicklung unter Leitung der vier Landesbeauftragten eine regionsspezifische Sicht auf den tatsächlichen Handlungsbedarf unter Einbezug des lokalen und regionalen Sachverstandes.

– dass die von der Landesregierung in Auftrag gegebenen regionsbezogenen Stärken- und Schwächenanalysen eine nachvollziehbare Grundlage für die spezifischen Mittelbedarfe der einzelnen Regionen geben.

– dass die derzeit laufende Erstellung von regionalen Handlungsstrategien durch die Ämter für regionale Landesentwicklung zu einem Maßstab dafür führen werden, ob ein Projekt zu den re-gionalen Entwicklungszielen tatsächlich einen Beitrag leistet oder nur für sich gesehen nützlich ist.

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Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1752

– dass die Landesregierung auch bei der Ausgestaltung der operationellen Programme den rich-tigen Weg eingeschlagen hat, vor allem, indem sie die beiden Strukturfonds EFRE und ESF in einem integrierten Multifonds zusammengeführt hat, der es mit weniger Verwaltungsaufwand ermöglicht, Projekte aus den verschiedenen europäischen Fonds kofinanzieren zu können. Damit werden auch die Vorhabensträger von überflüssigen administrativen Aufgaben entlastet. Dass darüber hinaus eine stärkere Verzahnung des EFRE-/ESF-Multifonds mit dem ELER ge-lungen ist, bringt das Land weiter voran. Die niedersächsische Breitbandstrategie ist dafür ein Paradebeispiel: Hier werden 40 Mio. Euro ELER-Mittel mit 10 Mio. Euro GAK-Mittel für Lücken-schlüsse im ländlichen Raum und 10 Mio. Euro EFRE-Mittel für das Breitbandkompetenzzent-rum und die Erschließung von Gewerbegebieten sinnvoll, effektiv und zielgenau miteinander kombiniert.

Multifondsprogramm EFRE/ESF:

EFRE:

Im Bereich der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) soll über den EFRE-Strukturfonds neben der Gründungsförderung durch die Unterstützung von Gründer- und Technologiezentren sowie der Förderung von Gründungscoaching und Nachfolge-management weiterhin die Investitionsförderung Kernbestandteil der Förderpolitik sein. Um Mit-nahmeeffekte zu minimieren, sollen im EFRE-Bereich der Investitionsförderung - soweit möglich und sinnvoll - zukünftig noch stärker revolvierende Finanzinstrumente wie Fonds und Darlehen ein-gesetzt werden. Im Bereich der Innovationsförderung soll neben der betrieblichen sowie der Inno-vationsförderung an Universitäten und Fachhochschulen auch der niedrigschwelligen Innovations-förderung für KMU und das Handwerk eine wichtige Bedeutung beigemessen werden. Einen weite-ren Schwerpunkt bildet die Förderung von wirtschaftsnaher und innovationsfördernder Infrastruktur.

Um den europäischen, deutschen und zugleich niedersächsischen Zielsetzungen zur CO2-Redu-zierung gerecht zu werden, ist das Maßnahmenspektrum in diesem Bereich gegenüber der gegen-wärtigen Förderung deutlich auszuweiten. Das Themenfeld CO2-Reduzierung erhält den Charakter eine Querschnittsziels, das in nahezu alle anderen Förderbereiche hineinwirkt. Dazu sollen u. a. Maßnahmen zur CO2-Reduzierung durch Erhalt von Mooren, durch betriebliche Ressourcen- und Energieeffizienz, durch Verkehrsverlagerung und alternative Antriebe sowie durch die Förderung der Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien im Wohngebäudebestand sozial benach-teiligter Quartiere gefördert werden.

ESF:

ESF-Mittel sollen konzentriert verwendet werden, um soziale Teilhabe zu ermöglichen, zur Förde-rung von Beschäftigung durch Gleichstellung und durch regionale Ansätze zur Fachkräftesiche-rung, zur Förderung sozialer Innovationen, zur Armutsbekämpfung und -vorbeugung durch aktive Eingliederung, z. B. von Langzeitarbeitslosen, und zur Förderung des gleichen Zugangs zum le-benslangen Lernen für alle Altersgruppen sowie zur Verbesserung von Bildungschancen. Dabei sollen auch Migrantinnen/Migranten und Flüchtlinge, auch Menschen, die Hilfen nach dem AsylbLG erhalten, als wichtige Zielgruppe in den Blick genommen werden.

ELER:

Über das ELER-Programm soll sowohl die Entwicklung des ländlichen Raumes als auch die Förde-rung einer zukunfts-, tier- und umweltgerechten Landwirtschaft insbesondere durch Agrarumwelt-maßnahmen und die Stärkung des Ökologischen Landbaus gewährleistet werden. Ferner sollen ei-ne verstärkte Förderung von Wissenstransfer und Innovation in der Land- und Forstwirtschaft, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit aller Arten der Landwirtschaft, die Förderung der Verarbei-tung und Vermarktung von Agrarerzeugnissen, Risikovorsorge und -management in den landwirt-schaftlichen Betrieben, die Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der von der Land- und Forstwirtschaft abhängigen Ökosysteme, die Förderung der Ressourceneffizienz und Unterstützung des Agrar- und Ernährungssektors beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Wirtschaft sowie landwirtschaftliche Innovationen für eine Umwelt- und tiergerechte Produktion zum Tragen kommen.

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Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/1752

Der Landtag bestärkt die Landesregierung ausdrücklich, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Er ist sich dabei bewusst, dass dieser von der Landesregierung eingeschlagene Weg zu einer ef-fektiven, bedarfsgerechten und rational nachvollziehbaren Mittelverteilung noch nicht abgeschlos-sen ist.

Der Landtag fordert die Landesregierung nachdrücklich auf, hierbei in den Anstrengungen nicht nachzulassen. Hierzu gehört nach Auffassung des Landtags vor allem auch,

1. Projektauswahlverfahren sowohl unter den Gesichtspunkten der Entbürokratisierung, der Ra-tionalität und der Effektivität weiterzuentwickeln als auch, den besonderen regionalen Anfor-derungen Rechnung tragend, die regionale Bedeutsamkeit von Projekten, wo fachlich sinnvoll, in das bisherige Scoring-Verfahren als Kriterium einzuführen;

2. die im Anschluss an die Aufstellung der operationellen Programme vorzunehmende Formulie-rung von Förderrichtlinien wo möglich so vorzunehmen, dass die Förderrichtlinien für sich vereinfacht werden und gleichzeitig deren Anzahl und die Fördertatbestände insgesamt redu-ziert werden, um die administrativen Lasten zu reduzieren;

3. dass für finanzschwache Kommunen, die aus eigener Kraft die üblichen Kofinanzierungsantei-le nicht aufbringen können, die aber gleichzeitig auf den Einsatz dieser Mittel in besonderem Maße angewiesen sind, eine angemessene Unterstützung erfolgt; der Landtag hält es für rich-tig, auch dabei auf das Solidarprinzip zu setzen.

Begründung

Die operationellen Programme zur Fördermittelvergabe aus den EU-Fonds EFRE, ESF und ELER für den Förderzeitraum 2014 bis 2020 sind durch die Landesregierung unter Beteiligung der WiSo-Partner mittlerweile formuliert worden. Weil der Mittelverlust im EFRE und im ESF im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode erheblich ist, kommt es neben einer inhaltlichen Konzentration der Programme darauf an, dass für die Fördermittelvergabe beim Verfahren und bei der Ausgestal-tung der Förderrichtlinien alles dafür getan wird, diesen Verlust möglichst auszugleichen und zugleich dafür zu sorgen, dass die Mittel bedarfsgerecht eingesetzt werden. Hierzu gehören ein regionsspezifischer Blick auf das Land, eine Analyse der regionalen Stärken und Schwächen, ein integrativer Einsatz der Fonds-Mittel und ein effektives Verfahren. Die Landesregierung hat hierfür die wesentlichen Instrumente entwickelt und zur Verfügung gestellt, insbesondere hat sie die Ämter für regionale Landesentwicklung hierfür eingerichtet. Das Ziel eines effektiven Mitteleinsatzes muss auch bei den nächsten Schritten weiterverfolgt werden: Bei der Formulierung der Förderrichtlinien ebenso wie bei der rationalen Bewertung von Projekten auf ihre Förderfähigkeit und einer Unter-stützung von finanzschwachen Kommunen bei der Kofinanzierung.

Für die Fraktion der SPD

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Grant Hendrik Tonne

Parlamentarischer Geschäftsführer

Anja Piel

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