Antrag: Erfolgsbilanz der Städtebauförderung und des Programms "Soziale Stadt" im Jahr 2005 und Folgejahren erhalten - Stadtumbau West beginnen!

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 20.10.2004
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die Landesregierung wird aufgefordert

1. die Städtebauförderung inklusive des Programms "Soziale Stadt" im Haushaltsjahr 2005 und in den Folgejahren mit den Mitteln des Bundes und des Landes fortzuführen.
2. am neuen Bund/Länder-Programm "Stadtumbau West" teilzunehmen.
3. sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die Rückflussmittel aus den Landesanteilen für den sozialen Wohnungsbau in die Städtebauprogramme mit einfließen können.
Außerdem sollte neben dem Sozialministerium auch das Wirtschaftsministerium mit dem Wirtschaftsförderfonds für die investiven Teile der Programme anteilig mit herangezogen werden.
Begründung
Im Rahmen des Städteförderungsprogramms fördern Bund, Land und Gemeinden gemeinsam seit über 30 Jahren die städtebauliche Sanierung und Erneuerung in den Kommunen.
Neben den vorrangigen Zielbestimmungen von Sanierungsmaßnahmen wie der nachhaltigen Innenstadtentwicklung, der Sicherung und Erhaltung des städtebaulichen Erbes, der sozial ausgerichteten, ganzheitlich-integrativ konzipierten Stadt- und Dorferneuerung und der ressourcenschonenden Stadt- und Dorfentwicklung haben Städtebauförderungsmittel erhebliche Anstoßwirkungen für private Anschlussinvestitionen in den Sanierungsgebieten.
Konsequenterweise gehen somit von der Städtebauförderung neben der enormen investiven Wirkung ebenfalls starke beschäftigungspolitische Effekte mit hohem regionalen Bezug aus. Laut des Gutachtens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) werden zu jedem einzelnen in die Städtebauförderung investierten Euro der Länder (einschl. der Bundesfinanzhilfen) ca. 6 € aus privaten Mitteln in die Sanierungsgebiete investiert. Hieraus resultiert ein Bauvolumen in ungefähr der siebenfachen Höhe des Programmvolumens der Städtebauförderung. Dieser hohe Multiplikatoreffekt der von Städtebauförderungsmitteln ausgeht ist ein effektives Instrument der Landespolitik für eine nachhaltige Stadtentwicklung mit einer ganzheitlichen Funktion für alle Bereiche des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in den Gemeinden.
Dies gilt insbesondere für das von Bund und Ländern 1999 in die Städtebauförderung aufgenommene Programm "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt". Nach der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Bundesländern 2003 sind die Finanzhilfen des Bundes zur Förderung von Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt - für Investitionen städtebaulicher Maßnahmen zur innovativen und nachhaltigen Stadtteilentwicklung einzusetzen. Die zu entwickelnden integrierten Handlungskonzepte haben in den Quartieren den Effekt hervorgebracht, dass sich neben dem entstandenen Eigenengagement, Netzwerke aus Institutionen, Vereinen und den Bürgerinnen und Bürgern gebildet haben.
Die Planungen der CDU-FDP-Koalition zum Aussetzen der Städtebauförderung im Jahre 2005 würde demnach drastische Konsequenzen für die Kommunen nach sich ziehen. Dies bezieht sich auch auf die Kommunen, die das Programmjahr 2005 mit Mitteln aus diesem Jahr nach Ansicht der Landesregierung überbrücken könnten. Zudem will die Landesregierung sich dafür einsetzen, dass die Kommunen die Bundesmittel aus dem Bund-Länder-Programm 2005 in Anspruch nehmen können, sofern sie den Landesanteil übernehmen. Dies ist angesichts der Haushaltslage vor Ort in aller Regel völlig unrealistisch.
Im Programmjahr 2004 werden z.B. 32 Mio. in die Städtebauförderung inklusive der Bundesfinanzhilfen investiert. Mit dem Anteil der Gemeinden sowie weiteren Einnahmen erreichen die Maßnahmen 2004 insgesamt ein Fördervolumen von 58 Mio. €. Daneben unterstützt das Landesprogramm die Kommunen bei der anteiligen Gegenfinanzierung ihres Eigenanteils beim Einsatz von Mitteln des EFRE (Europäische Fond für regionale Entwicklung) von 42 Mio. € in der Städtebauförderung.
Somit würden nicht nur Bundesmittel für das Jahr 2005, sondern auch private Anschlussinvestitionen von fast 500 Mio. Euro (Multiplikatoreffekt) für den niedersächsischen Mittelstand verfallen. Dass damit ein besonders effektives Förderinstrument gerade in finanziell schwachen Zeiten sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene nicht genutzt wird, ist aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht nicht nachvollziehbar.
Die durch die Förderprogramme entstandenen Strukturen würden durch eine Förderunterbrechung gefährdet und wichtige Stadtentwicklungschancen verpasst. Auftrags- und Investitionseinbußen für das Handwerk und die Wohnungs- und Bauwirtschaft in den Folgejahren werden sich negativ auf die Lage am regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt auswirken. Auch das funktionierende Zusammenspiel von öffentlichem und privatem Einsatz als ein Vorzeigebeispiel für das steigende Engagement von privaten Investoren für städtebauliche Maßnahmen wird durch die an dieser Stelle falsche Sparpolitik der Landesregierung verhindert.
Als zweiten wichtigen Pfeiler in der Stadtentwicklungspolitik stellt der Bund seit 2004 Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 40 Millionen Euro (Programmjahr 2004) zur Förderung des Stadtumbaus in den alten Bundesländern (Stadtumbau West) bereit. Damit reagiert die Bundesregierung auf den langfristigen Wandel der Bevölkerungs- und Wirtschaftsstrukturen (Stichwort demografischer Wandel) in den Städten und Gemeinden. Die erheblichen städtebaulichen Funktionsverluste stellen einzelne Kommunen und Regionen gerade in Niedersachsen vor die Herausforderung, ihre Städte an die demografischen und wirtschaftlichen Veränderungen anzupassen.
Das Land Niedersachsen beteiligt sich bisher mit den Pilotprojekten der Städte Wilhelmshaven und Salzgitter an dem Forschungsvorhaben "Stadtumbau West", das die Bundesregierung im Rahmen des Forschungsprogramms "Experimenteller Wohnungs- und Städtebau" (ExWoSt) zur Erkennung und Bewertung des notwendigen Handlungsbedarfs initiiert hat, stellt aber nun keine Haushaltsmittel zur landesseitigen Gegenfinanzierung der Bundesfinanzhilfen des Bund-Länder-Programms "Stadtumbau West" zur Verfügung.
Die Städtebauförderung inklusive der Förderprogramme "Soziale Stadt" und "Stadtumbau West" auf Grundlage des Baugesetzbuches gehört nachweislich zu den wichtigsten und effektivsten Instrumenten staatlicher Investitionsprogramme. Es darf zu keiner Förderpause im Jahr 2005 und den Folgejahren kommen, damit die komplexen Bündelungseffekte wie die Aktivierung von privaten Investitionen nicht abgebrochen werden. Das Land Niedersachen hat die Finanzierung fortzusetzen insbesondere mit Blick auf die demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in unseren Städten und Gemeinden.
Fraktionsvorsitzender

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