Antrag: Einfach GRÜN statt doppelt Schwarz-Gelb – wir befreien den niedersächsischen Haushalt aus dem Schwitzkasten von Bundes- und Landesregierung

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Die Gestaltung des Haushaltsentwurfs 2010 durch die schwarz-gelbe Landesregierung steht unter dem politischen Postulat, die Neuverschuldung unter die Rekordverschuldung der SPD-Landesregierung im Jahr 2002 zu drücken. Diesem Postulat haben sich auch die Regierungsfraktionen gebeugt und lust- und kraftlos einen Änderungsantrag zusammengeschrieben, der keine eigene Gestaltungslinie zeigt.  Grundlage für den finanziellen Rahmen des Haushaltsentwurfs 2010 und der Mittelfristigen Planung 2009-2013 sind wie schon im Vorjahr höchst optimistische Prognosen und Projektionen der Bundesregierung zu den gesamtwirtschaftlichen Eckwerten; eine Verpflichtung des Landes, diese Erwartungen zu übernehmen, besteht jedoch nicht. Zur Vorbereitung des Entwurfs 2010 wurde ein 3. Nachtragshaushalt 2009 vorgelegt, an dessen Verfassungsmäßigkeit erhebliche Zweifel bestehen.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die ohnehin vorhandenen Haushaltslöcher bei Land und Kommunen nochmals dramatisch vertieft. Darüber hinaus verschärft das so genannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gelben Bundesregierung die Situation der öffentlichen Haushalte und insbesondere der Länder und Kommunen zusätzlich. Nach neuesten Berechnungen soll das Gesetz zu Steuerausfällen von insgesamt 8,5 Mrd. Euro führen. Der Bund soll mit 4,63 Mrd. Euro, die Länder mit 2,28 Mrd. Euro und die Kommunen mit 1,57 Mrd. Euro belastet werden. Auf den Landeshaushalt von Niedersachsen kämen auf Basis dieser Zahlen damit allein in 2010 Belastungen in Höhe von 264 Mio. Euro und auf die niedersächsischen Kommunen 68 Mio. Euro zu.

A.     Der Landtag fordert die Landesregierung folgende Maßnahmen auf Bundesebene zu ergreifen:

  1.  Alle Beschlüsse der schwarz-gelben Bundesregierung, die weitere Haushaltsbelastungen der Länder und Kommunen verursachen, sind im Bundesrat abzulehnen. Dies gilt insbesondere für die geplanten
  • Erhöhungen der Kinderfreibeträge und des Kindergeldes;
  • Reduzierungen der Unternehmenssteuern;
  • Einnahme mindernden Veränderungen bei der Erbschaftsteuer;
  • Umsatzsteuerermäßigungen für Übernachtungen in Hotels und anderen Betrieben.
  1. Eine massive Bildungsoffensive ist der Schlüssel für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen globaler Verflechtung und für die Herstellung und Sicherung sozialer Gerechtigkeit. Die vom frühkindlichen Sektor über den Schulbereich bis zu den Hochschulen dafür erforderlichen Bildungsinvestitionen sprengen das gegenwärtige System gesamtstaatlicher Finanzierung. Die Landesregierung wird deshalb aufgefordert, unter Hinweis auf Art. 106 Abs. 3 GG unter Einschluss der Bundesebene eine stabile gesamtstaatliche Bildungsfinanzierung voranzutreiben. Dazu kommen insbesondere in Betracht
  • die Umwandlung von 50 % der frei werdenden Mittel aus dem Solidaritätszuschlag in einen Bildungsfonds (Bildungssoli);
  • der verfassungsrechtlich abgesicherte Abbau des Steuerprivilegs Ehegattensplitting;
  • die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer zu einer Gerechtigkeitssteuer mit deutlich erhöhtem Aufkommen aus insbesondere großen Erbschaften.
  1. Zur Stärkung der kommunalen Finanzen wird die Landesregierung aufgefordert, sich einzusetzen
  • für die Abschaffung des mit der Föderalismuskommission eingeführten Kooperationsverbotes zwischen Bund und Kommunen;
  • für die Einbeziehung der Kommunen in eine Altschuldenhilfe für Länder und Kommunen (aus 50% der freiwerdenden Mittel aus dem Solidaritätszuschlag);
  • für die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer durch die Erweiterung auf freie Berufe und weitere Stabilisierung der Bemessungsgrößen;
  • dafür, dass die Möglichkeiten der Kommunen zu wirtschaftlicher Betätigung im Rahmen der Daseinsvorsorge nicht weiter eingeschränkt werden.
  1.  Maßnahmen gegen die Unterfinanzierung der staatlichen Aufgaben und für eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte müssen sozial ausgewogen sein. Deshalb wird die Landesregierung aufgefordert, sich für die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 %, eine befristete Vermögensabgabe und eine Finanztransaktionssteuer einzusetzen.

B.     Der Landtag fordert die Landesregierung darüber hinaus auf, folgende Maßnahmen auf Landesebene zu ergreifen, um bereits im Haushalt 2010 die in den nächsten Jahren zwingend erforderliche Haushaltskonsolidierung einzuleiten:

  • Kürzung des landesfinanzierten Aufstockungsprogramm um 100 Mio. Euro;
  • Verschiebung der 2010 vorgesehenen Stellenhebungen ab Besoldungsgruppe A 11 in das nächste Haushaltsjahr mit erneuter Prüfung;
  • Reduzierung der von den Ressorts durch überhöhte Sollansätze vorgehaltenen Reserven;
  • generell stärkere Berücksichtigung der Einsparvorschläge des Landesrechnungshofes und
  • speziell drastische Verschlankung der Oberfinanzdirektion nach Maßgabe der LRH-Vorschläge und Verzicht auf die geplante kostenträchtige Konservierung und Aufblähung der Behörde.

Begründung

Während die Haushalts- und Finanzpolitik der Landesregierung bis Anfang des Jahres davon gekennzeichnet waren, die Augen vor der globalen Wirtschaftskrise und ihren Auswirkungen auf Niedersachsen zu verschließen, benutzen Ministerpräsident Wulff und sein Finanzminister die Krise jetzt als Generalvollmacht für eigene Handlungsdefizite. Erschwerend kommt hinzu, dass der Ministerpräsident, anders als bei seiner vorsichtigen Kritik an den Konjunkturpaketen der Großen Koalition, jeden unverantwortbaren Beschluss der neuen schwarz-gelben Bundesregierung begrüßt. Hier stellt sich die Frage, ob der Ministerpräsident noch die Interessen seines Landes vertritt oder ob er sich dem Votum seiner Bundespartei verpflichtet fühlt. Obwohl jedes Regierungsvorhaben in Berlin unter Finanzierungsvorbehalt gestellt wurde, sollen mit dem so genannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz jetzt Steuererleichterungen für Unternehmen, Hotels und besser verdienende Familien erzwungen werden, obwohl niemand sagen kann, wie sie zu finanzieren sind.Regierungsberater Prof. Homburg hat in der Sachverständigenanhörung zum "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" das Gesetz als "vollkommenen Irrsinn" und einseitige Verneigung vor Lobbyinteressen bezeichnet. 

Damit verbaut die neue Koalition die Spielräume für notwendige Investitionen in Klimaschutz und Bildung. Statt Steuergeschenke auf Pump zu machen, müssen zusätzliche Mittel in Bildung und Innovationsfähigkeit fließen. Doch nicht einmal der geballte wissenschaftliche Sachverstand reicht offenbar aus, um die wirtschaftspolitische Geisterfahrt von Union und FDP zu stoppen. Bundes- und Landesregierung fahren finanzpolitisch einen hochgefährlichen Kurs, wenn massive Schuldenausweitung mit der Hoffnung auf Wirtschaftswachstum begründet wird. Die exportorientierte Bundesrepublik ist sehr stark von der globalen Konjunktur abhängig. Diese kann durch Geschenke an innerdeutsche Lobbygruppen kaum beeinflusst werden. Die bundesdeutsche Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik setzt auf das Prinzip Hoffnung und unterscheidet sich damit kaum noch von einem riskanten Bankeninvestment. Eine Politik der Verantwortung und der Nachhaltigkeit würde so nicht mit öffentlichen Geldern umgehen.

Die niedersächsische Landesregierung befindet sich ihren eigenen Worten nach in diesen Zeiten auf einer Gratwanderung. In Sachen Haushalts- und Finanzpolitik scheint sie jedoch gerade eine ausgedehnte Rast auf ihrer Wanderung zu machen. Sowohl der Entwurf der Landesregierung zum Haushalt 2010 als auch der so genannte Änderungsantrag der Regierungsfraktionen präsentiert sich ideenlos und handlungsunwillig. Den Steuermindereinnahmen begegnet man mit mehr Schulden, über strukturelle Veränderungen will man erst im nächsten Jahr im Rahmen einer Haushalts-Kommission sprechen und die Ansagen der neuen Bundesregierung sollen unwidersprochen ausgeführt werden. Im Gegensatz dazu wollen wir auch in Krisenzeiten die Handlungshoheit wahrnehmen und legen deshalb einen Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf der Landesregierung vor, um der Finanzkrise und dem Klimawandel zu begegnen, in Bildung zu investieren und das solidarische Zusammenleben in unserem Land zu fördern und Einsparpotenziale auf zu decken, die weit über die lustlosen Deckungsvorschläge im Änderungsantrag der Regierungsfraktionen hinausgehen.

Fraktionsvorsitzender

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