Antrag: Ein Grundrecht geht online - Bürgerbeteiligung durch E-Petitionen fördern

Antrag

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Hannover, den 16.09.09

Ein Grundrecht geht online - Bürgerbeteiligung durch E-Petitionen fördern

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Demokratie lebt von dem Engagement und der tatsächlichen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ermöglicht der Deutsche Bundestag seit 2005 die Einreichung, Veröffentlichung, Mitzeichnung und Diskussion von Petitionen im Internet. Nach einem Modellversuch, der 2005 noch mit einer vom schottischen Parlament übernommenen Software startete, wurde am 14. Oktober 2008 das neue, dauerhafte System frei geschaltet. Bis heute wurde die Seite insgesamt 5 Millionen Mal aufgerufen und die in dieser Zeit bereits registrierten 500.000 Nutzerinnen und Nutzer haben über 55.000 Forenbeiträge geschrieben. Zu den ca. 4.000 über das Internet eingereichten Petitionen hat es 900.000 Mitzeichnungen gegeben. 640 Petitionen befinden sich derzeit in der parlamentarischen Prüfung. Für das neue System hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages den diesjährigen Politik-Award der Zeitschrift "Politik & Kommunikation" in der Kategorie Innovation erhalten. Dank E-Petitionen gibt es eine schnellere und transparentere Verbindung zwischen Bevölkerung und Parlament.

Zudem sind moderne Informations- und Kommunikationsmittel ein fester Bestandteil unserer Kultur geworden und ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern ganz neue Partizipationsmöglichkeiten.

Vor diesem Hintergrund beschließt der Landtag:

  • jedermann soll neben der schriftlichen Eingabe auch die Möglichkeit haben, eine E-Petition einzusenden oder unter der Voraussetzung einer vorherigen Registrierung über das Internet einzugeben;
  • öffentliche Petitionen und deren Mitzeichnung auch in Niedersachsen nach dem Vorbild des Deutschen Bundestags online einzuführen;
  • den Petentinnen und Petenten öffentlicher Petitionen, welche 5.000 oder mehr Mitzeichnerinnen oder Mitzeichner für sich gewinnen konnten, das Recht einzuräumen vor dem Petitionsausschuss vorzutragen.

Begründung

Die bislang geltenden Verfahrensvorschriften im Petitionsrecht, wonach Petitionen nur in der Papierform zulässig sind, gehen an der Realität einer modernen Gesellschaft vorbei, in welcher die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zunehmend alle Bereiche des Lebens beeinflussen.

Derzeit beim Landtag eingehende E-Petitionen werden zurückgewiesen mit der Bitte eine handschriftlich unterschriebene Petition einzureichen. Dies widerspricht der gängigen Praxis, in der die E-Mail schon jetzt in vielen Bereichen selbstverständlich genutzt wird. Auch das Schriftformerfordernis nach Art. 17 Grundgesetz steht dem nicht entgegen, da zum Einen ein einfacher Zugang zur Volksvertretung Intention von Petitionen ist und zum Zweiten der Modellversuch des Deutschen Bundestages und das Nachziehen von insgesamt schon sechs Bundesländern gezeigt haben, dass durch das System einer Rück- sowie einer Bestätigungsmail die Unterschrift adäquat ersetzt werden kann. Zudem zeigen die gemachten Erfahrungen und die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger ein durchweg positives Bild und ihnen wird ein weiteres, zeitgemäßes Mittel zur Verfügung gestellt, sich an den Petitionsausschuss zu wenden.

Darüber hinaus wurde auf Bundesebene nach Vorbild schottischer und anderer internationaler Parlamente den Petentinnen und Petenten durch öffentliche Petitionen ermöglicht, nicht nur individuelle Belange anzusprechen, sondern auch Bitten und Beschwerden von allgemeinem Interesse zu stellen. Diese werden auf der Internetseite des Bundestages veröffentlicht und können dort diskutiert und mitgezeichnet werden. Das Ziel des Modells war es, möglichst vielen Petentinnen und Petenten ein öffentliches Forum  zu bieten, um ein breites Themenspektrum in ihrer Vielfalt an unterschiedlichen Sichtweisen zu diskutieren. Petitionen mit fast 130.000 Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern und großes mediales Interesse zeigen, dass der Puls der Zeit erkannt wurde. Die Menschen wollen sich aktiver am Gesetzgebungsprozess beteiligen und ihnen wird dies in Art. 17 Grundgesetz auch "in Gemeinschaft mit anderen" zugesichert.

Nach zwei Jahren schloss 2007 der Probelauf erfolgreich ab und das System wurde 2008 dauerhaft installiert. Das Petitionswesen auf Bundesebene konnte transparenter, einfacher und komfortabler gestaltet werden und die Änderungen führten zu stärkerer Partizipation.

Durch die gewonnen Erkenntnisse aus dem Modellversuch kann man den Problemen nun aus technischer und organisatorischer Sicht besser begegnen.

Öffentliche Petitionen zeugen von großem bürgerschaftlichen Engagement, welches es zu würdigen und fördern gilt. Daher sollte Bürgerinnen und Bürgern, deren Eingaben eine Unterstützung von 5000 Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern oder mehr erlangen, Anspruch auf Gehör in einer Petitionsausschusssitzung gewährleistet werden. Petitionen, die nicht nur das individuelle Anliegen, sondern auch das Gemeinwohl im Blick haben, bedürfen keiner Diskretion sondern zielen vielmehr auf eine möglichst große Öffentlichkeit ab. Das Quorum von 5000 Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern orientiert sich am erfolgreich eingeführten Anhörungsquorum auf Bundesebene.

Fraktionsvorsitzender

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